Читать книгу Der kurdische Fürst MĪR MUHAMMAD AL-RAWĀNDIZĪ genannt MĪR-Ī KŌRA - Jemal Nebez - Страница 6
b. Gedruckte Texte
ОглавлениеZu den gedruckten sekundären Quellen, die z. T. wissenschaftliche Forschungen darstellen, gehören die Werke der beiden kurdischen Historiker Generalmajor Muḥammad Amīn Zakī (1880-1948) und Ḥusain Ḥuzni Mukriyānī (1886-1947). Zakī war einer der bekanntesten wissenschaftlichen und politischen Persönlichkeiten nicht nur in Kurdistan, sondern auch im Osmanischen Reich und im Irak.9 Als Jüngling studierte Zakī in religiösen Schulen10 in Sulaimānī, woran sich ein Studium an der militärischen Fakultät in Istanbul anschloss.11 Er bekleidete höhere Posten in osmanischen Militärorganisationen und arbeitete auch auf topographischem und technischem Gebiet. Zakī nahm auch an der Arbeit von Grenzkommissionen zwischen dem Osmanischen Reich und Bulgarien im Jahre 1908 und Russland, 1914 im Kaukasus, teil. Während des ersten Weltkrieges erwarb er viele Auszeichnungen, darunter einen Orden der österreichischen Regierung im Oktober 1917 und das deutsche Eiserne Kreuz am 1. März 1918. Nach dem Sturz des Reiches ging er am 24. Juli 1924 nach Irak. Zakī schrieb einige wertvolle Bücher über die Geschichte der osmanischen Kriege in türkischer Sprache. Einige davon wurden in Istanbul gedruckt.12
Im Irak wurde Zakī Leiter der Militärakademie in Bagdad als Mīr-ālāy und bekleidete achtmal einen Ministerposten zu verschiedenen Zeiten. Diese Stellungen gaben ihm gute Gelegenheit, mit vielen einheimischen und ausländischen Fachleuten Kontakt aufzunehmen. Zakī beherrschte neben den vier orientalischen Sprachen13 einige europäische Sprachen. Er reiste öfters nach Europa, um Bibliotheken zu besuchen.14 Seine angeborene Intelligenz und sein Beruf schufen ihm alle Voraussetzungen, um wissenschaftliche Werke über die Kurden verfassen zu können. Seine Werke werden durch orientalische und europäische Dokumente beweiskräftig gemacht. Ich möchte sagen, dass seine versteckte Zuneigung zur Sunnī-Konfession und seine Kritiklosigkeit gegenüber dem Islam als Religion und Regierungssystem nicht so sehr ins Gewicht fallen. Man kann sein Buch dennoch als einen im Großen und Ganzen guten Beitrag betrachten. Inzwischen sind seine Werke traditionelle Quellen für diejenigen geworden, die über kurdische Geschichte schreiben und sogar für jene, die gegen die Kurden schrieben.15
Der erste Band seines Werkes „Xōlāṣayak-ī ta’rīḫ-ī Kurd ū Kurdistān“16 ist eine bedeutende Quelle für die allgemeine kurdische Geschichte oder, wie Zak ī selbst mit Bescheidenheit sagt17, eine Arbeit im „Lichte und nach der Methode des Artikels von Minorsky in der EI“. In diesem Band findet man viele Nachrichten und Angaben über Mīr-ī Kōra und sein Emirat.
Der zweite Band18 ist eine Quelle für die kurdischen Emirate und Dynastien in der islamischen Zeit. Dieser Band enthält viel Wissenswertes über das Emirat Mīr-ī Kōras.
Sein Werk über die Geschichte von Sulaimānī befasst sich mit dem Fürstentum Bābān, also dem Emirat von Šārazūr, sowie den Derwischorden wie Qādirī und Naqišbandī, die in diesem Gebiet ansässig waren. Es beschreibt auch die Persönlichkeiten des Gebietes. Dieses Buch habe ich als Quelle für die Forschung über die Beziehungen zwischen den Emiraten Bābān und Sōrān in der Zeit Mīr-ī Kōras benutzt.19
In seinem Werk Nāwdārān-ī Kurd (Die bekannten Kurden)20 gibt Zakī Biographien zahlreicher kurdischer Persönlichkeiten der islamischen Zeit, er rechnet aber alle Personen, die kurdischer Abstammung waren, als Kurden, ohne ihre Einstellung zum Kurdentum zu berücksichtigen. In diesem Buch ist auch eine kurze Biographie von Mīr-ī Kōra zu finden, die der arabische Übersetzer Muḥammad ‘Alī ‘Awnī beigetragen hat.21
Glücklicherweise sind von allen diesen Werken Übersetzungen ins Arabische vorhanden. Der kurdische Theologe, Forscher und Sprachkenner Muḥammad ‘Alī ‘Awnī (1897-1952), der Privatdolmetscher von König Fārūq von Ägypten war, Direktor von Fārūqs Privatbibliothek und Archivar, hat diese Aufgabe übernommen.22 ‘Awnī hat nicht nur die Texte in hervorragendem arabischen Stil übersetzt, sondern auch die Zuverlässigkeit der Berichte überprüft und viele Beiträge und Fußnoten hinzugefügt, die den Werken Zakīs einen zusätzlichen Wert geben. Das letzte Werk von Zakī, Ta’rīḫ-ī Sulaimānī ū Wułātī (Geschichte Sulaimānīs und seiner Umgebung)23 wurde von Rōžbayānī ins Arabische übersetzt und mit vielen Kommentaren und Fußnoten versehen.24 Rōžbayānī ist ein bekannter kurdischer Gelehrter unserer Zeit.25 Er verfügt über umfangreiche historische und sprachliche Kenntnisse. Rōžbayānī hat auch das Šarafnāma ins Arabische übersetzt.26
Da die arabischen Übersetzungen von Zakīs Werken von vorzüglicher Qualität sind, können sie an Stelle des kurdischen Originals benutzt werden. Ich gab jedoch immer Hinweise, wenn ich etwas vom Übersetzer und nicht vom Verfasser als Zitat übernahm.
