Читать книгу Teamermittlung - Jill Waldhofer - Страница 11
ОглавлениеKapitel 5: Brüche
Noch immer war nicht wirklich klar, was damals eigentlich der Grund für die ungeheuren Ereignisse war, in deren Mittelpunkt Bella stand. Sie war nicht nur einer Verleumdungskampagne in ihrem Job ausgesetzt, sondern wurde auch das Opfer eines Anschlags, der von ihrem früheren Partner Jost verübt worden war. Damals, das heißt vor nunmehr fast sechs Jahren, waren Bella und ihr damaliger engster Kollege bei der Steuerfahndung einem Korruptionsskandal in der Finanzverwaltung auf die Spur gekommen. Später hatten sich beide entzweit und Jost schien sich der „Gegenseite“ angeschlossen zu haben. Sie hatten versucht, der Spur des Geldes zu folgen und waren dabei der Aufdeckung der Machenschaften bedenklich nahegekommen. Zu ihrer Rettung hatten die Akteure Jost erfolgreich bestochen oder erpresst, dasselbe allerdings bei Bella allerdings gar nicht erst versucht.
Bella hatte damals keine Beweise für einen Seitenwechsel ihres beruflichen Partners und trotz ihrer Streitereien wollte sie auch nicht an einen derartigen Bruch glauben. Sie arbeitete seit vielen Jahren mit Jost zusammen, und ihre Partnerschaft war nicht nur sehr erfolgreich, sondern auch von gegenseitigem Respekt und Sympathie getragen. Vielleicht war sogar so etwas wie unerklärte Liebe im Spiel? Das wusste Cara nicht wirklich und Bella hatte sich nie dazu geäußert. Es war nur so ein Gefühl.
Bella hatte sich nachweislich nicht bestechen lassen; heute wusste man das. Aber damals wurde eine üble Kampagne gegen die unliebsame Kollegin gestartet. Gerüchte wurden verbreitet, dass mit dem Hauskauf der Erlingers seinerzeit nicht alles legal zugegangen sei. Ihr wurde vorgehalten, dass ihre Lebensführung nicht mit ihrem Gehalt übereinstimmen konnte. Das alles wurde nicht offen geäußert, sondern nur hinter vorgehaltener Hand weitergetratscht - ein Zustand, der jeden halbwegs sensiblen Menschen in die Verzweiflung treiben konnte und Bella langsam aber sicher in eine tiefe Depression versinken ließ. Dennoch versuchte sie, ihre Recherchen weiterzuführen und wähnte immer noch Jost an ihrer Seite. Sie hatte, obwohl sonst immer sehr feinfühlig, nicht verstanden, dass dieser ihre Bemühungen sabotierte, wo er konnte. Als sie endlich verstand, dass ihr Partner hinter den Verleumdungen stand und seine Gründe dafür hatte, reagierte sie, wie es ihre Art war.
Als beide allein in der Tiefgarage aufeinandertrafen, konfrontierte sie Jost mit ihrem Verdacht. Der dachte gar nicht daran, irgendetwas abzustreiten, sondern verhöhnte sie und alle anderen Rechtschaffenen, die überhaupt nicht begriffen, dass sie ihr Leben lang für wenig Geld im Öffentlichen Dienst schufteten, während gleichzeitig die Oberen ihre Schäfchen ins Trockene brachten, indem sie Geld in private Kanäle fließen ließen. Angewidert wischte er mit dem Zeigefinger über einen tiefen Kratzer auf der Kofferraumklappe ihres ältlichen Subaru, den die Bürsten der Waschanlage freigelegt hatte. So eine Kiste mussten die dummen Ehrlichen fahren. Bella reagierte auf ihre Art. Zornig und sarkastisch ließ sie sich nicht anmerken, wie verletzt sie von Josts Verrat war und drohte, ihn auffliegen zu lassen.
Jost, der Bella seit Jahren kannte, wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Bei aller Verzweiflung, trotz des Gefühls, in die Enge getrieben zu sein, würde sie nicht lockerlassen und ihn nicht ungeschoren davonkommen lassen.
Als er sich abwandte, um in sein Auto zu steigen, griff Bella ihn in ihrer Wut an. Sie schlug mit ihrer schweren Brieftasche auf ihn ein. Jost griff sich die Tasche mit einem brutalen Ruck und schubste sie beiseite. Er schloss die Tür seines Porsches, fuhr aus der Parklücke und steuerte in Richtung Ausgang der Tiefgarage. Bella sprang auf und stellte sich ihm in den Weg, damit rechnend, dass ihr Partner niemals in der Lage wäre, sie physisch anzugreifen. Doch diese Einschätzung war falsch. Jost gab Gas, Bella wurde hochgeschleudert und landete schwer verletzt auf dem Betonboden, ohnmächtig, mit mehreren gebrochenen Knochen und, was schwerer wog, mit gebrochenen Wertvorstellungen und Überzeugungen.
Jost fuhr ungeschoren davon.