Читать книгу Knochenfeuer - Jenny Pieper - Страница 13
Kindra Eine ungewollte Bekanntschaft
ОглавлениеDer Wind streifte über meinen Körper und ließ mich frösteln. Ich versuchte die Augen zu öffnen, doch meine Energie schien im Fluss ertrunken zu sein. Unter mir spürte ich Gras und kalten Matsch. Wo bin ich?
Meine Erinnerung an die Ereignisse des Tages brachen langsam über mich herein und ich wollte am liebsten schreien oder weinen. Doch mein Körper fühlte sich an wie Blei. Meine Glieder lagen schwer und schlaff auf dem Boden und hielten mich in meiner Panik fest.
»Da«, sagte eine Frau und kurz danach spürte ich Hände auf meinem Körper. Sie tasteten über meinen Kopf, meine Arme und meine Hüfte. Als sie die Stelle erreichte, an der mein Messer hing, zog sich meine Brust schmerzhaft zusammen.
Nicht das Messer!
Sie löste den Knoten und der gewohnte Druck der Scheide verschwand von meiner Seite.
»Nein«, krächzte ich und war erstaunt, dass ich einen Ton herausbekam. Das Messer war alles, was mir von Kork und Noba geblieben war. Das mich mit meiner Vergangenheit, mit ihnen verband.
»Die lebt noch«, sagte die Frau erstaunt. Ein zweites Paar Hände griff nach mir. Finger legten sich auf meine Lider und zogen sie einen Spalt auf. Ich schnappte röchelnd nach Luft, doch ich konnte mich nicht dagegen wehren. Über mir erkannte ich zwei Gestalten, die sich zu mir herunterbeugten. Als hätten sie sich verbrannt, zuckten ihre Finger zurück.
»Das is’ ein Goldkind!«, rief ein Mann überrascht aus, um kurz danach in Gelächter auszubrechen. »Verdammt, wir werden reich!«
Seile waren um meine Handgelenke gebunden und rieben meine Haut wund. Ein Tuch verband mir die Augen. Es roch modrig und fühlte sich klamm auf der Haut an. Meine Beine stolperten über den Boden und ich verbrauchte die wenige Energie, die mein Körper versuchte zu regenerieren. Benommen taumelte ich dem Zug des Seils hinterher. Die Strapazen des Tages forderten ihren Tribut. Mein Körper gab unter der Beanspruchung seiner Heilkräfte langsam nach und sperrte mich in ein Gefängnis aus Taubheit. Ich unterdrückte ein Gähnen, während in mir ein Sturm aus Gefühlen tobte. Grünfrey war zerstört, Noba und Kork tot. Und Saki? War er in Sicherheit? Würde ich ihn jemals wiedersehen?
Ich lauschte auf die Geräusche um mich herum. Tiefe Stimmen von Männern und leises Wimmern vermischten sich zu einem kaum definierbaren Brei. Doch das Feilschen war unverkennbar.
Sie werden mich verkaufen.
Mein Magen krampfte sich zusammen und ich erbrach mich vor meine Füße. Einige Tropfen landeten auf meinen Händen. Angewidert wollte ich sie an meinem Oberteil abwischen, doch der Zug des Seils war zu kräftig.
Jemand packte mich an den Haaren. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte, den sauren Geschmack hinunterzuschlucken, der auf meiner Zunge lag.
Meinen Kopf wurde nach hinten gerissen und ich japste erschrocken nach Luft. Etwas Hartes wurde gegen meine Lippen gepresst.
»Trink!«, befahl eine Stimme. Eine Flüssigkeit lief mir über die Lippen und an meinem Hals hinab. Gierig trank ich einige Schlucke, doch die Flasche verschwand zu schnell wieder.
Ob Saki ahnte, dass ich noch lebte? Unruhig scharrte ich mit den Füßen und kämpfte gegen die Anspannung an, die sich in mir ausbreitete. So lange war ich geflohen. Die Vorstellung, versagt zu haben, raubte mir fast die Luft zum Atmen. Ich wollte zurück nach Grünfrey! Zurück nach Hause.
Während die Verkaufsgespräche an Eifer zunahmen, senkte ich den Kopf. Wohin führte Sakis Weg, jetzt, da Grünfrey zerstört und ich verschwunden war?
