Читать книгу Der kurdische Fürst MĪR MUHAMMAD AL-RAWĀNDIZĪ genannt MĪR-Ī KŌRA - Jemal Nebez - Страница 4
I. VORWORT ZUR DISSERTATION VOM 24.08.1969
ОглавлениеIn der ersten Hälfte des 19. Jh. führten die politischen und militärischen Verhältnisse im Osmanischen Reich und in Iran zu einer Situation, die plötzlich einigen kurdischen Fürstentümern wie Sōrān, Bābān und Bōtān zu einer bedeutenden Stellung verhalf und sie in die Lage versetzte, sich als erbitterte Rivalen der beiden Staaten, besonders des Osmanischen Reiches, zu zeigen. Der bedeutendste Fürst dieser Zeit, der das mächtigste Emirat Kurdistans regierte, war Mīr Muḥammad-ī Rawāndizī, oder wie er auch genannt wurde, Mīr-ī Kōra, „der blinde Mīr“1 (starb 1836).
Trotz vieler militärischer Siege2 und seiner im Vergleich zum Osmanischen Reich guten Verwaltung3 konnte Mīr-ī Kōra sein Emirat nicht vor dem Sturz bewahren, als es zur Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich kam.
Es ist die Absicht dieser Arbeit, das Leben Mīr-ī Kōras und seines Emirates auf Grund von kurdischen und ausländischen Zeugnissen zu untersuchen, wobei den religiösen Faktoren – in der ersten Linie die feste Bindung der sunnitischen Kurden an den osmanischen Kalifen als „Stellvertreter Muḥammads“ – besondere Beachtung geschenkt werden soll.
1956 besuchte ich zum ersten Mal Rawāndiz, die Hauptstadt des Sōrān-Emirats, und besichtigte die von Mīr-ī Kōra erbauten Moscheen, Burgen, Brücken und die in den einheimischen Werkstätten hergestellten Kanonen, die den Namen Mīr Muḥammad-ī Rawāndizī tragen. Von der einheimischen Bevölkerung hörte ich vieles über diese kurdische Persönlichkeit, die in relativ kurzer Zeit die Nachbarfürsten besiegen und weite Gebiete unter ihre Herrschaft zwingen konnte. Ich hörte mehrere Legenden über Mīr-ī Kōras Gerechtigkeit und Frömmigkeit. Es gibt viele Kurden, die glauben, dass es Mīr-ī Kōra gelang, einen „richtigen kurdischen Staat“4 aufzubauen. Auch gibt es europäische Berichte, die von „einer nationalen Bewegung“ Mīr-ī Kōras5 berichten. Mit großem Interesse fing ich an, Material zu sammeln, um eine Abhandlung über Mīr-ī Kōra in kurdischer Sprache zu verfassen. Wie auch in meinem Lebenslauf erwähnt, konnte ich erst in Deutschland diesen meinen Wunsch verwirklichen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass ich mich bemüht habe, die Texte, die in orientalischen Sprachen abgefasst sind, gewissenhaft ins Deutsche zu übersetzen und dabei dem Sinn des Originals so nahe wie möglich zu kommen.
Da manche Namen und Quellen öfters wiederholt werden, habe ich (im Literaturverzeichnis enthaltene) Abkürzungen für sie eingeführt.
Die Informationen, die ich benutzt habe, sind insgesamt so verschiedenartiger Natur, dass ich mich entschließen musste, sie mit einem Sammelbegriff zu bezeichnen. Ich verwende dafür den Ausdruck Zeugnisse, der also im allgemeinsten Sinne verstanden werden soll. Auch mündliche Informationen und eigene Beobachtungen fallen somit unter den Begriff. Man vergleiche die anschließend eingefügte "Schematische Gliederung der Zeugnisse".
Wo kurdische Namen verwendet worden sind, wurden sie nach kurdischer Aussprache wiedergegeben. Ich schreibe ein kleines i für den kurdischen Murmelvokal und ł für das velare l (das sogenannte polnische l). Für den Buchstaben خ schreibe ich in kurdischen Wörtern x statt ḫ, um eine gewisse Besonderheit (schwächeres Reibegeräusch) der kurdischen Aussprache anzudeuten. Ferner können Eigennamen jeder Art in verschiedenen transliterierten Formen auftreten (z.B. bei Zitierungen aus arabischen oder kurdischen Werken).
Ich hoffe, dass diese Arbeit einen Abschnitt der kurdischen Geschichte beleuchtet, von der noch so vieles im Dunkeln liegt.
Hamburg, den 24.8.1969
Jemal Nebez