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A. Systematik und Rechtsstaatlichkeit

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„Die Systembildungen der deutschen Strafrechtswissenschaft erscheinen dem gebildeten Laien oft absonderlich, dem Studenten unverständlich und dem Praktiker überflüssig; und dennoch bilden sie heute eines der wichtigsten ‚Exportgüter‘ der deutschen Rechtswissenschaft und geradezu deren internationales Renommierstück“ schrieb Bernd Schünemann schon vor über 30 Jahren in der Einleitung zu seiner „Einführung in das strafrechtliche Systemdenken“.[1] Bis heute ist die deutsche Strafrechtswissenschaft – sofern sie sich noch mit Systemfragen beschäftigt – zu Recht stolz auf ihre Straftatlehre und die darin gefasste Systematik.

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Allerdings findet sich gerade in der Auseinandersetzung um das „richtige System“ gelegentlich die Neigung, die Entwicklungen der letzten 100 Jahre als mehr oder weniger zwingenden Aufstieg zu den Höhen der eigenen Systematisierungslehre zu interpretieren, wobei die vorgestellte Entwicklungsgeschichte nicht immer einer kritischen Prüfung standhält. Ein zweiter Problemfaktor ist die verbreitete Ausblendung des Beitrags, den die Zivilrechtswissenschaft, insbesondere Rudolf von Jhering, für die Herausbildung der strafrechtswissenschaftlichen Verbrechenslehre geleistet hat. Problematisch ist drittens ein jedenfalls bei einem Teil der Diskussionsteilnehmer festzustellender bedenklicher Hang zu begrifflichen Hypostasierungen und unausgewiesenen Ableitungen.

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Dennoch ist der Ertrag der deutschsprachigen[2] strafrechtswissenschaftlichen Diskussion zum Aufbau der Straftatlehre sehr beachtlich: Der internationale Einfluss der deutschen Strafrechtsdogmatik beruht zu einem guten Teil auf der Klarheit und Konsistenz des „Standardmodells“ aus Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld, wie er heute von der ganz h.M. der deutschsprachigen Strafrechtswissenschaft vertreten wird.[3] Der strukturierte und hochgradig differenzierte Aufbau der Verbrechensanalyse zwingt den Rechtsanwender zu Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit; die Strafrechtsanwendung wird transparent und in der Folge kontrollierbar. Damit wird die deutsche Strafrechtsdogmatik in besonderer Weise den Vorgaben des Rechtsstaatsprinzips, insbesondere dem Postulat der Bindung des Rechtsanwenders an das Gesetz, gerecht.[4]

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