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III. Internationale Perspektiven

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Andere Rechtssysteme haben andere Gliederungen der Straftat entwickelt. So findet man im angelsächsischen Rechtskreis die Unterscheidung von „crimes“ und „defenses“, wobei die „defenses“ sowohl Rechtfertigungs- als auch Entschuldigungsgründe umfassen.[21] Auf der Prüfungsstufe „crime“ wird unterschieden zwischen „actus reus“ und „mens rea“,[22] was in etwa unserer Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Tatbestand entspricht. Eine ausgefeilte Straftatlehre, die mit der deutschen vergleichbar wäre, fehlt jedoch. Nicht zu Unrecht wird dem US-Amerikanischen Strafrecht ein Mangel an Systematik bescheinigt.[23]

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Einflussreich war auch das viergliedrige sowjetische System, wonach zwischen dem „Objekt der Straftat“ und den „objektiven Tatumständen“ sowie dem „Subjekt der Straftat“ und den „subjektiven Tatumständen“ zu unterscheiden war.[24] Hinzu trat die „Sozialschädlichkeit“ der Tat als Instrument der Feinabstimmung und Ergebniskorrektur – aber auch als Einfallstor für richterliche Willkür und politische Einflussnahmen.[25] China übernahm in den 50er Jahren das sowjetische Modell. Sein Einfluss tritt dort jedoch seit einigen Jahren allmählich zugunsten des deutschen dreigliedrigen Aufbaus zurück.[26]

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Auch Japan[27], Taiwan und Südkorea orientieren sich am deutschen dreistufigen Aufbau, ebenso Spanien und das gesamte Lateinamerika, wobei in Brasilien nicht nur aus sprachlichen Gründen einige Besonderheiten gelten. Länder wie Estland, Georgien, Griechenland und die Türkei nutzen ebenfalls das dreistufige Modell. In der Gerichtspraxis dieser Staaten dient es aber eher als Referenzrahmen denn als zwingendes Aufbaumodell; dabei bestehen zwischen den einzelnen Rechtsordnungen und ihren jeweils tradierten Argumentationsstilen erhebliche Unterschiede.

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Auf der Grundlage des dreistufigen Straftataufbaus ist im Laufe der Jahre eine „internationale Strafrechtsdogmatik“ entstanden, die zwar auf dem deutschen dogmatischen System aufbaut, dieses jedoch mehr und mehr hinter sich lässt und inzwischen eine bemerkenswerte Eigenständigkeit entwickelt hat.[28] Viele hervorragende Beiträge dazu werden heute in spanischer Sprache verfasst. Aber auch mit der japanischen, südkoreanischen und Teilen der chinesischen Strafrechtswissenschaft sind der deutschen Strafrechtsdogmatik heute Partner auf Augenhöhe erwachsen (→ AT Bd. 1: Hilgendorf, § 18 Rn. 119 f.).

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Ein gestufter, klar strukturierter Straftataufbau besitzt enorme theoretische wie praktische Vorteile (siehe oben Rn. 3). Man sollte aber, einem Vorschlag Ingeborg Puppes folgend, das Vorgehen des Strafjuristen nicht mit einem „Baumeister“[29] vergleichen, „der ein Gebäude beginnend mit dem Fundament und den tragenden Bauelementen bis hin zum Dachfirst Stein für Stein errichtet“. Eher passt der Vergleich mit einem am Mikroskop arbeitenden Biologen: „Der betrachtet sein Objekt zunächst unter einer geringen Vergrößerung, um zu erkennen, wonach er im Einzelnen zu suchen hat. Dann wählt er die Vergrößerung immer größer, das Raster immer feiner, bis er das Objekt in allen seinen Einzelheiten vor sich hat“.[30] Damit wird die Hauptaufgabe des Verbrechensaufbaus, nämlich seine Verwendung als Analyse- und Strukturierungsinstrument, anschaulich auf den Punkt gebracht.

6. Abschnitt: Die Straftat§ 27 System- und Begriffsbildung im Strafrecht › B. Methodologische Orientierung

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