Auch die geschichtlichen Werke von Ḥuznī Mukriyānī sind unerlässlich für jeden, der die kurdischen Fürstentümer erforscht. Mukriyānī verfasste mehrere Bücher über die kurdische Geschichte27 und gab einige Zeitungen in kurdischer Sprache heraus.28 Er gründete als erster 1915 eine Druckerei in Kurdistan. Seine Werke sind frei von religiösen Tendenzen. Im Gegensatz zu Zakī, der bei seinen Forschungen hauptsächlich europäische Quellen zugrunde legte, stützte sich Mukriyānī in erster Linie auf orientalische Quellen. Unter den sehr spärlich verwendeten europäischen Werken wiederum befinden sich nur solche in englischer Sprache. Charakteristisch für seine Werke sind Befragungen Alteingesessener, die entweder die Ereignisse selbst erlebten oder sie von ihren Vorfahren erzählt bekommen haben. So erhält man Nachrichten und Informationen, die man woanders kaum finden kann. Mukriyānī verwendet auch folkloristisches Schrifttum. Die Übernahme aus Berichten anderer ist durchaus zuverlässig. Beim Vergleich seiner Werke mit anderen Quellen und nach persönlichen Befragungen stellte ich im wesentlichen Deckungsgleichheit mit anderen Werken fest, obwohl er sich stilistisch etwas anders ausgedrückt hat. Sein Buch Mēžū-ī Mīrān-ī Sōrān (Geschichte der Sōrān-Emire; erschien 1935), war eine wichtige Grundlage für die vorliegende Arbeit. Dieses Werk enthält einen kurzen Überblick über die Geschichte des Sōrān-Emirates von der frühesten Zeit (wie sie im Šarafnāma dargestellt ist) bis zu seinem Niedergang. Dabei ist die Geschichte von Mīr-ī Kōra ausführlich berücksichtigt.
Mukriyānīs Berichte sind wertvoll für einen Vergleich mit anderen Berichten, besonders denen von Xēlānī und den Europäern. Er hat für sein Werk eine kurdische Arbeit mit dem Titel Malīxā herangezogen29, die eine Chronologie von Mīr-ī Kōras Emirat bilden soll. Ihr Verfasser soll Mīrzā Muḥammad-ī Waqā’i‘-nigār gewesen sein, der als Mīr-ī Kōras Sekretär tätig gewesen war und die Schicksale des Mīrs durch persische Dichtungen dargestellt haben soll. Vergeblich habe ich versucht, ein Exemplar dieses Manuskriptes zu bekommen.
Die zweite Auflage von Mukriyānīs Werk wurde 1962 von seinem Bruder, Gīw-ī Mukriyānī, Inhaber der Hāwler-Druckerei (früher Kurdistan-Druckerei), herausgegeben. Sie enthält jedoch einige Änderungen, die ich für unsachgemäß halte. Da ich das kurdische Original der 1. Auflage nicht zur Verfügung hatte, benutzte ich die arabische Übersetzung von Muḥammad al-Mullā ‘Abd al-Karīm, der eine weitgehende Kenntnis der kurdischen und arabischen Literatur besitzt.
Zu dem wichtigsten kurdischen Hintergrundmaterial des 19. Jh. gehört unter anderem das Werk des bemerkenswerten kurdischen Theologen Malā Maḥmūd-ī Bāyazīdī, geboren um 1797, über die Mentalität und Lebensweise der Kurden. Dieses Buch stellt die Unterschiede in der Denkweise der Kurden und der anderen Muslime ohne nationale Voreingenommenheit dar. Aus seinem Werk habe ich Zitate entnommen, die mir bei der Erforschung der sozialen Zustände im Sōrān-Emirat geholfen haben.
