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b) Verbotsirrtum (§ 17 StGB)

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Die Neigung deutscher Strafverfolgungsorgane, einen Verbotsirrtum als bedeutsam anzusehen, ist in aller Regel gering. Wird dieser nicht von vornherein als indiskutabel abgelehnt, wird dem Verteidiger spätestens im Rahmen der Vermeidbarkeit entgegengehalten, dass es sein Mandant schuldhaft versäumt habe, entsprechenden Rechtsrat einzuholen. Dieses Argument, hinter dem sich nicht zuletzt generalpräventive Erwägungen verbergen,[1] greift jedoch bei ausländischen Beschuldigten deutlich zu kurz. Normunkenntnis ist gerade bei Ausländern weit verbreitet. In hohem Maße plausibel wird dies, wenn man – in Deutschland weitestgehend unbekannte – Verbotsnormen anderer Staaten heranzieht. So ist beispielsweise die Ausübung der Prostitution in den meisten Bundesstaaten der USA immer noch unter Strafe gestellt; in einigen arabischen Ländern wird der Alkoholkonsum hart bestraft; per Anhalter fahren – sog. hitchhiking – ist in weiten Teilen Kanadas nicht erlaubt; gleiches gilt für das „Nacktbaden“, das in vielen Ländern Europas (immer noch) verboten ist;[2] noch weitergehenden Einschränkungen unterliegen schließlich (deutsche) Touristen in den Vereinigten Staaten, wo bereits das Umziehen in der Öffentlichkeit als Erregung öffentlichen Ärgernisses angesehen wird. Die Reihe dieser Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen; zugleich belegt sie, dass gerade „Ausländern“ Normunkenntnis alles andere als fremd ist. Obwohl die Erwartung einer reichen Kasuistik beim Blick in die Kommentarliteratur enttäuscht wird, sollte sich der Verteidiger nicht scheuen, mangelnde Normkenntnis geltend zu machen. Ein unvermeidbarer Verbotsirrtum wird insbesondere bei kurzer Aufenthaltsdauer nahe liegen.[3]

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Der Verbotsirrtum kann aus der (völligen) Unkenntnis einer bestehenden Norm resultieren. So billigte z.B. das LG Mannheim[4] einem Pakistani im Falle der unterlassenen Hilfeleistung einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu, da es im pakistanischen Recht an einem entsprechenden Straftatbestand fehle.

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Wesentlich häufiger wird jedoch der umgekehrte Fall gegeben sein, wonach der Ausländer an die Existenz eines im Heimatstaat geltenden Rechtfertigungsgrundes glaubt, dem die deutsche Rechtsordnung die Anerkennung verweigert – sog. „Erlaubnisirrtum“.

So steht z.B. nach türkischem Zivilrecht die Wahl der Ehewohnung ausschließlich dem Ehemann zu, so dass es – nach türkischem Recht – keine Freiheitsberaubung darstellt, wenn die Ehefrau gegen ihren Willen und unter Gewaltanwendung in die Wohnung des Ehemanns verbracht wird, um die von ihr verweigerte eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen. Dem folgend lehnte das AG Grevenbroich[5] die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.[6]

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Beruft sich der Mandant auf abweichende ausländische Rechtsvorschriften, sollte eine entsprechende Rechtsauskunft – z.B. beim Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht[7] – eingeholt werden; insoweit ist auch zu bedenken, dass abweichende Wertvorstellungen im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung erlangen können (vgl. Rn. 244).

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