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Kapitel 4 NOAH

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Ich kann es kaum erwarten!« AJ hüpfte voller Vorfreude über den Flur. »Endlich wieder Après-Ski und Party. Keine Eltern, die einem die Stimmung verhageln. Freiheit!« Es war inzwischen Tradition, dass sie alle am ersten Abend ins Santinos gingen.

»Wir führen dich heute gleich richtig ein«, entschied Sonny und knuffte dieser Elina gegen die Schulter. Noah wartete gespannt auf ihre Reaktion. Sonnys Art kam definitiv nicht bei jeder gut an. Doch die sportlich-tough wirkende junge Frau mit ockerfarbenem Hautton und vollen Lippen streckte dem Fußballer verspielt die Zunge raus.

»Und in was?«, wollte Elina von Sonny wissen.

»In die Regeln des Hauses!«

Elina zog eine Augenbraue hoch. »Es gibt Regeln?«

»Klar, um Spaßbremsen loszuwerden«, meinte Belle lächelnd. Noah sah Elina zusammenzucken, als hätte Belle etwas Angreifendes gesagt.

»Wer will schon Spaßbremsen dabeihaben?«, feixte Felix mit einem Zwinkern in Lysanders Richtung. Dieser schenkte ihm nur einen vernichtenden Blick. Noah würde seinen besten Freund ja in Schutz nehmen, aber das hatte Lysander gegen diesen Aufschneider nicht nötig.

»Niemand hier ist eine Spaßbremse«, entschied Nell kategorisch. Wie immer erstickte sie den aufkommenden Streit im Keim. »Los geht’s.«

Noah schmunzelte. Nell hatte mal wieder alles im Griff.

»Wohin?«, wollte Elina nun wissen. Sie warf Belle einen unsicheren Blick zu.

»Ins Santinos natürlich. Die Bar ist der einzige akzeptable Ort in diesem verschneiten kleinen Nest«, mischte Sonny sich ein und legte Elina einen Arm um die Schultern. Noah fielen da noch ein paar gemütliche Schlafzimmer im Ort ein, die durchaus mit der Bar mithalten konnten.

Sonny lehnte seinen Kopf seitlich an Elinas und beschrieb mit seiner zweiten Hand einen Bogen in der Luft, als würde er ihr den Ort wirklich zeigen. »Du wirst schon sehen: urig, es stinkt nach schalem Bier, überall Schnee auf dem Boden und Splitt, damit keiner ausrutscht, und alles aus abgewetztem Holz.«

»Genau nach meinem Geschmack!«, tönte Lysander und grinste Felix an. Dieser rollte nur mit den Augen und schlüpfte in seine eigenen Schuhe.

»Hey, Elina!«, rief es plötzlich hinter ihnen, als Belle schon die Haustür aufzog.

Die Neue fuhr herum wie alle anderen auch. Da stand Daniel. Was wollte der denn hier? Noah verabscheute Männer wie ihn zutiefst. Immerhin war er frischgebackener Vater, wenn die Gerüchte stimmten. Zum Glück würde niemand ihn brauchen, alle wussten schon, wie der Hase lief, kannten die Pisten und die Regeln, sie brauchten keinen Skilehrer mehr. Und so wie Noah seine eifrige Cousine kannte, würde Nell die Neue an die Hand nehmen, sodass nicht einmal Elina ihn brauchen würde.

Der schmierige Typ mit den nach hinten gegelten Haaren kam zu ihnen herüber und trat näher an Elina heran. »Ich dachte, ich führ dich mal rum. Inzwischen weiß ich, dass die anderen ja alle schon zwei- bis dreimal hier waren.«

Noah unterdrückte ein demonstratives Würgegeräusch. Ging es noch offensichtlicher? Erwartungsvoll sah er zu der Neuen und erwischte sie dabei, wie sie einen zögernden Blick in Belles Richtung warf. Wenn er sich nicht irrte, funkelte die Eiskönigin herablassend zurück. Der vernichtende Blick verschwand allerdings so schnell aus ihren Zügen, dass er sich nicht sicher war.

»Klar, warum nicht?«, lenkte Elina ein. Mit einem koketten Lächeln strich sie sich eine Strähne ihres hellbraunen welligen Haars hinter das Ohr und schenkte Daniel dann einen flirty Blick.

Noah starrte sie überrascht an. Wieso?

»Geht ihr schon vor, ich komme gleich nach«, trällerte Elina.

AJ zog eine enttäuschte Schnute. »Meinetwegen. Aber lass mich nicht so lange warten. Ich will dir doch das Sahneschnittchen zeigen.«

Noah fragte sich gerade, wen AJ damit meinen konnte, da setzte die Gruppe sich auch schon in Bewegung und machte sich auf den Weg ins Santinos, während Elina zurückblieb und Daniel entgegentrat.