In meinen Gedanken tauchte das Bild seines entschlossen wirkenden Gesichtes auf. Die blauen Augen mit diesem Funkeln, wenn eine Geschichte nicht so endete, wie er es sich wünschte. Würde er es sich in den Kopf setzen, mich zu suchen? Fest presste ich die Lippen aufeinander und kämpfte gegen das wehmütige Lächeln an, das dieser Gedanke in mir auslöste.
Die Männer einigten sich auf einen Preis und beendeten damit das Warten. Ihren Gesprächen entnahm ich, dass mit mir einige Mädchen und Kinder in die Eisendynastie verkauft wurden.
Gewimmer ertönte, vermischte sich mit dem Knarren eines Holzwagens und dem Schnauben einiger Pferde. Jemand zerrte an meinem Seil und wickelte es mir um den Bauch. Das gab mir ein bisschen Bewegungsfreiheit zurück und ich konnte meine Hände heben. Ich wischte sie an meinem Hemd ab, auch wenn mein Erbrochenes mittlerweile getrocknet war. Zwei Personen packten mich und trugen mich einige Schritte, bevor sie mich wieder ablegten. Unter mir befand sich Holz, das kurz danach monoton zu schaukeln begann.
Ein Wagen brachte mich offenbar aus dem Schwarzen Markt fort. Den Geräuschen nach zu urteilen überquerten wir den Fluss und befuhren eine befestigte Straße. Ein paar Mal wurde der Wagen angehalten, damit die menschliche Ware ihre Notdurft am Wegrand verrichten konnte oder etwas zu essen oder zu trinken bekam. Trotzdem stank es auf dem Wagen schnell nach Urin und Erbrochenem. Auch ich konnte es einmal nicht mehr halten. Scham und Angst trieben mir Tränen in die Augen. Unter dem Tuch konnte immerhin niemand sehen, dass ich weinte. Ich hasste die Männer, die mich gefangen hatten. Meine Augen, weil sie mich in diese Lage gebracht hatten. Aber am allermeisten hasste ich es, so hilflos zu sein.
Irgendwann schlief ich ein, erwachte aber kurz danach wieder, als ich ausgeladen wurde. Arme zerrten mich hoch und warfen mich in den Staub. Ich hustete, vor Müdigkeit brannten meine Augen unter dem modrigen Tuch und ich wand mich in meinen Fesseln. Neun Jahre hatte ich in der Angst gelebt, gefangen zu werden. Neun weitere Jahre verbrachte ich in einem friedlichen Dorf. Doch mein Schicksal hatte mich eingeholt.
»Pass auf, du Vollidiot! Die ist für den Königshof.«
»Die wird schon nicht zerbrechen«, antwortete ein Mann und zerrte mich auf die Füße. Er wickelte das Seil von meinem Bauch und meine Handgelenke brannten, als sich meine Fesseln bewegten. Der Zug ließ nach und ich versuchte mich loszureißen. Als Antwort erntete ich nur eine kräftige Ohrfeige und fiel zurück in den Dreck. Der Schlag brannte auf meiner Wange und hallte in mir wider. Doch er war nicht mit dem Schmerz in meiner Brust zu vergleichen. Jemand schulterte mich und trug mich von den Geräuschen davon. Als mir endlich die Augenbinde abgenommen wurde, blendete mich die Sonne. Doch ich war nicht im Freien. Die Strahlen fielen durch ein gläsernes Dach und spiegelten sich auf einer kreisrunden Wasseroberfläche. Die Badewanne befand sich in der Mitte eines Waschraums, in den ich gebracht worden war. Selbst diese Wanne war größer als alle bisherigen Bäder, die ich zu Gesicht bekommen hatte.
»Wasch dich«, sagte der Mann, der mich anscheinend hergetragen hatte. Er war der erste Eisenmann, den ich sah, doch hatte er nichts mit den kalten Männern gemein, die ich aus meiner Fantasie kannte. Er wirkte wie ein herkömmlicher Bandit, hatte grau meliertes Haar und einen langen schwarzen Bart. Ein bisschen erinnerte er mich an Kork. Mein Herz krampfte sich zusammen, doch ich rührte mich nicht.
