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Opferfotos
ОглавлениеBruno stellte um 8.15 Uhr das Radio in seinem Büro aus, denn er konnte es einfach nicht mehr hören. Egal ob im Fernsehen oder Radio, überall sprach man darüber. Auf der einen Seite wusste er nicht, wie er damit umgehen sollte und auf der anderen Seite hatte er Angst. Einfach Angst.
Wer der Eingeweihten hatte das nicht, in diesen Tagen.
Adem Aslan, Frank Dörig und Caspar Blattmann saßen zusammen auf einer Bank in einem Besprechungszimmer. Sie versuchten, sich darauf zu konzentrieren, den Fall so zu klären, ohne Angst davor zu haben, dass es sie selbst treffen konnte. Bruno verließ den Raum, um sich die letzten Informationen zu holen.
Das bisher einzige Indiz, dass es sich um ein Verbrechen handelte, war ein Zettel, der Bruno Bär in einem unscheinbaren Couvert an seine private Adresse gesendet worden war.
Es werden noch einige folgen , stand unter dem Namen des ersten Opfers. Die Untersuchungen an Couvert und Papier blieben ergebnislos. Auf dem Papier waren keine Spuren erkennbar und das Couvert enthielt nur gut sichtbare Abdrücke des Postboten sowie von seiner Frau Nina und Bruno Bär. Alle anderen Abdrücke waren verschmiert und undeutlich. Es gab keine weiteren Hinweise mit Ausnahme des Poststempels. Abgestempelt wurde der Brief in einem Vorort Zürichs, was den Täterkreis nicht wirklich eingrenzen konnte.
Ihr Kollege und Gruppenführer, Konrad von Gunten, war schon zwei Tage krank. Er lag mit Darmgrippe im Bett. Sicherlich hatte Konrad auch von den Vorkommnissen gehört. Frank wollte heute bei ihm vorbeigehen, doch das war nicht mehr nötig, da dieser plötzlich vor ihnen stand.
„Konrad? Hey was machst du denn hier?“, fragte Frank.
„Du solltest im Bett liegen“, machte sich Adem Sorgen.
„Ich fühle mich wieder gut, wirklich. Das könnt ihr mir glauben und der Arzt hat mir bestätigt, dass ich keine Anzeichen von einem komischen Virus habe. Einfach eine Magen-Darm-Geschichte“, meinte Konrad, der immer noch etwas glasige Augen hatte.
Seine Kollegen schauten ihn an. Adem legte den Kopf etwas schräg zur Seite, um zu untermauern und Konrad wortlos mitzuteilen, dass er es ihm nicht abnahm.
„Glaubt mir das doch bitte. Hier ist eine Bestätigung vom Arzt. Ich komme so spät, weil ich noch bei ihm war“, betonte Konrad nochmals und legte ein Blatt Papier auf den Tisch.
„Bruno, können wir das riskieren“, fragte Adem und sah Frank an, „der ist ja weiß wie ein Bettlaken.“
„Mir geht’s wirklich gut“, wiederholte Konrad.
„Na, gut Konrad. Aber sobald du dich nicht gut fühlst, gehst du wieder dahin, wo du hergekommen bist“, drohte Dörig mit ernster Stimme.
„Ja Papa, das werde ich machen“, meinte Konrad mit einem süffisanten Lächeln.
„Was gibt es Neues vom Virus? Haben sie endlich herausgefunden, worum was es sich handelt? Und wer ist verstorben? Ich habe es in den Nachrichten gehört“, fragte Konrad nach.
„Nein, nichts Neues. Es sind bisher vermutlich zwei oder jetzt sogar drei Polizisten daran erkrankt. Einer ist, wie du scheinbar schon weißt, gestorben“, klärte ihn Frank auf.
„Wer ist gestorben“, wollte Konrad wissen, da der Name noch nicht genannt wurde.
„Nick Singer“, sagte Caspar leise.
„Nick? Der Nick, der erst geheiratet hat und Papa geworden ist“, fragte Konrad weiter.
„Ja, genau der“, meinte Aslan nachdenklich.
Konrad nahm es äußerlich mit Fassung, aber ihm war nicht wohl. Nicht nur bei diesen Gedanken, auch seine Gesundheit war noch nicht ganz so gut, wie er es seinen Kollegen vormachte. Doch das wollte er seinen Kameraden nicht mitteilen. Er wollte mithelfen, das Virus zu stoppen und einen möglichen Täter zu fassen.
Bär kam wieder dazu, nickte Konrad grüßend zu und zeigte dem Team, zwei ausgedruckte Dokumente.
Er legte das erste Blatt Papier auf den Tisch. Es handelte sich um ein offizielles Papier, wie es in der Dienststelle gebräuchlich ist.
„Das sind die zurzeit infizierten Polizisten“, bemerkte Bär und übergab das Blatt Konrad.
„Nick Singer ist auch noch drauf. Den müssen wir leider von der Liste nehmen. Ich nehme an, ihr alle wisst es schon.
Seine Leute nickten zustimmend und ließen die Köpfe etwas hängen.
„Dieses Blatt Papier ist noch viel unangenehmer. Ich hatte gerade ein Telefongespräch mit eurem früheren Kollegen John Etter.“
Bär machte eine kurze Pause.
„Ich weiß, nicht jeder von euch ist gut auf ihn zu sprechen. Aber wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Er hat für uns schon einige Male die Kohlen aus dem Feuer geholt und es nie gegen uns verwendet. Für die Pressekommentare kann er nichts. Mehr gibt es zu ihm nicht zu sagen.“
Bär stoppte den aufkeimenden Redefluss seiner Leute noch einmal.
„Ein noch unbekannter Fahrradkurier hat heute Morgen ein Couvert mit diesem Inhalt bei ihm abgegeben.“
Bär legte ein Foto auf den Tisch.
Die umstehenden Polizisten erkannten ihren verstorbenen Kollegen sofort.
„Einige Fotos lagen einzeln in jenem Couvert. John hat sie fotografiert und mir übermittelt.“
Es war mucksmäuschenstill im Raum.
„Das Schlimmste kommt noch.“
Bär holte ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus dem Veston.
„Dieser Brief lag den Fotos bei. John ist zurzeit mit den Originalen unterwegs zu uns, damit wir die Unterlagen untersuchen lassen können. Hier sind das zweite und das dritte Foto, welche John mir übermittelt hat.“
Bär nahm sein Handy und zeigte das zweite und das dritte Foto herum, weil er davon noch keinen Ausdruck gemacht hatte.
Es handelte sich um die beiden Kollegen, die im Kantonsspital um ihr Leben rangen.