Die Handschrift dieses Werkes befand sich im Nachlass des russischen Orientalisten und Diplomaten A. Žaba, der (1855-1860) in Erzurum russischer Konsul war.30 Sie blieb bis 1963 in der Leningrader Staatsbibliothek als Manuskript, bis die sowjetische Kurdologin M. B. Rudenko den Text mit der russischen Übersetzung und einem kritischen Vorwort veröffentlichte.
Ich benutzte gelegentlich auch Zitate aus der schöngeistigen Literatur, um manche meiner Behauptungen zu unterstützen. Besonders bei der Untersuchung über die Uneinigkeit der kurdischen Fürsten und ihre Rivalität gegeneinander brachte ich Zitate aus dem Werk des kurdischen Dichters und Denkers Aḥmad-ī Xānī (1650-1706). Xānī berichtet im Vorwort seiner Liebesdichtung „Mam ū Zīn“ über die „Knechtschaft der Kurden in beiden Reichen“ und spricht von der „Uneinigkeit und dem Egoismus der kurdischen Fürsten“. Er klagt bewegt über den „Verfall der kurdischen Sprache und Literatur“. Xānī lobt die „Tapferkeit und Gastfreundschaft der Kurden“ und wundert sich über den „Ratschluss Gottes“, der die Kurden in eine solche Lage versetzt hat. Er glaubt als Muslim, dass das Gute wie das Böse von Gott kommt.31 Xānī, der wohl die Krankheit, aber kein Mittel dagegen kannte, konnte nur Allah anflehen, den Kurden den richtigen Weg zu zeigen, sich um „einen eigenen König zu sammeln“, und ihren „eigenen Staat“ aufzubauen, damit auch die „kurdische Kultur zu Recht und ansehen“ käme.32
Das ist meiner Ansicht nach ein wichtiges Dokument über die Situation eines Volkes, das in zwei Konfessionen (Sunna und Šī’a) gespalten ist und von den beiden konfessionell gebundenen Staaten, der sunnitischen Türkei und dem schiitischen Persien, jeweils dieser Sendung entsprechend beeinflusst wird.
Aus der schöngeistigen kurdischen Literatur des 19. Jh. habe ich mehrfach zitiert. Diese Zeit ist eine wichtige Periode in der Geschichte der kurdischen Fürstentümer. Denn damals gingen den Kurden die Augen auf über die Zentralisierungspolitik der Osmanen in Kurdistan. Diese Politik, die in schärfster Weise in der Zeit von Sultan Maḥmūd II. (1808-1839) als „Reform“33 begann, hatte zur Folge, dass die Empörung bei den kurdischen Anführern zunahm. Sie konnten die außenpolitischen Schwierigkeiten und den Aufruhr innerhalb des Reiches ausnutzen, um unabhängige Fürstentümer zu gründen.34 Die kurdische Literatur spiegelt die Lage der Kurden unter den Osmanen in dieser Zeit wieder:
Der kurdische Dichter Ḥāğī Qādir-ī Kōyī (1815-1892) ermutigte durch seine Dichtungen die Kurden, sich von der auf dem Islam basierenden Gewaltherrschaft der Osmanen zu befreien.35 Kōyī bezeugt offen eine große Antipathie gegen die ‘Ulamā, Scheiche, Derwische und Heiligen, die seiner Meinung nach die einzige Ursache für die „Unwissenheit“ seines Volkes36 sind. Er ruft die Kurden auf, ihre Kultur zu schützen37 und bewundert die europäische Wissenschaft.38 Kōyī ist meiner Ansicht nach ein Spiegel seiner Epoche. Aus seinen Dichtungen kann man deutlich vieles über die religiöse und politische Situation der Kurden unter osmanischer Herrschaft herauslesen. Daher habe ich einzelne Stellen aus seinen Dichtungen als Zitate bei der Untersuchung der kulturellen Lage im Sōrān-Emirat in der Zeit Mīr-ī Kōras verwendet.
Der zweite Dichter ist Šēx Raẓā-ī Tāłabānī (1835-1909). Er beschreibt das unabhängige Bābānī-Fürstentum, seine militärische Macht und die Verehrung der ‘Ulamā in jener Zeit. Als Muslim anerkennt er, dass die Araber „bevorzugt (afḍal)“ sind, aber er betont, dass „Saladin ein Kurde war“.39 Bei der Behandlung des Nationalbewusstseins der Kurden in der Zeit Mīr-ī Kōras habe ich ihn zitiert.
Zu weiteren Stellen aus der schöngeistigen kurdischen Literatur sind an den jeweiligen Stellen Hinweise gegeben.
Zu den Stellungnahmen zähle ich die Artikel von Ṣāliḥ Qaftān40, Barzinği41 und Muḥammad Fīdā42. Diese Stellungnahmen sind mir insofern wichtig, als sie die Meinungen der zeitgenössischen kurdischen Forscher über Mīr-ī Kōra und sein Emirat zeigen. Es ist außerdem zu erwähnen, dass ich die mündlichen Überlieferungen, die ich von Kurden selbst hörte, ausgewertet habe. Solche Angaben habe ich kritisch dargestellt.