Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Armin Engländer, Jan C. Joerden - Страница 14

B. Methodologische Orientierung

Оглавление

21

Grundbegriff der deutschen Straftatlehre ist der Begriff der „strafbaren Handlung“.[31] Der Begriff wird aufgespalten in die bekannte Stufenfolge Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld. Diese Stufen bilden die Kernelemente des deutschen Straftatsystems, sie liegen außerdem der Fallprüfung zugrunde. Schon der Ansatz beim Handlungsbegriff macht deutlich, warum bei der Auseinandersetzung mit dem dreistufigen Straftatmodell Fragen der Begriffsbildung so wichtig sind.

22

Das Problem wissenschaftlicher Begriffsbildung wird in der juristischen Methodenlehre und der Rechtstheorie selten behandelt, obwohl es für Rechtsdogmatik wie Rechtspraxis von größter Bedeutung ist.[32] Sind uns die Begriffe, die wir bei der juristischen Arbeit verwenden, bindend vorgegeben, so dass wir sie nicht zu ändern vermögen? Oder verhält es sich so, dass Rechtswissenschaft und Rechtspraxis grundsätzlich frei sind, die Bedeutung der von ihnen verwendeten Begriffe festzulegen? Sind Begriffe lediglich menschliche Schöpfungen, sprachliche Zeichen, deren Inhalt von Menschen bestimmt wird? Oder sind Begriffe imstande, ein „Eigenleben“ zu führen, wie es etwa in der Hegel’schen Dialektik[33] angenommen wird?

23

Die damit angedeuteten Fragestellungen werden in der Sprachphilosophie und allgemeinen Wissenschaftstheorie häufig mit der Unterscheidung von begrifflichem „Naturalismus“ vs. „Konventionalismus“ zu erfassen gesucht. Für den Naturalismus gibt es eine „von Natur“ vorgegebene Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem. Auch wenn diese Position unbewusst nach wie vor eine große Rolle spielt,[34] kann sie doch als sprachphilosophisch überholt gelten. Die auch hier zugrunde gelegte Gegenposition zum sprachphilosophischen Naturalismus nimmt der „Konventionalismus“ ein. Die Bedeutung sprachlicher Zeichen beruht danach auf Konvention, also einer Übereinkunft der den Begriff verwendenden Personen. Eine „naturgegebene“ Bedeutung eines Begriffs oder eines Ausdrucks gibt es nicht.

24

Mittels Definition lässt sich die Bedeutung eines Ausdrucks festsetzen. Definitionen sind nicht wahr oder falsch, sondern nur mehr oder weniger zweckmäßig oder „adäquat“.[35] Natürlich lassen sich Definitionen an Adäquatheitsbedingungen messen, die die Brauchbarkeit der Sprachfestsetzung für die angestrebten Zwecke umschreiben, etwa die Eindeutigkeit der Bedeutungsfestsetzung, ihre Verständlichkeit, ihre Widerspruchsfreiheit, ihre Vereinbarkeit mit akzeptierten Randbedingungen oder auch ihre praktische Anwendbarkeit, ein Faktor, der für die Rechtswissenschaft eine besondere Rolle spielt oder zumindest spielen sollte.[36]

6. Abschnitt: Die Straftat§ 27 System- und Begriffsbildung im Strafrecht › C. Geistesgeschichtlicher Hintergrund

Handbuch des Strafrechts

Подняться наверх