»Ich habe mehr von ihr gehalten«, entfuhr es ihm leise.

»Ich auch«, gestand Lysander niedergeschlagen und sah Elina nach. Gemeinsam folgten sie den anderen. Noah dachte daran, wie sie vorhin im Zimmer gewesen war, diese zwei Seiten: mal richtig fies kratzbürstig und dann verspielt und beinahe unbedarft. Wieso nur ging sie auf so eine plumpe Einladung ein? Die Wege im Dorf waren zum Glück sehr kurz. Er war nicht hier, um über eine Frau nachzudenken, sicher nicht. Es dauerte nur wenige Minuten, bis Belle auch schon die Bartür vom Santinos aufzog und der warme Schein der Dorfbar, gepaart mit den wummernden Klängen von Cordula Grün jeden Gedanken an die Frau mit den vollen Lippen verdrängte.

Nell steuerte den großen Tisch in der Ecke an, der im letzten Jahr zu ihrem Stammplatz geworden war. »Wisst ihr schon, was ihr wollt?«, fragte Nell bereits beim Hinsetzen.

»Klar, ruf die Kellnerin!«, bekräftigte Felix sofort. Noah ließ seinen Blick schweifen, als er sich neben seine Cousine setzte. Kai und Sonny hatten noch nicht einmal einen Platz gefunden. Kai trat auf den nächstbesten freien Stuhl zu, den Sonny ihm total dreist vor der Nase wegschnappte.

»Sorry, Kumpel, das ist meiner.«

Noah schmunzelte über diesen offensichtlichen Kuppelversuch. Der Fußballer war ein verkappter Romantiker und vertrieb Kai so zu dem letzten noch freien Stuhl am Tisch … neben AJ. Als Kai das auch begriff, wandelte sich die empörte Wut in seinen Zügen zu regelrechter Dankbarkeit, ehe er sich neben die Frau setzte, die er ganz offensichtlich anhimmelte. So ein Träumer. Keine Frau der Welt verdiente so bedingungslose Hingabe, keine!

»Denkst du, Daniel will mit Elina schlafen?«, fragte Dina gerade Felix links von ihm.

»Würde mich nicht wundern, wenn er nichts anbrennen lässt«, schnaubte Noah.

»Ja, er. Ich wette mit dir, sie taucht gleich hier auf.« Lysander wirkte vollkommen überzeugt.

»Redet ihr schon wieder über Elina?«, mischte AJ sich genervt ein.

Noah schnaubte nur, wieso denn schon wieder? Doch Lysander ging auf sie ein. »Es wundert mich einfach, dass sie dageblieben ist.«

»Wieso?« AJ lehnte sich zurück, als würde sie einen Streit erwarten.

»Na, er will sie doch nur zu seinen Eroberungen hinzufügen. Dass so ’ne billige Anmache funktioniert, finde ich traurig. Und da ich eigentlich mehr von ihr halte, wette ich, dass sie bald hier auftaucht. So bald, dass sie nicht mit ihm geschlafen haben kann.«

AJ funkelte seinen besten Freund an. »Ihr seid solche Chauvinisten.«

»Wie bitte?« Lysander glaubte eindeutig nicht richtig zu hören, und ehrlich gesagt verstand Noah AJs Angriff auch nicht. »Ich habe gerade gesagt, ich halte mehr von ihr!«

»Was genau das Problem ist! Selbst wenn sie dageblieben wäre, um mit Daniel zu vögeln, was dann? Es ist doch verdammt noch mal ihre Sache. Ganz ehrlich, wäre sie ein Mann, würdet ihr sie feiern, dass sie, kaum angekommen, schon die Erste klarmacht. So ist sie natürlich ’ne Schlampe oder leicht zu haben oder was auch immer. Und du bildest dir auch noch ein, du würdest ihr großzügig einen Gefallen tun, weil du mehr von ihr hältst

Die anderen hatten ihre Gespräche inzwischen eingestellt. Jeder war von der hitzig starrenden AJ gebannt. Noah wusste nicht, ob er ihr zustimmen sollte oder doch anderer Meinung war. Allerdings musste er zugeben, dass er Casanova genannt wurde und nicht männliche Schlampe. Vielleicht hatte sie wirklich einen Punkt.

Nell durchbrach als Erste das aufgeladene Schweigen. »Jedenfalls hat Lysander recht.«

»Wie bitte?«, zischte AJ.

