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2.5 Das Gedächtnis
ОглавлениеDas Gedächtnis ist „die Fähigkeit eines Organismus, Informationen zu speichern […] und sie auf Abruf hin wieder verfügbar zu haben“ (Michel & Novak 2004: 148). Die Idee, zu erfahren, an welcher Stelle im Gehirn das Gedächtnis verortet ist, klingt interessant. Jedoch lässt sich „eine einzelne Hirnregion, die der ‚Sitz des Gedächtnisses wäre‘“ (Arndt & Sambanis 2017: 147), nicht lokalisieren, da die Speicherung von Informationen die Beteiligung nicht nur einer, sondern mehrerer Hirnregionen, u.a. des Hippocampus, des Frontalhirns oder auch der Basalganglien (vgl. ebd.: 151) umfasst.1
Die Frage, wie das Gedächtnis funktioniert und womit es zu vergleichen ist, beschäftigt Menschen bereits seit der Antike. Zahlreiche Metaphern für das Gedächtnis wurden aufgestellt, und das Harald Weinrich (1964: 26) zufolge aus gutem Grund: „Wir können einen Gegenstand wie die Memoria nicht ohne Metaphern denken.“ Auch Lakoff und Johnson (1999: 235, zitiert nach Goschler 2006: 10) sind sich sicher: „It is virtually impossible to think or talk about the mind in any serious way without conceptualizing it metaphorically.“ Bei Platon war es die Wachstafel, bei Diderot die Bibliothek und Schopenhauer sah das Gedächtnis als Tuch, bei welchem sich die Erinnerungen als Falten darstellen (vgl. Weinrich 1964: 24f.). Dabei sind die Metaphern abhängig vom jeweiligen Forschungsstand (vgl. Goschler 2006: 9). Da er nicht mehr auf Wachstafeln schrieb, sah Racine das Gedächtnis als Buch der Memoria, Bergson verglich es mit einem Fotoapparat (vgl. Weinrich 1964: 25) und mit dem Fortschreiten der Technik war ab den 1950er Jahren die Computermetapher sehr verbreitet (vgl. Goschler 2006: 155; Gibbs Jr. 2005: 5).
Die Faszination für das menschliche Gedächtnis ist verständlich, ist es doch sowohl für grundlegende Alltagshandlungen als auch für höhere kognitive Prozesse unabdingbar:
Ein menschliches Gedächtnis, das imstande ist zu lernen und neue Informationen längerfristig speichern kann, referiert demnach unter anderem auf die persönliche Vergangenheit und Erlebnisse. Ein Organismus muss eine gewisse Art von „Vorprogrammierung“ bereithalten, um ein Gedächtnis und daraus resultierende Lernvorgänge und Operationen überhaupt zu ermöglichen. (Steinhauser 2011: 8)
Somit ist auch für die Vermittlung von Wissen ein möglichst genaues Verständnis des menschlichen Gedächtnisses von hoher Relevanz, wofür Forschung in kognitiven Bereichen notwendig ist:
The primary purpose of education is to transmit knowledge; consequently, much educational and cognitive research has attempted to identify the basic psychological mechanisms by which information in texts and other educational sources is represented. (Clark & Paivio 1991: 158)
In Bezug auf den Aufbau und die Funktionsweise des Gedächtnisses sind für die vorliegende Schrift folgende Bereiche von besonderem Interesse:
1 die Differenzierung verschiedener Gedächtnismodelle,
2 die Gedächtnisprozesse, die eine Information von der ersten Begegnung bis zur endgültigen Speicherung durchlaufen kann,
3 verschiedene Gedächtnismodelle,
4 neurobiologische Grundlagen des Gedächtnisses,
5 Ursachen des Vergessens und Möglichkeiten der Verbesserung des Gedächtnisses und
6 die Anfänge der experimentellen Gedächtnisforschung, die bis zur Gegenwart noch Relevanz haben.