Читать книгу Der kurdische Fürst MĪR MUHAMMAD AL-RAWĀNDIZĪ genannt MĪR-Ī KŌRA - Jemal Nebez - Страница 17
2. Aufstieg zum Mīr
ОглавлениеÜber den Aufstieg Muḥammads (vom Verwalter eines Gebietes zum Mīr) gibt es umstrittene Berichte. Ich möchte sie hier alle anführen:
Zunächst zu Mukriyānī179, der diese fürwahr interessante Geschichte erzählt: „Im Jahre 1228h. (1813/4) war Muṣṭafā Beg (der Vater des M.K., J.N.) über seine Brüder erbittert. Er schickte zu Mīr180 Muḥammad (M.K., J.N.), um ihn zum Mīr von Rāwandiz zu ernennen. Aber Muḥammad stellte drei Bedingungen für die Annahme des Emirates:
"Erstens. Sein Vater, Muṣṭafā Beg, sollte ihm 60.000 Riyal, und seiner Mutter, Būk-Šāzamān, 30.000 Riyal geben.
Zweitens. Muṣṭafā Beg sollte sich nicht in die Angelegenheiten Muḥammad Begs einmischen.
Drittens. Muṣṭafā Beg sollte Rāwandiz verlassen und in der nahegelegenen Festung Ākōyān ansässig werden.“
Nach diesem Bericht soll der Vater mit diesen Bedingungen nicht einverstanden gewesen sein, da er Angst hatte, dass „Mīr Muḥammad alle seine Brüder (Muṣṭafā Begs Brüder) und Verwandte töten würde“. Mīr Muḥammad soll sich dann nach Ğūlāmērg zurückgezogen haben. „Im nächsten Jahr war Muṣṭafā Beg wieder erzürnt. Er schickte erneut nach Mīr Muḥammad, übergab ihm den Schlüssel zu Schatz und Festung mit dem Geld, das Muḥammad verlangt hatte und ernannte ihn in Anwesenheit der Häuptlinge zum Mīr. Muṣṭafā Beg selbst begab sich zur Festung Ākōyān und blieb dort, bis er 1238h. (1822/3) starb.“181
Eine ähnliche Geschichte erzählt auch Xēlānī. Er nennt wiederum das Jahr 1229h. (1813/4) als das Jahr, in dem Muḥammad Mīr wurde.182
Wenn diese Berichte von Mukriyānī und Xēlānī zutreffend sind, bedeutet dies, dass Muḥammad ein weitsichtiger Mensch war, was Fraser bestätigt, wenn er sagt, dass der Mīr “prudent and farsighted“183 gewesen sei. Auch kann man daraus schließen, dass Muṣṭafā Beg durch Familien-Rivalität gezwungen war, sich zurückzuziehen, d. h. Muḥammad wurde ohne Gewaltanwendung gegen seinen Vater zum Mīr, wie auch Gōrānī bestätigt: „Muṣṭafā Beg rief 1229h. (1813/4) seinen Sohn Mīr Muḥammad zu sich, der damals Mīr auf Ğūlāmērg war, und setzte ihn vor einer Gruppe von Adligen und Noblen als Mīr ein. Dann ging Muṣṭafā zum Dorf Ākōyān und lebte in der Festung Dumdum, bis er 1238h. (1822/3) starb“.184
Die Daten, die Mukriyānī und Gōrānī für die Berufung Muḥammads zum Mīr von Soran angeben, stimmen überein (1229h. bzw. 1813/4), entsprechen aber nicht dem, was bei Qaftān185 steht und was Durrah angibt, wenn er sagt: „Mīr-ī Kōra hat erst 1826 die Macht übernommen“.186 Die Datierung des Todesjahres von Muṣṭafā Beg, des Vaters von Mīr-ī Kōra, als 1238h. bzw.1822/3 unterscheidet sich auch von dem Jahr, das Longrigg187 angegeben hat: „In 1826 Muṣṭafā died“. Trotzdem ist es meiner Ansicht nach ebenfalls falsch. Denn Dr. Roos188 besuchte Muṣṭafā Beg am 19. Mai 1833, um ihn, vergeblich, zu behandeln. Deshalb kommt die Jahreszahl 1245 h. (1829/30), welche Zakī angibt, auch nicht in Frage. Zakī sagt: „Muṣṭafā Beg bestimmte seinen Sohn Muḥammad Beg zu seinem Nachfolger und starb 1245h.“189 Auf jeden Fall ist nach Zakī festzuhalten, dass der Vater sieben Jahre nach Herrschaftsantritt seines Sohnes Muḥammad starb.
Die vorherigen Berichte bestätigen die Zustimmung Muṣṭafā Begs zur Machtübernahme Mīr-ī Kōras. Rōžbayānī190 bestätigt auch diesen Bericht: „Im Jahre 1223h. (1808/9) rief sein Vater (Muṣṭafā Beg) ihn (Muḥammad) mit seinen drei Brüdern Rasūł Beg, Sulaimān Beg und Aḥmad Beg zu sich, ernannte ihn in ihrer Anwesenheit zum Thronfolger ‚Walī ‘ahd‘ und beauftragte ihn, die Angelegenheiten des Emirates zu verwalten. Er (Muṣṭafā Beg) zog sich zurück“.
