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Erstes Kapitel

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»Ne, komm, das ist nicht dein Ernst!«

»Mensch, Mütze, das ist ein Notfall!«

Dieser denkwürdige Dialog war genau drei Tage alt, als Mütze und Karl-Dieter vor der Pension Zum ewigen Frieden vorfuhren. Mützes Laune hatte sich um keinen Deut verbessert. Was für ein Schwachsinn! Zwei kostbare Urlaubswochen dafür zu verschwenden, zwei entlaufene Bengel wieder einzufangen. Als knallharter Mordkommissar hatte er für solch eine Aktion nur ein schlappes Lächeln übrig.

»Sie sind nicht entlaufen, da muss etwas passiert sein!«

»Ich weiß schon, Tante Dörte …«

»Hat Tante Dörte mich jemals mit etwas belästigt? Wenn sie uns um Hilfe bittet, dann brennt’s.«

Die Pension Zum ewigen Frieden kam in keinem Buchungsportal vor und vermutlich hätte sich selbst das windigste aller Buchungsportale geweigert, dieses Etablissement zu listen. Man hätte die Hütte locker in ein Freilichtmuseum versetzen lassen können, in die Abteilung »Schlichte Beherbergungsbetriebe der ostdeutschen Nachkriegszeit«, wo sie die Leute zu Tränen rühren würde. Nicht die kleinste Veränderung bräuchte man vorzunehmen, die Pension befand sich noch im Originalzustand. Die Häkelgardinen vor den Fenstern waren, soweit nicht von Eumeln angefressen, in Würde ergraut, die Sukkulenten auf den Marmorfensterbrettern zu solchen Monstern angewachsen, dass es kaum mehr ein Sonnenstrahl in den Frühstücksraum mit seinen Resopaltischen schaffte, die niedrigen Zimmerdecken waren zu allem Überfluss mit ausgeblichenen Brettern vertäfelt. In der Ecke der Rezeption schaukelte eine klebrige Fliegenfalle, und über der Eingangstür hing noch das Reklameschild einer längst erloschenen Biermarke.

»VEB Adler-Brauerei«, grinste Mütze, »ein wilder Vogel, schau, wie er sein rotes Gefieder spreizt!«

»Denk daran, wir sind inkognito«, sagte Karl-Dieter, als er die Klingel drückte.

»Aye-Aye, Chef.«

Es bellte. Laut und hart, wie Hunde bellen, deren einzige Waffe ihre Stimme ist: »Rawau! Rawau!« Heftig fing eine heisere Frauenstimme an zu schimpfen, das Bellen verstummte schüchtern und ging in ein Winseln über, dann wurde die Tür geöffnet. Nicht nur die Pension, auch die Wirtin schien aus der Zeit gefallen. Ganz in Schwarz gekleidet, mit einem schleifenbesetzten Kapotthütchen auf dem grau melierten Haar, begrüßte sie ihre Gäste mit einem Gesicht, als ob ihr diese die Pest ins Haus trügen. Misstrauisch blinzelten ihre Augen unter den hängenden Lidern hervor, nur mit Mühe gelang es ihr, an der ausladenden Knubbelnase vorbeizuschielen.


Nachdem die Wirtin die Hausregeln heruntergeleiert hatte, händigte sie Karl-Dieter einen Holzanhänger aus, an dem die Schlüssel baumelten. Dick wie eine Billardkugel war das Ding, wohl, damit es kein Gast bei der Abreise versehentlich einsteckte.

»Punkt 22 Uhr herrscht Hausruhe«, brummte die Alte, »und keine Damenbesuche auf dem Zimmer!« Darauf zog sie sich schlurfend in ihre Privaträumlichkeiten zurück.

Max und Moritz - Was wirklich geschah

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