Читать книгу Schauderwelsch - Jochen Stüsser-Simpson - Страница 28
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Lob der Beichte
Und einmal im Monat, das reichte
ging es im Beichtstuhl zur Beichte
qua Katechismus einstudiert
wurden die Sünden nummeriert
der Katalog war hinlänglich
erinnerlich und sachdienlich.
Punkt Sechs, der war in früheren Zeiten
– der Sex, die Unschamhaftigkeiten –
am schwierigsten zu präsentieren
und wohl dosiert zu balancieren
von Mal zu Mal zu variieren
niemand sprach gern vom Masturbieren.
Tuch vor dem Mund hinter dem Gitter
und sein Rasierwasser roch bitter
in unbeweglicher und starrer
Haltung im Beichtstuhl saß der Pfarrer
wenn wir vor ihm im Beichtstuhl knieten
erzählten, auch ins Stottern gerieten
oder ins Schwitzen bei den Witzen
zuerst kam irgendein Klein-Klein
der Schwerpunkt dann im nachhinein
war das Geständnis, gequält, gestählt:
„Ich habe schmutzige Witze erzählt!“
Im Beichtstuhl Schweigen, schauderhaft
der Frevel drückte uns nieder
als er Fassung und Worte wieder
gefunden hatte, der Pfarrer
das ist zu pauschal, so sprach er
welche denn, wollte er wissen
und die Witze, die wir gerissen
ob scharf, ob mittel, beschissen
die wurden nun wiedergegeben
anfänglich mit Widerstreben
doch zunehmend besser. Eben!
Beim Beichten die schmutzigen Witze
waren der Hit, an der Spitze
all unserer lässlichen Sünden
das waren Sünden, die zünden.
Wir sprachen uns ab und berieten
versuchten uns zu überbieten
in der Schule, im Fußballverein
kann auch im Schwimmbad gewesen sein
wir sammelten und erfanden
und wo wir uns gerade befanden
Witze wurden ausgebreitet
und die Beichte vorbereitet.
Die Beichte hat uns angesteckt
und die Erzählfreude geweckt.
Der Pfarrer hat fast nie gelacht
im Beichtstuhl dann den Job gemacht:
„Ego te absolvo a pecatis
tuis in nomine Patris
et Filii et Spiritus Sancti. Amen.“
Danach die Bußauflagen kamen
zehn „Vater unser“ hinterher
zu beten war denn nicht so schwer
auch „Gegrüßet seist Du, Maria“
trainierte gratia plena
hervorragend die Fertigkeit
verbaler Hochgeschwindigkeit.