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Kapitel 2 – 21.12.–

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Isabelle freute sich überhaupt nicht. Die gesamte Zugfahrt von Stuttgart nach Lindau nörgelte sie mir die Ohren voll. Ich nahm mir vor, mich in der Bimmelbahn von Lindau ins Montafon bis nach Schruns weit weg von dieser Ziege zu setzen.

»… und überhaupt, was willst du hier? Du bist doch sonst nie auf Party aus«, schnaubte die Zimtzicke mir gegenüber. Isabelle war eines der schönsten Mädchen, das ich je gesehen hatte. Ihre blonden Haare fielen in Wellen über ihre Schultern und ihren Rücken, sie sahen aus wie fließendes Gold. Ihr Körper war schlank und wohlproportioniert. Ihre Beine waren verboten lang und ihr Hintern war der einzige, den ich kannte, der sogar in einem engen Kleid perfekt aussah. Dort wackelte nichts, und dennoch war er rund und weiblich. Ich seufzte innerlich jedes Mal sehnsüchtig auf, wenn ich sie musterte. Ach, und ihr Gesicht war schlicht engelsgleich. Sie war einfach perfekt … äußerlich.

»Hallo? Erde an Trotteline! Was willst du hier?«, fragte sie giftig. »Du versaust mir meinen ganzen Spaß.« Mürrisch verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust. »Dass ich dein Händchen halte und dir alles zeige, kannst du vergessen. Am besten, du redest gar nicht mit mir. Wenn die Jungs denken, wir kennen uns, kann ich gleich wieder einpacken. Keiner will mit einer Betrügerin befreundet sein.«

Okay, das war jetzt unfair. Ich war keine Betrügerin. Ich schlief nicht einmal mit vielen Kerlen, und niemals mit vergebenen. Außerdem war das ja wohl meine Sache. Und der Partymuffel, das war Vergangenheit. Dennoch, ich war verletzt … und wütend. Aus dem Fenster sehend zog ich meine Augenbrauen hoch und zickte zurück: »Prima. Dann rede am besten gar nicht mehr mit mir, ich werd’s genauso machen.«

Pah, perfekte Diva! Ich verkniff mir nur gerade so ein Siegesgrinsen. Diese blöde Schnepfe. Den restlichen Weg bis nach Schruns herrschte eisiges Schweigen zwischen uns.


Schnaufend stellte ich meinen Koffer zwischen meinen Beinen ab, wobei ich darauf achtete, dass der Schnee am oberen Rand meiner Socken nicht den Stoff des Koffers berührte. Schlimm genug, dass meine Füße pitschnass und eisig kalt waren.

Mein Rücken ächzte, als ich mich aufrichtete. Dieses alte Gepäckstück die fünfhundert Meter von der Mittelstation bis hier hinauf zum Haus Sarazena zu schleppen, ließ meine Rückenmuskeln immer noch brennen. Warum noch mal hatte ich mich nicht dazu durchringen können, Rivera um ihren Koffer mit Rollen zu bitten? Tja, mein Stolz bescherte mir jetzt mindestens drei verkantete Wirbel und höllische Rückenschmerzen. Wenn ich erst in meinem Zimmer war, würde ich dafür sorgen, dass alle Wirbel wieder richtig saßen. Das laute Knacken hatte schon häufig für seltsame Reaktionen gesorgt, und ich hatte wenig Lust, dass das mein erster Eindruck in dieser Gruppe sein würde.

Statt etwas gegen meinen zwickenden Rücken zu tun, ließ ich meinen Blick durch den urigen Raum schweifen. Es war nur der Flur mit einem großzügigen Treppenhaus, doch alles hier schrie nach Skihütte. Die Garderobe, die ein Hängegestell für Skischuhe beinhaltete, der Fliesenboden, der angenehm warm unter meinen Socken war, die Balken mitten im Raum und unter der Decke und natürlich der wundervolle Geruch nach Bergluft und Holz. Ich liebte diesen Ort jetzt schon.

