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III. Fazit: Partikulärer Unrechtsbegriff?

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Man könnte also versucht sein, zur Erhaltung des „Erfolgsunrechts“ dessen Substanz selbst aufzugeben, um mit der gesetzgeberischen Wirklichkeit einher zu gehen. Ein Erfordernis diesbezüglich besteht jedoch nicht. Insofern sind sich die geschilderten Ansätze äußerst ähnlich. Sie begehen denselben Fehler, soweit sie sich um einer besseren Verträglichkeit mit der lex lata willen selbst aufgeben:[56] Während dies im Rahmen der dualistischen Lehre zum Teil mit einer Modifikation des Erfolgsunrechts versucht wird, schneidet sich die monistisch-subjektive Lehre ins eigene Fleisch, wenn sie die Relevanz für Eintritt und Höhe der Strafe damit begründet, dass die Gesellschaft an einer erfolgreichen Straftat mehr Anstoß nimmt als an einer erfolglosen, obwohl dies nach dem normtheoretischen Konzept des Unrechts gerade keine Rolle spielen dürfte.[57]

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Da sich beide Auffassungen „in Reinform“ mit dem geltenden Recht nicht vereinbaren lassen, müssen sie gleichsam autonom bleiben, soweit sie als System kohärent bleiben sollen. Die hier angestellten Überlegungen dürften jedoch deutlich gemacht haben, dass man die Früchte der Unrechtslehre für die Dogmatik nur ernten kann, wenn man einen Mittelweg einschlägt: Dieser hat seinen Ansatz in der Erkenntnis, dass die Unrechtsqualität menschlichen Verhaltens nicht abstrakt, sondern nur anhand der konkreten Verhaltensnorm bestimmt werden kann.[58] Dies führt zu einem partikulären Unrechtsbegriff, dessen konstitutive, unrechtserhöhende oder verzichtbare Komponenten vom Ausmaß der Verhaltensnorm und deren Stoßrichtung abhängig sind. Solch ein Unrechtsbegriff lässt sich auch besser in das geltende Recht integrieren, weil die lex lata dann als (korrigierbare) Zwischenentscheidung dahingehend zu deuten ist, welche Komponenten im jeweils betroffenen Bereich für notwendig erachtet werden.

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So lässt sich begründen, dass eine Prüfung des Vorliegens von Erfolgsunrecht neben dem stets notwendigen Element des Handlungsunrechts sich einmal erübrigt (so – zumindest weitgehend – beim Versuch, bei schlichten Tätigkeitsdelikten, aber auch bei solchen Erfolgsdelikten, die noch keine Verletzung eines Rechtsguts bedeuten), einmal als „Teilmenge“ fungiert, welche das Ausmaß des Unrechts konkretisiert, und ein weiteres Mal gar mitkonstitutiv wirkt, soweit das Handlungsunrecht allein bzw. ein Verhaltensnormverstoß (Fahrlässigkeit) das Unrecht nicht begründen kann. Dementsprechend unterschiedlich kann das Beziehungsverhältnis der beiden Komponenten zueinander sein (vgl. noch Rn. 15 f.), wobei man auch das Verhältnis der objektiven Komponente des Handlungsunrechts zu seiner subjektiven nicht vernachlässigen darf (vgl. noch Rn. 33 ff.). Eine andere Frage bleibt, ob das partikuläre Unrecht gesetzgeberisch richtig „umgesetzt“ wurde, ob also die Einschätzung zutrifft, welche der Komponenten des Unrechts strafbarkeitsbegründend wirken müssen. Dann führt der Unrechtsbegriff weitere „strafrechtsspezifische“ Ausprägungen des Verfassungsrechts – insb. den fragmentarischen Charakter bzw. die Subsidiarität[59] – am Ziel eines verfassungsrechtlich legitimen (weil materiellen Unrechtsgehalt aufweisenden) Strafgesetzes zusammen.

6. Abschnitt: Die Straftat§ 29 Handlungs- und Erfolgsunrecht sowie Gesinnungsunwert der Tat › C. Die Komponenten des Erfolgs- und Handlungsunrechts in der Verbrechenslehre

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