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Das Schicksal der Geschlechter
ОглавлениеDas nächste Zeitalter wird wieder andere Schicksale formen, und es drängt bereits vor. Es richtet sich auf eine quasi neue planetarische Ordnung aus. Die Klassifizierung Mann und Frau soll in einer neuen bizarren Weltordnung nicht mehr gelten. Hochgepriesen wird der globale Uniformismus. Alles will gleich sein. Es kommt zur Angleichung der Geschlechter. Zur Veränderung von Reproduktion und Fortpflanzung. Zur Forderung einer künstlichen Gebärmutter, um den Unterschied zwischen Mann und Frau auszulöschen. Zur Einebnung von Ethnien und Hierarchien. Zu einer schulischen Freigabe der beliebigen und nachhaltlosen Sexualität – jeder möge penetrieren, wen er, sie oder es will.
Es kommt zu einer Veränderung der Werte. Zu einer neuen Spiritualität. Zu einem elektronischen Exhibitionismus, jeder will sich der digitalen Welt zeigen. Zu einem überbordenden Narzissmus, einer Folge der frühkindlichen Anbetung und falsch verstandener Kindesliebe. Pädagogischen Widerspruch gibt es nicht mehr, Gewissenserforschungen werden abgeschafft, jedes Kind ist das beste und braucht keine Korrektur. Das arretiert sich, das bleibt bis zum Lebensende erhalten.
Helikoptereltern meinen, ihrem Kind die allerbeste Entwicklung auf der ganzen Welt angedeihen zu lassen, indem sie ihm jede nur erdenkliche Aufmerksamkeit sehenken, die eine Umlegung ihrer eigenen Selbstverliebtheit auf das Kind ist. Sie schütten es mit zu viel Aufmerksamkeit zu und verhindern so paradoxerweise dessen eigene Entwicklung und das soziale Abschleifen mit anderen. Das Kind hat gar keine Chance mehr, sich anders zu entfalten, als die Eltern das bis ins allerletzte Detail gewollt, geplant und gecheckt haben. Kontrolle ist alles.
Im Erwachsenenalter führt das zu ungebremstem Narzissmus. Das Kind, dann die Frau oder der Mann liebt sich so sehr und genau diese Egomanie wird dann wieder an die nächste Generation weitergegeben. Liebe zum Beispiel ist dann in diesem neuen Zeitalter … ich.
Der Mensch steht so mitten im Sog einer gewaltigen schicksalhaften Veränderung. Epigenetik und vor allem evolutionäre Entwicklungsbiologie stellen in diesem dynamischen kosmischen Biotop lang gesuchte Zusammenhänge zwischen Erbgut und Gestalt her, zwischen Genotyp und Phänotyp.
Sie erforschen Makro- und Mikroevolution, Großes wie Kleines, sie knacken ganz neue Codes. Sie zeigen, wie uns alle das Leben unserer Vorfahren, auch solcher, die wir gar nicht kannten, beeinflusst. Wie Umweltfaktoren unser Schicksal verändern und wir diesen Drall an unsere Kinder weitergeben. So zeigen sie letztendlich, dass nicht nur Zeitschicksal zum persönlichen Schicksal werden kann, sondern auch persönliches Schicksal zu Zeitschicksal.
Wir könnten uns wie Platon bei den Göttern bedanken, als Mensch, als Europäer und als Bürger unseres Landes geboren worden zu sein. Allerdings müssen wir nicht nur schicksalhaft dankbar sein. Wir können ja alles mitformen.
Den Grundgedanken des Philosophen Martin Heidegger vom schicksalhaften Geworfensein in das Leben konterkariert der neue Mensch, indem er nicht nur das physische und psychische Leben formen kann. Er formt auch die Zeit, in der er lebt, er dreht das Rad des Schicksals selbst, und das nicht nur zu seinem Vorteil. Der deutsche Philosoph und Anthropologe Max Scheler bezeichnete den Menschen als den großen Verschwörer, der täglich die uralte Verfassung der Natur aus den Angeln heben möchte.