Fünf junge Männer und Frauen standen hier im Halbkreis vor den beiden Skilehrern, alle etwa Anfang zwanzig, soweit ich das in der E-Mail, die ich von Isabells Mutter weitergeleitet bekommen hatte, richtig verstanden hatte. Die beiden vor uns mussten die erwähnte Betreuerin und der Skilehrer für die kommenden drei Wochen sein. Der Mann, Daniel, wenn die Mail stimmte, ließ gerade seinem Frust freien Lauf: »Ich weiß gar nicht, warum ich mir das hier antue. Drei Monate im Verleih sind besser, als hier drei Wochen Babysitter für euch zu spielen. Also reißt euch zusammen. Die Regeln sind klar: kein Alkohol, Musik nicht zu laut, um Mitternacht zu Hause sein. Ich schließe um eine Minute nach zwölf ab, wer dann nicht drin ist, hat Pech gehabt, und ich bin sicher, Herr Minnard setzt euch sofort in den nächsten Zug nach Hause. Morgen gehen wir gemeinsam auf die Piste und ich werde euch kategorisieren. Falls ihr alle fahren könnt, dürft ihr in kleineren Gruppen, mindestens zu dritt, die Pisten selbstständig unsicher machen. Sollte einer verloren gehen, werdet ihr alle dafür zur Rechenschaft gezogen, egal ob derjenige Teil eurer Gruppe war oder nicht. Ihr seid von heute an eine Einheit. Ihr esst, schlaft und fahrt zusammen Ski.«

Dafür, dass der Typ eigentlich kaum älter wirkte als ich und ich bei einem Skilehrer irgendwie automatisch eine coole Socke erwartet hatte, war er ganz schön … bieder. Und überhaupt, was hatte er für ein Problem? Wir waren hier auf Freizeit und nicht in irgendeinem Trainingslager!

Die große Frau an seiner Seite mit den beiden geflochtenen Zöpfen und dem Dauergrinsen wirkte in ihrer sportlichen Skihose mehr nach meinem Geschmack, schwieg allerdings bei dieser Begrüßungsrede. Sie verlor nur ihr Lächeln.

»Dann kommen wir jetzt zur Zimmereinteilung. Es sind fünf Mädchen und fünf Jungs hier. Die Zimmer sind Dreierzimmer und ihr könnt selbst zählen, es wird also zwei Mädchen- und zwei Jungenzimmer geben. Denkt gar nicht erst daran zu mischen«, knurrte er.

Das würde er kaum verhindern können, wenn er nicht die ganze Nacht Wache hielt.

»Äh, Daniel? Könnte ich bitte in ein anderes Zimmer als Elina kommen?«, fragte Isabelle zuckersüß lächelnd. Na, danke.

Ein Raunen ging durch die Gruppe und alle Blicke schwenkten zu mir, manche auffälliger als andere.

»Und du bist?«

»Isabelle, aber man nennt mich Belle«, säuselte sie. Ich konnte mir ein Schnauben nicht verkneifen.

Daniel zog eine Augenbraue hoch, ehe er auf seine Notizen sah. »Ihr seid sowieso in zwei verschiedene Zimmer eingeteilt. Hättest du gewartet, bis ich die Einteilung vorgelesen habe, wäre deine Bitte unnötig gewesen.«

Das wiederum ließ mich doch noch mit ihm sympathisieren.

Schadenfroh blickte ich die blonde Zimtzicke an. Belles verschlagener Gesichtsausdruck überraschte mich allerdings. Sie nahm sich die Rüge kein bisschen zu Herzen. Dieses Biest hatte es nur darauf angelegt, mich vor der Gruppe zu demütigen!

»Also, Dina und Isabelle sind in Zimmer eins, Elina, Nell und Ann-Josefine in Zimmer vier. Noah und Kai in Zimmer drei und Felix, Alexander und Lysander in Zimmer zwei. Bezieht eure Betten, packt aus und macht euch fertig. Um sieben Uhr gibt es Abendessen, wie jeden Abend. Danach werden Alice und ich euch alles zeigen und erklären.« Kaum, dass er seine Predigt runtergerattert hatte, wandte er sich ab und marschierte mit dem Klemmbrett unterm Arm davon, Alice folgte ihm nach einem unsicheren Blick zu uns. Na, das konnte ja heiter werden.

