Читать книгу Lernen mit Bewegung und Lernen in Entspannung - Jennifer Schilitz - Страница 27
2.6 Fremdsprachlicher Wortschatzaufbau im Schulkontext
ОглавлениеEin präziser englischer Wortschatz ist für eine den Schülerinnen und Schülern erfolgreiche Teilnahme am Englischunterricht unerlässlich. Mit ansteigendem Sprachniveau erhöhen sich zumeist auch Anzahl und Komplexität der zu lernenden Wörter. Sie sind die Basis, um sich in der Oberstufe bis hin zum Abitur kompetent und zudem kritisch mit Themen wie science and technology oder auch the impact of the media on society auseinanderzusetzen. Für jeden der Themenbereiche sind ein oder mehrere explizite und umfangreiche Wortfelder maßgeblich, was dem Bereich der Verfügbarkeit sprachlicher Mittel zugehörig ist, dessen Relevanz von der Kultusministerkonferenz in den Bildungsstandards verankert wurde:
Die Schülerinnen und Schüler greifen bei der Sprachrezeption und -produktion auf ein breites Repertoire lexikalischer, grammatischer, textueller und diskursiver Strukturen zurück, um die Fremdsprache auch als Arbeitssprache in der Auseinandersetzung mit komplexen Sachverhalten zu verwenden. (Bildungsstandards 2012: 18)
Eine Aufteilung der Ausprägung der Wortschatzbeherrschung erfolgt im GER1 anhand einer Skala, die von einem Niveau A12 bzw. A2, dem Beherrschen eines „begrenzten Wortschatz[es] in Zusammenhang mit konkreten Alltagsbedürfnissen“ bis hin zum Niveau C2, welches eine „[d]urchgängig korrekte und angemessene Verwendung des Wortschatzes“ verlangt, reicht (Europarat 2001: 113). Während in der elementaren Sprachverwendung (A1, A2) grundlegende Kenntnisse erwartet werden können, sollte auf mittlerer Stufe (B1, B2) eine selbstständige Sprachverwendung erfolgen, wohingegen beim höchstmöglichen Niveau, der kompetenten Sprachverwendung (C1, C2), fachkundige oder sogar nahezu muttersprachenähnliche Kenntnisse vonnöten sind (vgl. Europarat 2001: 35). Für Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe, die in dieser Schrift von besonderem Interesse sind, wird das Sprachniveau B2 erwartet (vgl. Anlage 22 zum GER).
Der Aufbau eines solchen umfangreichen Repertoires lexikalischer Einheiten ist auf verschiedene Weisen möglich. Thaler (2012: 225) differenziert drei Formen des Wortschatzerwerbs. Hierzu gehört ein „unterrichtlich gesteuerter Wortschatzerwerb: Wortschatzvermittlung durch die Lehrkraft, systematische und gezielte Wortschatzarbeit“ (ebd.), was sich zum einen aufgrund eines gezielt progressiven Vorgehens förderlich auswirken kann, sich jedoch nicht kongruent zu den Interessen der Schülerinnen und Schüler verhalten muss und somit demotivierend wirken kann (vgl. ebd.). Entsprechend motivierender könnte sich ein „lernergesteuerter Wortschatzerwerb: vom Lerner initiiertes und gesteuertes Vokabellernen, autonomes und (idealerweise) lebenslanges Lernen“ (ebd.) auswirken. Jedoch „kann die Auswahl von Vokabeln beim lernergesteuerten Wortschatzerwerb in einem unausgewogenen oder nicht vernetzten Wortschatz resultieren“ (ebd.). Eine weitere Möglichkeit des Aufbaus oder der Erweiterung des Wortschatzes bietet eine beinahe mühelose Aufnahme von Begriffen, auch inzidenteller Wortschatzerwerb genannt. Dieser erfolgt nebenbei durch das Lesen von Websites oder Büchern, ebenso durch Radiohören oder Filmeschauen in der Zielsprache. Auch hier kann die Aneignung von Wörtern unstrukturiert und einseitig erfolgen und zudem mögliches Potential von Wörtern unbeachtet lassen (vgl. ebd.). Welche Art der fremdsprachlichen Wortschatzaneignung zu welcher Person passt, ist unterschiedlich. Dennoch wird sich für die meisten Lernenden eine Mischung der drei Möglichkeiten als förderlich erweisen:
Different learners will obviously need emphasis on different types of words (whether high-frequency or specialized vocabulary), but nearly all students can benefit from a judicious blend of intentional and incidental learning. Even advanced learners with large vocabularies can continue to fill out their lexical knowledge, as many (or most) of the words in their mental lexicons will only be partially mastered. After all, even native speakers continue to learn new words throughout their lifetimes. (Schmidt 2007: 841)
Wenngleich sowohl der inzidentelle als auch der lernergesteuerte Wortschatzerwerb scheinbar ohne Einflussnahme von Lehrkräften vonstattengehen, sieht Thaler (2012: 225) in Bezug auf das lebenslange Lernen für Lehrerinnen und Lehrer auch hier eine Aufgabe:
Werden im Unterricht Lernstrategien und Kriterien für die Auswahl und Anordnung von Wortschatz vermittelt, kann dies helfen, die Nachteile des lernergesteuerten und inzidentellen Wortschatzerwerbs zu mindern.