Das Datum 1223h. entspricht nicht dem Datum bei Mukriyānī und Gōrānī (1229h, 1813/14). Auch Rōžbayānī erwähnt den Namen des vierten Bruders Mīr-ī Kōras „Tamir Xān“ nicht, der ein Rivale Mīr-ī Kōras war und über dessen Gefangenschaft Dr. Roos berichtete.191
‘Awnī nennt weder Anlass noch Verlauf des Ereignisses, aber er bestätigt das Einverständnis von Muṣṭafā Beg: „Mīr Muḥammad wurde in den letzten Tagen seines Vaters Muṣṭafā Beg und mit dessen Einverständnis Emir von Sōrān“.192
Obwohl „die letzten Tage“ eine vage Angabe sind, fand Dr. Roos am 19. Mai 1833 Muṣṭafā Beg als Blinden und hilflos vor. Da, wie bekannt ist, Mīr-ī Kōra erst 1836 gefangen genommen wurde193, regierte Mīr-ī Kōra mindestens drei Jahre nach dem Besuch von Dr. Roos bei seinem Vater.
Es gibt allerdings Berichte, die angeben, dass Mīr-ī Kōra ein Rivale seines Vaters war und er die Regierung mit Gewalt an sich riss. Zakī sagt z. B.: „Muṣṭafā Beg war ein alter Mann, und die Bābān-Fürsten waren gierig auf seine Herrschaft. Sie störten seine Ruhe, und ebenso auch einer seiner Söhne, namens Muḥammad Beg, der versuchte, die Alleinherrschaft an sich zu reißen und seinem Vater die Macht aus den Händen zu winden. Der Alte starb 1241 h. (1825/6).194 So entstand Platz für Emir Muḥammad, der nachher als der Große Emir bekannt wurde“.195 Dieser Bericht Zakīs steht im Gegensatz zu einem anderen, früher erwähnten Bericht von ihm.196 Auch ist nicht klar, ob Muḥammad während der Herrschaftzeit seines Vaters Mīr wurde oder nicht. Eher könnte man denken, dass er nach dem Tode seines Vaters zum Mīr geworden wäre. Außerdem charakterisiert der Bericht Mīr-ī Kōra als Rivalen seines Vaters. Das Datum 1826 als Todesjahr Muṣṭafā Beg ist, wie weiter oben schon dargelegt wurde, falsch.
Auch Longrigg deutet an, dass Mīr Muḥammad das Emirat mit Gewalt übernahm: “Before his (Muṣṭafā Beg’s) death his son Muḥammad Beg - or Mīr Muḥammad - took over the government from his weakening hands“.197 Ferner berichtet Longrigg über eine “Blendung” Muṣṭafā Begs als Folge einer Verschwörung gegen ihn: ”Inevitably, there was suspicion of foul play”.198
Aber dieser Bericht Longriggs ist m. E. unhaltbar. Denn Dr. Roos, der Muṣṭafā Beg gesehen hatte, war nicht sicher über die Ursache seines Rücktritts, d. h. über die Art und Weise, wie Muḥammad (Mīr-ī Kōra) Mīr wurde: “The cause of his (Muṣṭafā Beg’s) resignation in favour of that son (Muḥammad) is less certain. Some assert that his deposition was compulsory; others, that being convinced his son was calculated to become a greater man than himself, he had voluntarily resigned in his favour“.199
Auch das “foul play” gegen Muṣṭafā Beg, von dem Longrigg spricht, ist nicht so sicher, wie er behauptet, da Dr. Roos selbst Muṣṭafā Beg behandelt und diesen Bericht geprüft hatte: “Report had asserted that he (Muṣṭafā Beg) had been blinded by order of his son, by the meel (red hot iron pencil) or the hot iron cup, but this Dr. Roos declared to be assuredly false”.200
Fraser nimmt Stellung zu diesem Bericht: “He (Mīr-ī Kōra) began his career by setting aside his own father, as incapable of conducting the affairs of the tribe in troublesome times. Some say that the old man, being of a peaceable and devout disposition, turned Soofee, or saint, renounced the world and its vanities, and placed his son in his room; I wish for the Meer’s credit that such may be the true version of the story, but it is at best doubtful”.201
Nach der Überprüfung aller dieser Berichte sehe ich die Ereignisse folgendermaßen:
Muḥammad wurde zu Lebzeiten seines Vaters Mīr, dies berichtet Dr. Roos, der seinen Vater behandelte. Das bedeutet, dass Muṣṭafā Beg zurückgetreten war. Wenn Muṣṭafā Beg von seinem Sohn, Mīr Muḥammad, nicht geblendet worden ist, so gab es auch keine Verschwörung gegen Muṣṭafā Beg, wie Dr. Roos berichtet. Wenn es diesen Bericht nicht gäbe, könnte noch mehr der Verdacht entstehen, dass Muṣṭafā Beg absichtlich von Mīr-ī Kōra geblendet worden sei, um ihn nach islamischem Gesetz regierungsunfähig zu machen. Aus diesen Tatsachen schließe ich, dass der ehrgeizige Mīr-ī Kōra aus dem Alter seines Vaters und der Schwäche der Bābān-Fürsten durch innere Rivalitäten Nutzen ziehen konnte, wie Zakī berichtet.202 Er konnte seinen Vater überreden, ihm seinen Platz einzuräumen, um die Angelegenheiten des Stammes in einer “troublesome time“ 203 in die Hand zu nehmen. Das ist m. E. der erste Erfolg Muḥammads, der auf diese Weise das Emirat an sich bringen konnte, obwohl er noch vier Brüder hatte. Zwei von ihnen waren seine großen Nebenbuhler.