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Präludium

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Henry Mancini. Der Nachrichtensprecher war sich ganz sicher, dass es Henry Mancini mit seinem Orchester war. Wenn der betagte Mitarbeiter aus dem Norden für die Mittagsmusik verantwortlich war, stand fast immer Mancini auf dem Programm. Nur falls er übermütiger Laune war, ertönte James Last im ganzen Land. Wenn seine Stimmung jedoch auf den Nullpunkt sank, gab es kein Pardon; klassische Musik bis zum Abwinken. Und sobald er Strawinsky auflegte, wussten alle: Es kamen schwere Zeiten. Dann schien es, als brächen die Mittagstische zusammen und alle Gespräche erstarben.

So hatte dieser Mann, der einen harten Dialekt sprach, die färöische Bevölkerung seit einem Menschenalter mit fester Hand gelenkt. Niemand konnte sich daran erinnern, dass es jemals anders gewesen war, und niemand rechnete damit, dass es sich je ändern würde. Die Mittagsmusik des Radiosenders war so gesetzmäßig wie das Wetter: Man konnte nichts daran ändern, sie lag außerhalb des menschlichen Einflusses.

Der Nachrichtensprecher saß am grünen Tisch und blätterte die Meldungen durch, die er gleich vorlesen sollte. Das Meiste waren Übersetzungen aus der dänischen Presseagentur, aber schließlich war die Redaktion unterbesetzt und es somit unmöglich, für jede Sendung originelle Nachrichten zu bekommen. Aber etwas Färöisches gab es doch. Ja, da. Ein Mann aus Eiði war 101 Jahr alt geworden und der Gemeinderat gab ein Fest. Das war doch eine gute Nachricht.

Der Werbeblock war länger als die Nachrichten, aber der Sender verdiente nun einmal gut damit, also durfte man sich nicht beschweren. Er stieß die Papiere zu einem ordentlichen Stapel mit schnurgeraden Kanten auf. Er hatte gern Ordnung in seinen Papieren und überhaupt um sich herum.

Er schaute auf das schwarze Mikrofon und die rote Lampe. Wenn die Lampe leuchtete, war er auf Sendung. Der Techniker auf der anderen Seite der großen Glasscheibe hob die Hand, bereit, sie fallen zu lassen, wenn die Uhr zwanzig Minuten nach zwölf zeigte. Die Leute regten sich ständig darüber auf, dass die Nachrichten nicht pünktlich begannen. Dieses Mal sollte es klappen.

Noch fünfzehn Sekunden, der Sprecher nahm einen Schluck Wasser, um seine Kehle zu säubern. Das Wasser hatte einen bitteren Geschmack und der Magen revoltierte, als es hinunterrann. Der Schmerz kam umgehend, sodass er sich über dem Tisch zusammenkrümmte und das Glas losließ, dessen Inhalt sich über die weißen Nachrichtenblätter ergoss.

Der Techniker schaute unverwandt auf die Uhr und sah nicht, was im Studio vor sich ging. Um Punkt zwanzig Minuten nach zwölf schaltete er das Mikrofon ein.

Der Sprecher hatte rasende Kopfschmerzen und ihm war speiübel. Er bekam keine Luft, stöhnte und keuchte, etwas erwürgte ihn.

Der Techniker und die färöische Bevölkerung hörten zunächst ein Röcheln und Stöhnen aus den Lautsprechern und dann das Geräusch eines Menschen, der sich übergibt.

Der Moderator lag über dem schmalen Tisch und umklammerte mit beiden Händen die gegenüberliegende Tischkante. Er war rot im Gesicht, und während sein Körper von Krämpfen geschüttelt wurde, öffnete und schloss er den Mund wie ein Fisch, der an Land geworfen worden war.

An einigen Mittagstischen blieben die Gabeln in der Luft stehen, aber nur für einen kurzen Moment, dann wurden die unappetitlichen Geräusche mit der Bemerkung beiseitegeschoben, dass er dieses Mal aber wirklich zu viel getrunken hätte. Jetzt war es allerhöchste Zeit, ihn zur Entziehungskur in die Klinik von Velbastaður zu schicken.

Als der Techniker ins Studio kam, lag der Körper des Nachrichtensprechers bewegungslos über dem Tisch. Nur die Arme, die herunterhingen, schaukelten leise hin und her. Und als der Techniker sich über das Gesicht mit den aufgerissenen Augen beugte, war ihm, als nehme er den Geruch von Mandeln wahr.

Option Färöer - Ein Färöer-Krimi

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