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(1) Haupt- und Nebenstrafen

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Im Mittelpunkt der Strafzumessung bei Haupt- und Nebenstrafen steht die individuelle Schuld des Täters (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 46 Abs. 1 S. 1 StGB). Für die gerichtliche Strafzumessung im Steuerstrafrecht gelten die allg. Regeln (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 46 StGB) (s. etwa § 370 Rn. 352 ff.).[161] Besonderheiten ergeben sich zum Teil in der von der Rspr. des BGH geprägten Sanktionspraxis der (Steuer-)Strafgerichte (Rn. 106 ff.).

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(a) Strafzumessungsrelevante Umstände: Bezugspunkt der Strafzumessung ist häufig der Steuerschaden[162], den die höchstrichterliche Rspr. durch Grenzbeträge besser handhabbar zu machen versucht (s. sogleich Rn. 106 ff.).[163] Überschreitungen diese Grenzbeträge können sich strafschärfend auswirken, Unterschreitungen umgekehrt strafmildernd;[164] entscheidend ist aber stets die Gesamtwürdigung aller Umstände.

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Ein wichtiger strafmildernder Umstand i.S.v. § 46 Abs. 2 StGB ist die Wiedergutmachung durch Nachzahlung,[165] wobei unter Umständen auch schon das Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, ausreichend sein kann (vgl. § 46 Abs. 2 StGB am Ende).[166] Die Wiedergutmachung des Schadens hat auch Bedeutung für die Erreichung einer Bewährungsstrafe, soweit die Freiheitstrafe zwei Jahre nicht übersteigt (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 2 StGB).

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Die Anwendung des (zu einer fakultativen Strafmilderung oder einem Absehen von Strafe führenden) Täter-Opfer-Ausgleichs gem. § 46a Nr. 1 StGB auf Steuerdelikte wird von der Rspr.[167] abgelehnt: bei Steuerdelikten, die allein der „Sicherung des staatlichen Steueranspruchs“ dienten, komme ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer über den Ausgleich auch der immateriellen Folgen der Straftat nicht in Betracht.

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Umstritten ist dagegen die Anwendung der Schadenswiedergutmachung nach § 46a Nr. 2 StGB (i.V.m. § 369 Abs. 2),[168] die vom Täter neben der rechnerischen Kompensation einen Beitrag verlangt, der Ausdruck der „Übernahme von Verantwortung“ gegenüber dem Opfer ist.[169] Da bei Steuerdelikten in erster Linie die Allgemeinheit, also die Gemeinschaft der Steuerzahler, Opfer ist, wird sie nur in „ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen“[170] für anwendbar gehalten. Nicht ausreichend ist nach der Rspr. jedenfalls die Inaussichtstellung einer bloßen (lediglich) teilweisen Steuernachzahlung[171] oder das Bemühen, mithaftende (Gesamt-)Schuldner zur Zahlung zu veranlassen.[172]

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Die Verschärfungen der Anforderungen an einer wirksame Selbstanzeige gem. § 371 (Details s. dort) stellen zunehmend die Frage in den Mittelpunkt, ob und inwiefern einer missglückten Selbstanzeige, die etwa wegen Unvollständigkeit oder Nichteinhaltung von Fristen keine Rechtswirkungen entfaltet, eine strafmildernde Wirkung i.S.v. § 46 StGB beigemessen werden kann. Dies ist richtigerweise zu bejahen, soweit die Selbstanzeige von dem Willen des StPfl. getragen ist, vollständig zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren.[173]

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Der Rspr. des Großen Senats des BGH folgend kann sich auch eine (rechtsstaatswidrige) Verfahrensverzögerung[174] zu Gunsten des Täters auswirken, indem ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt erklärt wird (sog. Vollstreckungslösung).[175]

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(b) Sanktionspraxis: Im Steuerstrafrecht ist seit einigen Jahren eine verschärfte Sanktionspraxis zu beobachten.[176] Wegweisend war die Grundsatzentscheidung des damals für Steuerstrafsachen neu zuständig gewordenen 1. Strafsenats des BGH von 2008,[177] wonach bei einer Steuerhinterziehung in sechsstelliger Höhe die Verhängung einer Geldstrafe[178] und die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung bei einer Steuerhinterziehung in Millionenhöhe[179] nur noch bei Vorliegen „gewichtiger“ bzw. „besonders gewichtiger Milderungsgründe“ angebracht sei.[180]

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Weitere Diskussionen ergaben sich um die Wertgrenze einer Steuerhinterziehung großen Ausmaßes gem. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1. Nach der neuen Entscheidung des BGH v. 27.10.2015[181] soll eine solche schon bei jeder Steuerhinterziehung über 50 000 Euro vorliegen können und auch unabhängig davon, ob es nur um bloße Gefährdungen oder eingetretene Schäden geht.[182] Allerdings soll, so der BGH, dem Tatgericht im konkreten Fall „ausreichend Spielraum“ bleiben, „um den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen“,[183] die unter Umständen zu einer Entkräftung der Indizwirkung der überschrittenen Wertgrenze führen können (Details s. § 370 Rn. 309 ff.).

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Die Verschärfung der Sanktionspraxis hat nicht nur Wirkung für die „oberen Zehntausend“ mit Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe. Nach einer Entscheidung des BGH v. 26.11.2015 soll auch bei einem einkommens- und vermögenslosen Täter, der sich „durch die Tat bereichert“ hat „oder zu bereichern versucht“ hat, die kumulative Verhängung von Freiheitsstrafe und Geldstrafe möglich sein (§ 41 StGB).[184]

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In der Praxis haben sich für die Verhängung von Geldstrafen im Strafbefehlsverfahren (§ 400) und Geldbußen im Steuerordnungswidrigkeitenverfahren (§ 377 Abs. 2 i.V.m. § 17 OWiG) Kataloge von Strafrahmensätzen entwickelt (sog. Strafmaßtabellen), die nach den Bezirken der Oberfinanzdirektionen variieren.[185] Die mit der neuen Rspr. zur Strafzumessung bei Steuerstraftaten (Rn. 106 ff.) verbundene Hoffnung, dass den verwaltungsinternen Strafmaßtabellen ein Ende bereitet werde,[186] hat sich bislang nicht erfüllt. Auch die vom 1. Senat des BGH bei einer anderen Gelegenheit geäußerte Skepsis gegenüber einer „‚Mathematisierung‚ der Strafzumessung“ hat bislang noch keine Früchte im Steuerstrafrecht getragen.[187]

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Seit 2017 ist das Fahrverbot gem. § 44 StGB als Nebenstrafe ausgestaltet, deren Verhängung nicht mehr auf den Zusammenhang mit Delikten aus dem Straßenverkehr beschränkt ist.[188]

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