Der Mann riss mir das zerlumpte Hemd auf. »Wasch dich!«, sagte er wieder. Diesmal wütend.
Mit gebleckten Zähnen hielt ich den Stoff vor meiner Brust zusammen und spuckte ihm als Antwort vor die Füße. Ich würde keinem Eisenmann gehorchen.
Der Mann schlug mir mit der Faust ins Gesicht. Meine Lippe platzte auf und ich kippte nach hinten. Sterne blitzten auf und tanzten vor meinen Augen. Ich war erschöpft, doch mein Körper begann zu prickeln und meine Wunde zu heilen.
»Was zur Hölle tust du da?«, rief eine weibliche Stimme. Eine breitschultrige Frau kam zu uns geeilt und half mir auf. Von ihrer Statur her sah sie dem Mann zum Verwechseln ähnlich. »Verschwinde!«, zischte sie und bedeckte meine Blöße.
Der Mann verließ das Badehaus und ich versuchte, mich aus dem Griff der Frau zu befreien. Doch sie hielt mein Hemd fest und packte mich am Oberarm. Der Schmerz trieb einen erstickten Schrei über meine Lippen.
Die Frau lockerte ihre Umklammerung und sah mir in die Augen. »Armes Ding«, sagte sie. »Aber für dich kriegen wir viel Geld.«
Mit schnellen Schritten zog sie mich zu der Wanne, die gefüllt war mit dampfendem Wasser. Nachdem sie mich meiner Kleidung entledigt hatte, drückte sie mich hinein – sie ließ mich dabei nicht einen Moment lang los. Grob wusch sie mir das Haar und zerrte mich anschließend wieder aus dem Wasser. Dann schrubbte sie meinen Körper ab und übergoss mich zum Schluss mit kaltem Wasser aus einem Trog. Der Schaum wanderte an mir hinab und bildete einen Kranz um meine Füße. Sie trocknete mich ab, zog mich durch den Raum und warf mir ein sauberes goldenes Kleid mit langen Ärmeln über.
Als sie mit mir fertig war, grinste sie. »Ich wäre an deiner Stelle wohl genauso stur.«
Vom Badehaus aus war es nur noch ein kleines Stück, das ich mit Augenbinde in einer Kutsche verbrachte. Dieses Mal war ich die einzige menschliche Ware, lag nicht zusammengekauert auf einer Ladefläche, sondern saß im Innenraum der Kutsche.
Gedämpft drangen die Stimmen der Diener zu mir.
»Seine Majestät war außer sich, als die Goldmagier ohne sie heimgekehrt sind.«
»Und dann noch mit diesen Verlusten.«
Kurzes Schweigen erfüllte die Luft und die Erinnerungen an den Überfall drängten sich in den Vordergrund. Trotzdem überschlugen sich die Neuigkeiten in meinen Gedanken – es hatte Verluste gegeben? Was war passiert, nachdem ich ins Wasser gestürzt war? Ich verschränkte die Finger ineinander, doch das Zittern ließ sich nicht unterdrücken.
»Er will sie sofort sehen«, raunte einer. »Angeblich wartet er im Thronsaal.«
Beim Gedanken daran, dem Herrscher der Eisenmänner gegenüberzustehen, wurden meine Hände feucht. Fahrig rieb ich mir die Handflächen an meinem Kleid ab. Zwar waren meine Gelenke nun mit Metallketten festgebunden, doch blieb mir dafür genug Bewegungsfreiheit.
Die Diener führten mich weniger grob von der Kutsche zu einem Raum, in dem sie mir die Augenbinde abnahmen. Nach der langen Zeit unter dem Tuch stach das Licht in meinen Augen. Doch war es wesentlich angenehmer als zuvor im Badehaus. Ein Feuer brannte im Kamin, erhellte in gemütlichem Schein Bilder, die in schimmernden Rahmen über Bücherregalen hingen. Vor einer weiteren Tür am anderen Ende stand eine Wache in silbrig schwarzer Rüstung. Das Metall schimmerte im Feuerschein und erinnerte mich an die Männer, die Grünfrey überfallen hatten. Ein Stich durchfuhr meine Brust und ich wandte mich ab.