Sofort setzten die Gespräche ein, während wir unser Gepäck nahmen und uns auf den Weg zu unseren Zimmern machten. Irgendwie verpasste ich den Moment, jemanden zu fragen, wo Zimmer vier lag. Isabelle und ein weiteres Mädchen waren bereits dabei, den Flur entlangzugehen und dort hinten nach links in ein Zimmer abzubiegen. Die anderen beiden Mädchen unterhielten sich angeregt mit zwei der Jungs. Da zu unterbrechen war irgendwie unangebracht.

Kurz entschlossen wuchtete ich meinen Koffer die Treppen hinauf. Wenn Zimmer eins hier im Erdgeschoss lag, wäre es doch logisch, dass Zimmer vier weiter oben zu finden war. Bevor ich vollkommen allein und hilflos auf diesem Flur stehen blieb, lief ich lieber ein paar Meter umsonst.

Im ersten Stock lag der identische Flur wie unten, nur anstelle der ausladenden Garderobe stand hier ein riesiger Weinkühlschrank. Sofort musste ich an reiche Pinkel denken, die hier abends am Kaminfeuer ihren Wein schlürften.

Schmunzelnd richtete ich mich zuerst nach rechts. Doch ich kam kaum zwei Schritte weit.

»Wo willst du denn hin?«, erklang eine amüsierte Stimme hinter mir.

Ich wirbelte herum und sah eines der Mädchen auf dem Treppenabsatz hinter mir stehen. Sie war eher klein und etwas stämmiger. Ihr rundes Gesicht wirkte unfassbar freundlich und hübsch.

»Ich suche mein Zimmer«, gestand ich.

»Sicher nicht auf dieser Etage. Das ist das Männerreich.« Sie deutete die Stufen hinauf. »Komm mit.«

Die hölzernen Stufen knarzten bei jedem ihrer Schritte eine Etage weiter hinauf ins Dachgeschoss. Mit beiden Händen umfasste ich den Griff meines schweren Koffers und folgte ihr. Der Duft nach altem Holz stieg mir erneut in die Nase. Sofort fühlte ich mich wohl.

Hinter uns kam ein weiteres Mädchen die Treppe hinauf. Sie trug statt eines Koffers zwei Taschen, einen Rucksack und ihr Handy an einer Wollkordel wie eine Schärpe über ihrer Brust. Das gesamte Set war schwarz-weiß gemustert und perfekt aufeinander abgestimmt, sogar die Handyhülle.

Das Mädchen vor mir meinte über ihre Schulter: »Ich bin Nell und das da ist AJ.«

Ich sah über meine eigene Schulter in ein lächelndes Gesicht. »Hi.«

»Hi, ich bin Elina.«

»Wissen wir«, entgegnete AJ schmunzelnd.

Klar, Isabelle hatte dafür gesorgt, dass das jetzt jeder hier wusste. Mürrisch stapfte ich weiter hinauf und schnaufte angestrengt. Nur noch vier Stufen, dann konnte ich dieses Mistding von Koffer endlich abstellen.

Oben mündete die Treppe in einen vergleichsweise kleinen Flur. Nell zog gerade ihre Skijacke aus und hängte sie an einen der drei schwarzen Haken, die links an der Wand in verspielten Schnörkeln angebracht waren. Dann drückte sie die Türklinke herunter und gab den Blick auf ein absolut cooles Zimmer frei. Vollkommen abgelenkt blieb ich, kaum angekommen, einfach auf dem Treppenabsatz stehen. AJ rannte prompt in mich hinein. Ich stolperte nach vorn und hörte gleichzeitig so einiges hinter mir die Treppe hinunterfallen.

»O Gott, entschuldige!« Ich wirbelte herum und eilte AJ hinterher, um ihre Taschen aufzusammeln. Sie selbst hatte sich wohl gerade noch so am Geländer festhalten können. Ihr erst sehr wütender Gesichtsausdruck wurde sofort sanfter.

»Schon gut. Ich bin ja in dich hineingelaufen. Wieso bist du stehen geblieben?«

»Ich war so abgelenkt von dem Zimmer.«

AJs Mundwinkel verzogen sich zu einem amüsierten Schmunzeln. »Kann ich verstehen. Das erste Mal, als ich es gesehen habe, kam ich auch aus dem Staunen nicht mehr heraus.«

Erleichtert lächelte ich sie an und reichte ihr ihre Taschen. Gemeinsam erklommen wir die letzten Stufen und betraten dann unser Zimmer.

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