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Warum dieses Buch?

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Ein schwerer Autounfall am 28. September 2018 riss mich unvorbereitet und brutal aus meinem alten Leben. Das Geschehene beeinflusste nicht nur einen meiner Lebensbereiche, sondern meine ganze Existenz und alles, was ich glaubte zu sein – obwohl ich doch auch viel Glück gehabt hatte. So viele Schutzengel hatten mir zur Seite gestanden. Dennoch zweifelte ich danach oft am Sinn des Lebens und an der Gerechtigkeit, ich kämpfte und kämpfe manchmal immer noch mit Schuldgefühlen, einer zuvor nicht gekannten Anspannung und unendlicher Trauer. Zudem war ich schwer verletzt, so viele Strukturen meines Körpers waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Alles hatte sich für mich mit diesem Tag verändert. Meine neue Welt bestand aus Krankenhäusern, Rehaanstalten, Arzt- und Therapeutenterminen, aus unbeantwortbaren Fragen und intensiven, plötzlich auftretenden Erinnerungen.

Dieses Buch soll einen Einblick geben, wie es sein kann, Schicksalsschläge zu erleben oder am Boden zu liegen. Es ist mein Versuch, die neuen Herausforderungen so darzustellen, wie sie sich hinter der Fassade der starken Sportlerin abgespielt hatten, und mein Versuch zu zeigen, dass niemand sich schämen muss, wenn er schwere Phasen durchlebt.

Es gibt viele Dinge, die das Leben vollkommen verändern können, seien es die Geburt eines Kindes, der Abschluss eines Studiums, der Antritt einer neuen Arbeitsstelle oder eben Schicksalsschläge. Ich weiß, ich bin damit nicht allein, und ich hoffe, dieses Buch kann für irgendeinen Menschen da draußen sein Lied, sein Film, sein Zeichen, sein Moment oder Anker sein – eine Erfahrung, die vieles verändern kann, die die eigenen Ziele und Entscheidungen und auch die Hoffnung sichtbar machen kann, die schließlich dazu führt, dass dieser Mensch wieder an sich glaubt.


Es wird nicht wie durch ein Wunder oder Zeichen plötzlich alles wieder gut, diese Illusion musste auch ich verwerfen. Und auch ich habe noch lange nicht alles hinter mir gelassen. Ich hadere immer noch — mal mehr und mal weniger — mit dem, was passiert ist, die Vergangenheit holt mich auch heute noch unkontrolliert und oft unvorbereitet ein. Ängste beeinflussen mein Verhalten und distanzieren mich von meinen Mitmenschen, denn bedingungsloses Vertrauen ist schwierig.

Manchmal da wünsche ich mir, die Zeit zurückdrehen zu können, und kann nur schwer alles akzeptieren, manchmal stecke ich wieder komplett fest. Manchmal glaube ich, nicht mehr weitermachen zu können, manchmal habe ich keine Hoffnung mehr und keine Energie für das, was täglich auf mich zukommt, da will ich einfach aufgeben.

Manchmal da habe ich Hoffnung – und schaffe es dennoch nicht, da will ich, kann aber nicht. Ich habe nach wie vor körperliche Schmerzen. Verglichen mit jenen vor eineinhalb Jahren sind sie kaum nennenswert, und doch sind sie da und begleiten mich. Die Hüfte, der Arm, all die Narben machen sich häufig bemerkbar. Die Narben sind nun ein Teil von mir, genauso wie dieser Autounfall ein Teil meines Lebens ist und immer sein wird. Gleichermaßen sind das auch meine verstorbenen Freunde Stella (Name vom Verlag geändert) und Chee Tean und all die mit diesem Unglückstag verbundenen Erinnerungen, die Menschen, die ich kennenlernen, und Orte, die ich ergründen durfte, die Erfahrungen, an denen ich gewachsen bin, und der Prozess, in dem ich mich selbst besser kennenlerne. Denn durch das Geschehene bin ich auch ein Stück weit erwachsen geworden, selbstbewusster und kann nun besser zu mir und all meinen Gedanken und Empfindungen, meinen Schwächen und Stärken stehen.

Ich habe gelernt, meinem Körper zuzuhören, geduldig zu sein und die kleinen Dinge zu schätzen, und ich habe verstanden, dass ich keine Angst haben muss zu verlieren oder zu vergessen, denn loslassen ist dem nicht gleichbedeutend. Mutig habe ich mittlerweile neue Schritte gewagt, nehme nun Medikamente, um meine Psyche zu unterstützen, verkaufe selbst designte Badminton-T-Shirts, spiele für einen neuen Klub in der Bundesliga, verschenkte selbst gemalte Bilder, um Hoffnung während des coronabedingten Lockdowns im Jahr 2020 zu schenken, und vertrat als Teil des Nationalteams Österreich bei der Qualifikation der Team-EM im Badminton. Ich bin zu dem Menschen geworden, der ich heute bin, und darauf bin ich stolz.

Nein, es wird nicht plötzlich alles wieder gut. Trauer braucht Zeit und, nein, Zeit heilt nicht alle Wunden. Doch Wunden werden zu Narben. Narben bleiben, sie sind da und spürbar, aber nicht ständig als Schmerz präsent. Sie ermöglichen doch ein glückliches Leben.

Ich weiß, dass auch die Badmintongemeinschaft durch unseren Unfall ein Schmerz durchfuhr, der bei vielen eine Narbe hinterlassen hat. Es war für viele ein Einschnitt, auch wenn sie nicht persönlich betroffen waren. Unser Unfall prägte die ersten Bundesligabegegnungen der damals beginnenden neuen Saison und war auch ein ständiges Thema auf Turnieren. Mein Buch ist ein Dankeschön für die Unterstützung und hoffentlich die Antwort auf die ein oder andere Frage, die sich kaum jemand zu stellen traute. Und es ist eine Erinnerung an zwei Mitglieder unserer Sportgemeinschaft, deren Tod wir nicht zensieren und deren Leben wir feiern sollten.

Mein Buch ist andererseits auch der eigennützige Versuch, mit dem, was passiert ist, klarzukommen. Als schließlich feststand, dass ich meine Aufzeichnungen auch veröffentlichen wollte, merkte ich, dass ich noch nicht da war, wo ich sein wollte, und das machte es tatsächlich auch schwierig für mich, einen Schlussstrich zu ziehen. Für mich stellte sich die Frage, wann das sein würde ... Ich wollte nicht länger warten.

Alles hat seine Zeit, und jetzt musste ich auch dieses »Projekt« loslassen und ihm erlauben, Vergangenheit zu werden, damit es mir gelang, nach vorn zu schauen und meinen Fokus neu zu legen. Die Schreibarbeit half zu verarbeiten, aber auch festzuklammern – und vielleicht war das notwendig, denn ich musste mich damit auseinandersetzen. Schließlich wollte ich und konnte ich loslassen und meiner Zukunft entgegensehen.

Das Buch meines Lebens soll noch mehr Kapitel haben als diesen Unfall. Also schlage ich die nächste Seite auf.

Ich bleib am Ball

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