In der Mitte stand ein wuchtiger Sessel auf einem roten Teppich. Zögernd ging ich darauf zu. Die beschwerliche Reise hatte an meinen Kräften gezehrt und ich unterdrückte ein Gähnen. Doch bevor ich mich in dem Sessel niederlassen konnte, der mich magisch anzuziehen schien, wurde ich zur Audienz gerufen.
Meine Muskeln versteiften sich und meine Erschöpfung war wie weggeblasen. Stattdessen dröhnte mir der Herzschlag in den Ohren und alle Geräusche wirkten weit entfernt.
Die Wache trat zur Seite und öffnete die Tür. Durch sie führten mich die Diener von hinten in den Thronsaal. Einige Stufen führten nach oben zum König, ließen ihn dadurch noch größer und erhabener wirken. Sonnenstrahlen fielen hinter ihm durch große Fenster und zeichneten Streifen auf den marmornen Boden.
Erst vor dem Thron, am Fuß der Treppe, hielten die Diener an und zwangen mich gewaltsam auf die Knie. Ich wehrte mich gegen die Hände, die mich niederdrückten, doch mir blieb keine Wahl. Kniend legte ich den Kopf in den Nacken und sah zum König empor, dessen Silhouette sich vor den silbrigen Vorhängen abzeichnete.
»Sieh nur, Jaden, sie ist in deinem Alter. Ihre Ernte wird sicherlich ergiebig sein!« Er lehnte sich auf dem Thron vor, der unter ihm wie ein Spielzeug wirkte. Das Blut gefror mir bei seinem Anblick in den Adern. Zwar hatte ich mir den Herrscher der Eisenmänner kalt und grausam vorgestellt – aber niemals so gigantisch. Wie groß war er? Acht Fuß? Zehn Fuß? Er wirkte nicht wie ein Mensch.
Der Umhang um seine Schultern war beinahe so breit wie einer der Vorhänge hinter ihm.
Meine Schultern bebten vor Wut und Angst. Diese Stärke hatte er sich gewaltsam einverleibt. Mir wurde schwindelig, als ich begriff, dass das meine Zukunft war: Eine Ernte, in der sie mich als weitere Energiequelle für die Goldmagier nutzten, die sie für ihre pure Kraft oder herrschende Magie einsetzten. Der König zeigte mir zu deutlich, wie die Kraft einen Goldmagier veränderte. Wie sie seine Größe beeinflusste und seine Muskeln wachsen ließ.
Er war der lebende Beweis. Ein gigantisches Monster.
Der Prinz reichte im Stehen nur annähernd an die sitzende Größe des Königs heran. Seine Augen waren so dunkel, dass sie mich an Kohle erinnerten. Die schwarzen Haare fielen ihm wellig über die Ohren und glänzten gepflegt. Er zuckte mit den Schultern und würdigte mich nur eines kurzen, abschätzigen Blickes. »Und wenn schon«, antwortete er. Auch um seine Schultern lag ein Umhang, doch dieser war kürzer und an einer Rüstung befestigt. Der Stoff und seine Rüstung waren schwarz und silbern – die Farben der Eisendynastie.
»Das ist doch wundervoll!«, rief der König aus und klatschte in die Hände. »Sie ist so jung!«
»Kann ich gehen?«, fragte Jaden. Seine Schultern waren sichtbar angespannt und er schielte zur Tür. Offensichtlich missfiel es ihm, bei der Begrüßung der neuen Gefangenen des Königs dabei zu sein.
Der König schüttelte den Kopf und seufzte. »Ein bisschen mehr Begeisterung über unsere neueste Errungenschaft, mein Sohn.«
Auf Befehl seines Vaters wandte sich der Prinz mir zu und schenkte mir die Aufmerksamkeit, die der König für angemessen hielt. Er rümpfte die Nase, als sein Blick über meinen Körper glitt. Auf seine Stirn trat eine tiefe Falte.
»Die sehen doch alle gleich aus.«
Der König brummte zustimmend, wirkte aber verärgert über die Reaktion seines Sohnes. »Bring sie zu ihren Gemächern. Ich spreche mit dem Medi über alles Weitere.«
Der König erhob sich und sah aus wie ein lebender Berg. Sein Sohn reichte ihm lediglich bis zur Taille. Das war doch nicht möglich! Ich biss die Zähne zusammen, erschauderte aufgrund der Erscheinung des Königs. Wie sollte ich meinen Feind, dieses Monster einschätzen können? Wie sollte ich entkommen?