Der unterrichtlich gesteuerte Aufbau eines reichhaltigen Wortschatzes in der zu erlernenden Sprache erfolgt häufig durch die gezielte Aneignung fremdsprachiger Vokabeln. Jedoch sind die Begriffe Vokabel und Wort bei Schülerinnen und Schülern unterschiedlich belegt.
Den im Unterrichtskontext gängigen Begriff ‚Vokabel‘ reduzieren SuS erfahrungsgemäß auf formale (Lern-)Kontexte und assoziieren ihn oft negativ. ‚Wörtern‘ hingegen schreiben sie viel mehr und viel umfassendere Merkmale zu: semantische, kommunikative bis hin zu poetischen. Da bekannt ist, wie sehr die Sichtweisen von Lernenden den Lernerfolg beeinflussen, erscheint der Begriff der Vokabel für schulisches Lernen nur bedingt geeignet. (Neveling 2017: 378)
So plädiert Neveling (ebd.: 349) dafür, „den Begriff der ‚Vokabel‘ abzuschaffen und auch in Lernkontexten zu dem des ‚Wortes‘ überzugehen“. Dennoch wird in der hier vorliegenden Arbeit auch der Terminus Vokabel verwendet, da er, wie eben dargestellt, zwar unbeliebt, jedoch im Unterrichtskontext sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch bei Lehrkräften nach wie vor gebräuchlich ist. Zudem wird der Einsatz klassischer Vokabellisten in dieser Schrift noch von Bedeutung sein (vgl. Kap. 6.7.5; Kap. 6.8.5).
Der Wert der Wortschatzarbeit und ihre Notwendigkeit für das Fremdsprachenlernen gelten als unbestritten.
Wortschatzarbeit wird sowohl von Lehrkräften als auch von Lernern als zentraler und grundlegender Tätigkeitsbereich beim Erlernen einer Fremdsprache angesehen. (Haudeck 2008: 13)
Thaler (2012: 226) unterscheidet sechs Phasen der Wortschatzvermittlung:
Um lexikalische Kompetenz aufzubauen, müssen die richtigen Wörter 1. ausgewählt, 2. abwechslungsreich präsentiert, 3. ‚merk-würdig‘ verankert, 4. sinnvoll geübt, 5. kontinuierlich gelernt und 6. automatisch in der Kommunikation angewendet werden.
Hierbei sind die Aufgabenbereiche häufig eindeutig verteilt:
Traditionell findet die Einführung neuen Wortschatzes durch die Lehrkraft im Unterricht statt, während die Aufgabe des Wiederholens und Einprägens zur Sicherung des überdauernden Memorierens in den häufigsten Fällen außerhalb des Klassenzimmers erledigt werden soll. Hierzu gehört das sogenannte ‚Vokabelpauken‘ oder ‚Büffeln von Vokabeln‘, das auf einer entsprechenden Hausaufgabe beruht oder zur Vorbereitung auf einen Test oder eine Klassenarbeit dient. (Haudeck 2008: 111)
Das Auslagern des Vokabellernens aus dem Unterricht resultiert häufig aus Zeitmangel (vgl. Thaler 2012: 231), denn die Aneignung von fremdsprachigem Wortschatz ist zeitintensiv (vgl. u.a. Reinfried 2006: 176) und idealerweise werden nicht nur die entsprechenden Vokabeln in Listen gelernt, sondern die Verwendung des Begriffs, u.a. anhand nebenstehender Beispielsätze, wird verinnerlicht. Da das Lernen von Wörtern mehr und weniger effektiv gestaltet werden kann, sollten Lernende mit dieser grundlegenden Aufgabe nicht allein gelassen werden, selbst wenn das Memorieren der Vokabeln außerhalb des Unterrichts erfolgt. Lehrkräfte müssen ihre Schülerinnen und Schüler mit Techniken und Strategien ausstatten, die das Lernen der Begriffe zielführend unterstützen. Im Hinblick auf die zentrale Rolle eines reichhaltigen Wortschatzes für den souveränen Gebrauch einer Fremdsprache ist die Frage naheliegend, auf welche Weise sich fremdsprachige Wörter am effizientesten und am nachhaltigsten einprägen lassen. Da jedoch „die Aneignung eines umfangreichen Vokabulars unter den Bedingungen des schulischen Fremdsprachenlernens eine große Herausforderung“ darstellt (Haß 2006: 114), ist es „unerlässlich, dass Lehrer_innen Unterstützung aus dem Bereich der Wissenschaft erhalten und annehmen“ (Kehrein 2013: 5). Hierfür lohnt der Blick auf Techniken und Strategien für das Einprägen von Wörtern.