Читать книгу Der kurdische Fürst MĪR MUHAMMAD AL-RAWĀNDIZĪ genannt MĪR-Ī KŌRA - Jemal Nebez - Страница 14
III. EINLEITUNG 1. Überblick über die Geschichte von Sōrān bis Muṣṭafā Beg
ОглавлениеNach den Quellenberichten zerfällt die Geschichte des Sōrān-Emirates in drei Abschnitte:
Der erste reicht von der Gründung bis zur Regierungszeit von ‘Alī Beg (also 1005h. = 1596/7). Dieser Abschnitt wird im zurzeit ‘Alī Begs verfassten Šarafnāma136 ausführlich beschrieben. In diesem Šarafnāma, das die älteste Quelle sein dürfte, die über die frühe Zeit dieses Emirates berichtet, wird die Gründung behandelt und der Name „Sōrān“ volksetymologisch erklärt. Danach soll ein adliger Araber aus Bagdad namens „Kalōs“137, der in dieses Gebiet flüchtete und dort als Schäfer sein Leben fristete, drei Söhne gehabt haben. Einer davon namens ‘Īsā soll die Gelegenheit ausgenützt haben, sich zum Mīr zu erklären. Da die Umgebung der Festung Rawāndiz138 aus rotem Stein bestand und ‘Īsā und seine Anhänger zu Anfang deren Mauern durch Überklettern bezwangen, erhielten sie den Namen „Sang sōrḫī سنگ سرخی (die Männer der roten Steine)“.139 Dass die Kurden ihren Stämmen und ihre Führer, oft auch Nichtkurden (wie Persern), arabische Herkunft beigelegt haben, ist eine bekannte Tatsache.140
Die Angaben bei anderen Geschichtsschreibern wie Zakī141, Mukriyānī142, Durrah143, Nikitine144 sind lediglich Wiederholungen des Šarafnāma, woraus zu schließen ist, dass auch diese Geschichtsschreiber und Autoren sich in Ermangelung anderer Berichte allein auf das Šarafnāma stützen konnten.
Rōžbayānī äußert eine andere Meinung über die Herkunft des Wortes Sōrān: „Sang sōrḫī سنگ سرخی“ sei ursprünglich „Sing sōrḫī سنگ سرخ (rotbrüstig)“. „Sing سنگ “ bedeutet auf Kurdisch (Brust) und suhr oder sōr سهر سۆر (rot). „Sing سنگ“ wurde orthographisch ins Persische übertragen, aber nicht nach der Bedeutung; in diesem Falle hätte Sīna سینە gesagt werden müssen. Dieser Ausdruck ist darauf zurückzuführen, dass die Kurden gerne rote Kleidungen145 tragen. Auch dies ist eine volksetymologische Deutung, die sich auf ein Wortspiel stützt.
Die erste Sōrān-Periode stellt sich wie folgt dar:
1 Die familiären Auseinandersetzungen unter den Sōrān-Fürstenfamilien waren sehr stark, genau wie bei anderen kurdischen Fürstenfamilien. Sogar Durrah betrachtet, etwas übertreibend, diesen Kampf zwischen den Mitgliedern einer einzigen regierenden Familie als „entscheidendes Merkmal der gesamten Geschichte Kurdistans“.146Dies war einer der größten Faktoren für die Schwäche des Sōrān-Emirates in dieser Periode, d. h. in der Zeit der Regierung von ‘Alī Beg bzw. in der Zeit um 1005h. = 1596/7.
2 Als Folge einer wenig durchdachten Politik Sultan Sulaimāns II. kam es im Sōrān-Emirat zwischen Muslimen und Yazīdī zu einer Auseinandersetzung, die dann von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Sultan Sulaimān II kehrte 941h. (1534/5) nach der Eroberung Bagdads über Hawlēr (Erbil) zurück, ordnete die Hinrichtung des Fürsten ‘Izz ad-Dīn Šēr an und verschenkte dessen Emirat an Ḥusain Beg Dāsanī, Sohn eines Yazīdī-Fürsten. Außerdem verleibte der Sultan die Provinz Erbil dem Sōrān-Emirat ein.147 Diese Maßnahme des Sultans führte zu einer hartnäckigen und blutigen Konfrontation zwischen Muslimen und Yazīdī, die am Ende zur Schwächung des Sōrān-Emirates führte, zum Nutzen der osmanischen Eroberer.
3 Außerdem bestand in dieser Periode eine erbitterte Rivalität zwischen dem Sōrān- und dem Bābān-Emirat148, die ebenfalls zur Schwächung beider Emirate führte.
4 Trotzdem konnte schon bald ein Sōrān-Fürst namens Saif ad-Dīn149 die Osmanen besiegen und die Unabhängigkeit des Emirates erklären.150 Aber die Osmanen nutzten die fortbestehende Rivalität der kurdischen Fürsten untereinander aus. Saif ad-Dīn wurde durch die List des osmanischen Vermittlers Gāzī Qirān, eines kurdischen Fürsten, festgenommen und am 4. Ḏī al-Ḥiğğah 966h. (7. September 1559) hingerichtet.
Der zweite Abschnitt der Geschichte des Sōrān-Emirates beginnt mit der Regierungszeit ‘Alī Begs (um 1005h., sehr ungefähr)151 bis zum Beginn der Regierungszeit Mīr-ī Kōras (1223 bzw. 1229h. oder 1808/9 bzw. 1813/14). Dieser Abschnitt ist durch Quellenmaterial nur schwach belegt. Die einzige in Frage kommende Quelle dafür sind die Memoiren und geschichtlichen Eindrücke von Xēlānī, die diese Periode allerdings nur kursorisch behandeln. Deshalb muss man sich Zakī anschließen, wenn er sagt, dass „diese Periode ungenügend durchforscht ist“.152
Der kraftvollste Fürst dieser Epoche ist ‘Alī Beg. Bis heute sind Reste von Anlagen, die er schuf, wie die Festung in der ‘Alī-Beg-Schlucht (Galī-ī ‘Alī Beg) erhalten.153 Für diese Periode (um 1159h./1746) gibt es Nachrichten über die Zusammenarbeit der kurdischen Sōrān-Fürsten mit den osmanischen Wālīs.154 Die Berichte über die Emire, die zwischen ‘Alī Beg und Muṣṭafa Beg regierten, sind dürftig. Doch sind mehrere Berichte über die Regierungszeit von Muṣṭafa Beg erhalten. Zu seiner Zeit befand sich das Sōrān-Emirat in einer Lage, aus der es entweder ein starker Fürst retten (wie es geschah) oder in der es einen Niedergang erleiden musste. Darum halte ich es für notwendig, der Regierungszeit Muṣṭafa Begs ein eigenes Kapitel zu widmen.