Читать книгу Lernen mit Bewegung und Lernen in Entspannung - Jennifer Schilitz - Страница 9
2.1 Begriffsdefinitionen
ОглавлениеEine umfassende, jedoch prägnante Terminologie des Begriffs Wort gestaltet sich als herausfordernd, da ein Wort vielfältige Eigenschaften besitzt und je nach der jeweiligen Perspektive unterschiedliche Aspekte von Bedeutung sind.
Der Wert eines Wortes zeigt sich nach Ferdinand de Saussure1 (2005: 123) in erster Linie darin, eine Idee auszudrücken, denn „Quand on parle de la valeur d’un mot, on pense généralement et avant tout à la propriété qu’il a de représenter une idée […].“ Weiter vergleicht er Sprache mit einem Blatt Papier, wobei der Gedanke auf der Vorderseite, der Laut auf der Rückseite steht und beides als untrennbar miteinander verknüpfte Einheit gesehen wird:
La langue est encore comparable à une feuille de papier: la pensée est le recto et le son le verso; on ne peut découper le recto sans découper en même temps le verso; de même dans la langue, on ne saurait isoler ni le son de la pensée, ni la pensée du son. (ebd.: 121)
Hierbei unterscheidet Saussure die zwei Seiten eines Wortes anhand der Begriffe signifiant (Bedeutendes) und signifié (Bedeutetes), wobei zweiteres das kognitive Konzept, also die Vorstellung einer Sache, darstellt, wohingegen ersteres die Benennung dieses Konzepts mit seinen phonologischen und orthographischen Eigenschaften umfasst (vgl. ebd.: 122f.). Das Zeichen (signe), mit welchem die Idee dargestellt wird, ist hierbei vollkommen arbiträr (vgl. ebd.: 121).
Aitchison (2012: 262) vergleicht Wörter sinnbildlich mit Münzen: „Words, we have said, are like coins, with meaning and word class on the one side and sounds on the other.“ Wenngleich Metaphern verschiedene Aspekte eines Wortes anschaulich verdeutlichen mögen, bleibt eine allgemeine Definition, die allen Perspektiven gerecht wird, schwierig. Dies liegt in der Vielschichtigkeit von Wörtern begründet. So „bildet [ein Wort] keine geschlossene Einheit, sondern stellt in sich bereits einen komplexen Lerngegenstand dar“ (Reinfried 2006: 176). Auch Mel’čuk (1981: 570) ist sich sicher: „Not only every language but every lexeme of a language is an entire world in itself.“ Somit gibt es für den Terminus Wort aufgrund verschiedener Blickwinkel diverse Begriffsbestimmungen:
Aus kognitivistischer Perspektive dienen Wörter der Benennung von Gegenständen und Sachverhalten in der außersprachlichen Welt, aus linguistischer Sicht sind es Zeichen mit Form- und Ausdrucksseite, selbständige sprachliche und kommunikationsorientierte Grundeinheiten. Der präzisere Begriff der lexical unit trägt der häufigen Mehrgliedrigkeit von Wörtern Rechnung. (Neveling 2017: 378)
Der von Cruse (1986) eingeführte Begriff der lexical unit (lexikalische Einheit) wird definiert als „the union of a lexical form and a single sense“ (ebd.: 77, zitiert nach Bogaards 2001: 326), was u.a. zur Folge hat, dass es deutlich mehr lexical units in einer Sprache gibt als Wörter, da ein Wort mehrere Bedeutungen tragen kann2. Bogaards spricht sich auch für die Betrachtung der fremdsprachigen Wortschatzaneignung für den Terminus der lexical unit aus:
Although it does not solve all problems in lexicology or in applied linguistics, the lexical unit as discussed by Cruse (1986) emerges as a far less capricious and much clearer linguistic element than word. It has a well-determined form that has its own set of properties and a clear meaning that is part of a specific semantic network. The notion of „lexical unit“ can also be better used than „word“ to describe the processes of vocabulary learning in a second or foreign language. (Bogaards 2001: 327)
Bogaards (2001: 325) beharrt sogar darauf, dass die Verwendung des Begriffs Wort dem Prozess, den Lernende für die Aneignung eines Wortes durchlaufen müssen, nicht gerecht wird. Neben dem vermutlich korrektesten Terminus der lexikalischen Einheit gibt es weitere Synonyme für den Begriff Wort, wie die vor allem im Schulkontext gängige Bezeichnung Vokabel. Laut Duden ist eine Vokabel „ein einzelnes Wort in einer (anderen, fremden) Sprache“ und Möhle (1994: 40) setzt den Terminus ‚Begriff‘ gleich mit dem Saussure’schen ‚concept‘, also der Inhaltsseite des Wortes“. Weitere Synonyme hierfür sind Terminus oder auch Bezeichnung.
Obwohl deutlich wird, dass der Begriff Wort aufgrund seiner phonologischen, syntaktischen, morphologischen sowie semantischen Informationen in seiner Komplexität schwer zu definieren ist, löst der Gebrauch des Begriffs im Alltag nur selten Verwirrung aus. So stellt Carter (2002: 4) fest: „Everyone knows what a word is“.3 Auch Haudeck (2008: 49) konstatiert: „Spricht man im Alltagsleben von einem Wort, dann entstehen dadurch keine wirklichen Verständnisprobleme.“ Ebenso sieht Lutjeharms (2004: 10 zitiert nach Haudeck 2008: 49) die „intuitive, alltagssprachliche Bedeutung von Wort als Grundeinheit der Sprache“ gegeben. Daher werden die Termini Wort, lexikalische Einheit und Begriff, aber auch Vokabel im Bewusstsein, dass ein Wort viel mehr beinhaltet als hier dargestellt werden kann, in der vorliegenden Schrift weitestgehend synonym verwendet.