Nell nickte hinter sie in Richtung Tür. »Ich meine damit, dass sie bald hier auftaucht, nämlich jetzt. Das ist wirklich zu bald, um mit ihm geschlafen haben zu können.«

Noah schnaubte amüsiert auf. »Man kann verdammt schnell Sex haben.«

AJ verzog die Lippen. Ihr Blick strafte seine Worte ab, ehe sie Elina winkte, die sich im vollen Raum umsah. Elina hatte ihr langes gewelltes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, der hinter ihr wippte, als sie AJ zurückwinkte. Dann kam sie flink zu ihnen rüber. Ihre Bewegungen, mit denen sie sich durch den vollen Raum schlängelte, waren überraschend geschmeidig. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal eine Frau hatte subtil ihre Hüften schwingen sehen. Es gab viele, die es bewusst einsetzten, und noch mehr, die es nicht konnten. Elinas Hüftschwung dagegen war dezent und anmutig zugleich.

»Na, kennst du jetzt das Haus?«, fragte AJ und zwinkerte Elina zu. Noah schüttelte den Kopf und starrte auf den Tisch vor sich. Hatte er gerade ernsthaft der Neuen dabei zugesehen, wie sie schön gegangen war? Das musste daran liegen, dass sie ihm vorhin so über den Mund gefahren war. Herausforderungen hatte er noch nie widerstehen können.

»Gab ja nicht mehr viel zu sehen, was ich noch nicht kannte«, entgegnete sie. Was denn nun? War sie auf Daniel eingegangen oder nicht? Niemand glaubte ja wohl, dass der Typ sich wirklich dazu herabgelassen hatte, ihr das Haus zu zeigen.

»Stimmt.«

»Aber dass ihr mir verschwiegen habt, dass wir im Keller eine Sauna und einen Whirlpool haben, nehme ich euch übel. Das wären mal entscheidende Infos gewesen!« Neckend stupste sie AJ gegen die Schulter, die sofort einen Stuhl herangezogen hatte und ihn zwischen sich und Nell platzierte. Auf diese Weise saß sie immer noch neben Kai. Die beiden sollten zusehen, dass sie zusammenkamen, so viel sinnlose Zurückhaltung ging Noah auf die Nerven.

»Ach ja?«

»Klar! Ein Haus voller junger Erwachsener um die Zwanzig und so viel Gelegenheit … « Elina provozierte offensichtlich.

»Ich weiß nicht, was du meinst.« AJ grinste.

»Bitte!«, erklang es vom anderen Tischende. Dina stand mit entschlossener Miene auf. »Statt es nur anzudeuten, werde ich heute Abend tatsächlich noch in andere Sphären abheben. Also entschuldigt mich.« Damit griff sie nach ihrer Handtasche und stolzierte davon, direkt auf eine Gruppe Kerle am Tresen zu.

Noah schmunzelte. Auch wenn es kaum eine Frau gab, der er vertraute, Dina war ihm sympathisch. Sie spielte jedenfalls niemandem etwas vor.

Plötzlich prusteten AJ und Elina los, was die entstandene überraschte Stille effektiv beendete.

»Da habe ich wohl was verpasst«, meinte Elina schließlich.

»Nichts Wichtiges«, wehrte AJ ab.

»Wie du meinst. Jetzt musst du mir das Sahneschnittchen zeigen.«

Noah, der gerade von der Kellnerin sein Bier vor die Nase gestellt bekam, spitzte die Ohren.

AJ lehnte sich zu Elina hin und sah zielstrebig zur Bar. »Da vorn an der Theke. Sieht er nicht heiß aus?«

»Wer?«

»Na, der Typ im Hemd mit dem Kaschmirschal.«

»Dieser Schönling?« Elina sah überrascht zu AJ.

»Ich weiß. Aber mit ihm kann man wirklich Spaß haben.«

Elina runzelte die Stirn. »Puh, nee, der ist so gar nicht nach meinem Geschmack.«

»Echt nicht?«

»Blond, schlank, gut gekleidet, sportlich. Sorry, so gar nicht.«

Noah blickte an sich herab und musste zynisch lächeln. Sie hätte auch gerade einfach ihn beschreiben können. Spannend.

AJ blinzelte irritiert. »Verarschst du mich?«

»Nein, ehrlich. Ich dachte, du meinst den Barmann. Der sieht heiß aus«, bekräftigte Elina.

»Santino? Dein Ernst?«

»Heißt er so?«

»Ah, Elina weiß eben, was gut ist, dunkle Haare, verrucht, Tattoos und eher der Einzelgängertyp«, mischte Sonny sich ein, lehnte sich über den Tisch Elina entgegen und raunte dann mit tiefer Stimme: »Ich habe übrigens auch ein Tattoo. Wenn du magst, zeig ich es dir.«

Noah rollte mit den Augen. Die Mädels lachten und Elina schlug Sonny verspielt auf die Finger. Als sie endlich jeder ein Getränk hatten, stießen sie gemeinsam auf die kommenden drei Wochen an.

Noah nahm den ersten Schluck seines Weizens und hatte das Gefühl, dass diese Skifreizeit vollkommen anders werden würde als die letzten drei.

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