Jaden schritt die Stufen hinunter und trat neben mich. Er überragte mich um einige Zoll, was mir die Größe seines Vaters nur deutlicher vor Augen hielt. Schnaubend packte mich der Prinz am Kragen. Er sah mir in die Augen und grinste. »Und wie lautet dein merkwürdiger Name?«
Ich biss mir auf die Lippen und schluckte meinen Ärger hinunter. Auf meiner Zunge brannten alle möglichen Antworten, doch sosehr ich ihn beleidigen wollte, meine Kehle war wie zugeschnürt. Sie hatten mich gefangen. Ich saß fest und die Aussichtslosigkeit meiner Lage erdrückte mich fast.
»Traust du dich nicht, mit uns zu sprechen? Machst du dich vor Angst gleich nass?«
»Jaden!«, donnerte die Stimme des Königs. »Sei höflich.«
Der Blick des Prinzen wanderte ein weiteres Mal über mein Gesicht, musterte jeden Zoll. Er kommentierte seinen Eindruck von mir mit einem gehässigen Schnauben, ehe er mich losließ und an den Ketten mit sich zog. Wir verließen den Thronsaal, links und rechts von uns positionierten sich Wachen und begleiteten uns durch lange, pompöse Gänge. Kerzen in unzähligen silbernen Haltern erhellten die Wände, spiegelten sich auf dem glänzenden Boden wider, der nicht von den aufwendig verzierten Teppichen bedeckt war. Wir begegneten Patrouillen und Soldaten, die Kreuzungen oder Türen bewachten.
Der Prinz ging voraus. Sein Haar ringelte sich schwarz und wellig in seinem Nacken. Vereinzelte Schweißperlen glänzten auf seiner Haut. Der Schulterpanzer besaß einschüchternde Stacheln, die an Krallen erinnerten. Mit silbernen Schnallen war ein Umhang daran befestigt. Auf dem Stoff wand sich ein Drache aus silbrigen Fäden um eine Spirale. Ich stockte, stolperte durch den Zug meiner Ketten.
Er trug offen das Zeichen der Goldmagier, obwohl er in meinem Alter war. Hatte seine Verwandlung schon so früh begonnen? Anders als sein Vater stellte er seine Kraft nicht körperlich zur Schau. Aber das konnte täuschen. Was schlummerte in ihm?
Die Strapazen der letzten Tage lagen auf meinen Schultern, doch nun war eine Wut in mir entfacht, die stärker war als meine Müdigkeit.
»Ihr seid ein Goldmagier«, presste ich hervor, unterdrückte das Beben, das meinen Körper zu schütteln drohte.
»Es kann also reden.« Der Prinz lachte und drehte sich zu mir um. Sein Blick bohrte sich in meine Augen und ein überlegenes Grinsen umspielte seine Lippen. Wie ich diesen Kerl verabscheute!
»Und es ist schwer von Begriff«, fügte er hinzu. Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter auf das Wappen, das seinen Rücken zierte. »Ich bin der Anführer der Goldmagier.«
Ich schnappte nach Luft. Am liebsten hätte ich den Prinzen gepackt und ihm denselben Schmerz zugefügt wie seinesgleichen mir. Hatte er den Angriff auf Grünfrey befohlen? Bevor ich mich fassen konnte, schubsten mich die Wachen zu einer Tür.
»Hier«, sagte Jaden und öffnete sie. Links und rechts davon stand jeweils ein bewaffneter Soldat. Der breite Gang verlief noch viele Fuß weiter, bevor er sich in einer Biegung verlor. Mehrere Türen reihten sich aneinander. Und alle waren gesäumt von Wachen. Bewachten sie weitere Goldkinder?
Taumelnd stolperte ich auf die offene Tür zu und blieb neben Jaden stehen. Er sah mit einer Überheblichkeit auf mich herab, von der mir übel wurde. In meinen Augen brannten heiße Tränen. Ich beugte mich etwas zu ihm hinüber und wurde sofort von einer Wache an der Schulter gepackt. Meine Worte ließ ich mir aber nicht verbieten. »Ich bring dich um«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, bevor ich in das Zimmer gestoßen wurde.