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(1) Täterschaft und Teilnahme

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Hinsichtlich Täterschaft und Teilnahme gelten die allg. Regeln (§ 369 Abs. 2 i.V.m. §§ 25 ff. StGB; s. etwa § 370 Rn. 14 ff., 22 ff.).

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(a) Täterschaft, § 25 StGB: Unmittelbarer Täter ist, wer die Tat „selbst begeht“ (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB), also den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht (s. auch Rn. 41 ff.). Dies ist nach Ansicht der Rspr. anhand einer wertenden Beurteilung aller Umstände zu ermitteln, wobei als entscheidungsrelevante Umstände neben dem in der Literatur vertretenen Kriterium der Tatherrschaft auch der Wille zur Tatherrschaft, die Beteiligung am Tatgeschehen und das Interesse am Taterfolg in Betracht zu ziehen sind.[76]

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Bei gemeinsamer Tatausführung auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans (Mittäterschaft) können gem. § 25 Abs. 2 StGB objektive Tatbeiträge der beteiligten Mittäter wechselseitig zugerechnet werden; die subjektiven Voraussetzungen müssen dagegen durch jeden Mittäter selbst erfüllt werden.

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Der Täterkreis kann dabei aber je nach gesetzlicher Fassung der Steuerstraftat variieren. So ist die Steuerhinterziehung in der Handlungsvariante von § 370 Abs. 1 Nr. 1 kein Sonderdelikt, weshalb Täter nicht nur der Steuerschuldner sein kann, sondern auch andere Personen wie die Hilfspersonen des Steuerschuldners (Angestellte, gesetzliche Vertreter, steuerliche Berater etc.), wenn sie die Festsetzung, Erhebung oder Durchsetzung des Steueranspruchs nachteilig beeinträchtigen.[77] Alle diese Personen müssen gleichwohl die an (Mit-)Täterschaft zu setzenden allg. Anforderungen (Rn. 40) erfüllen.[78]

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Die Steuerhinterziehung in der Unterlassensvariante von § 370 Abs. 1 Nr. 2 ist dagegen durch ihre Bezugnahme auf die Verletzung steuerlicher Pflichten nach allgemeiner Meinung ein Sonderdelikt, wodurch nur diejenigen Täter sein können, die eine konkrete Steuererklärungspflicht trifft[79] (Details s. § 370 Rn. 104 ff.). Zu diesen Pflichten gehören etwa die Anzeigepflichten zur steuerlichen Erfassung gem. §§ 137 ff.,[80] aber auch die nachträglich entstehende Anzeige- und Berichtigungspflicht gem. § 153.[81] Eine eigene Steuererklärungspflicht als Verfügungsberechtigter i.S.v. § 35 soll auch der „steuernd(e) Hintermann“ haben, der im Rechtsverkehr „weisungsabhängige ‚Strohleute‚“ für sich auftreten lässt.[82]

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Ob darüber hinaus auch Garantenpflichten i.S.v. § 13 StGB erfasst sind, ist umstritten.[83] Besondere Relevanz hat die Frage für diejenigen Personen, die bislang nicht steuererklärungspflichtig sind wie beispielsweise der steuerliche Berater hinsichtlich nachträglicher Berichtigungen (§ 153).[84] Die Übertragung ist abzulehnen, da hierdurch die tatbestandlichen Beschränkungen der dem allgemeinen Strafrecht vorrangigen Steuerstrafnorm des § 370 Abs. 1 Nr. 2 (vgl. § 369 Abs. 2 Hs. 2) umgangen würden (Sperrwirkung des Steuerstrafrechts).[85]

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(b) Teilnahme, §§ 26, 27 StGB: Bei den Steuerstraftaten ist auch Teilnahme durch Anstiftung oder Beihilfe möglich (§ 369 Abs. 2 i.V.m. §§ 26, 27 StGB) (Details s. § 370 Rn. 23 ff.).[86]

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Anstifter einer Tat ist, wer einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat, bei diesem also den Tatentschluss zur Begehung eines Straftat erzeugt hat (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 26 StGB).

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Beihilfe leistet, wer einem anderen Hilfe leistet zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 27 StGB). Dies setzt voraus, dass die Herbeiführung des Taterfolges objektiv gefördert wird, ohne dass es erforderlich ist, dass die Beilhilfe für den konkreten Erfolg ursächlich geworden ist.[87] In subjektiver Hinsicht ist doppelter Gehilfenvorsatz hins. geförderter Tat und eigener Unterstützungshandlung erforderlich, wobei der Gehilfe keine Einzelheiten der Tat kennen muss, solange er „die Dimension der Tat erfassen kann“.[88]

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Dass auch berufstypisches „neutrales“ Verhalten, etwa durch Bankangestellte, strafbare Beilhilfe zur Steuerhinterziehung sein kann, ist spätestens durch die Leitentscheidung des BVerfG v. 23.3.1994 zu den Luxemburgverfahren „gerichtsbekannt“.[89] Obwohl als Nichtannahmebeschluss nicht mit rechtlicher Bindungswirkung ausgestattet,[90] war die Entscheidung des BVerfG in rechtstatsächlicher Hinsicht Initialzündung für umfangreiche Ermittlungen von StA und SteufA gegen deutsche Banken mit Tochtergesellschaften in Luxemburg. Daneben stellte das BVerfG in materiellrechtlicher Sicht und mit „faktischer“ Bindungswirkung[91] klar, dass auch das berufstypische „neutrale“ Verhalten eines Bankangestellten strafbare Beihilfehandlung zur Steuerhinterziehung des Kunden sein kann.[92]

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Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat dies aufgegriffen und die Grenzen strafloser Unterstützung durch berufstypische Handlungen wie folgt gesetzt. Hat der Unterstützende, etwa der Bankangestellte, das sichere Wissen (dolus directus 2. Grades), dass sein Tatbeitrag zur Begehung einer Straftat genutzt wird, ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung anzusehen, da er einen Akt der „Solidarisierung“ darstellt. Hat er hingegen keine sichere Kenntnis, hält er die deliktische Verwertung seines Beitrages also lediglich für möglich (dolus eventualis), so ist sein Tatbeitrag im Grundsatz nicht als Beihilfehandlung anzusehen, es sei denn, „das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung ‚die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein‘ ließ [93] (s. auch § 370 Rn. 25).

Steuerstrafrecht

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