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Nachhilfe in Biologie

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Bruno ging mit seinem Team nach einer kurzen Kaffeepause um 9.10 Uhr zurück in den Besprechungsraum.

„Also gut Leute, wir müssen wissen, woher das Virus stammt“, meinte Bruno und schlug die Akte auf.

„Bisher sind folgende Kollegen von der Polizei erkrankt: Nick Singer, der leider verstorben ist. Max Stocker und Simon Koller“, zählte Bruno weiter auf und warf die Fotos der Kollegen auf den Tisch.

„Scheiße, ich hoffe, es werden nicht noch mehr“, bemerkte Adem.

„Der Zustand unserer Kollegen ist anscheinend sehr kritisch, wie mir unser Chef, der noch vor Ort ist, bestätigte. Wenn sich was ändern sollte, werde ich umgehend vom Krankenhaus angerufen“, fügte er noch an. „Die Witwe von Nick Singer wurde durch das Krankenhauspersonal bereits informiert.“

Seine Teammitglieder schauten sich wortlos an.

„John Etter hat in der Zwischenzeit die Unterlagen und das Couvert abgegeben. Seine Aussage wird gerade protokolliert. Er stößt danach zu uns. Hat jemand Einwände?“

Gerade wollte sich Adem zu Wort melden, als Bärs Handy klingelte. Er nahm es aus der Tasche und schaute drauf!

„Das Krankenhaus.“

Bär nahm das Handy ans Ohr und ging aus dem Raum.

Nach ein paar Minuten kam er wieder.

„Max Stocker kannst du ebenfalls von der Liste streichen. Er liegt im Sterben“, teilte Bär bedrückt mit und seine Kollegen schauten ihn an. Er wusste, dass die Wortwahl nicht angebracht war, aber er brachte keinen längeren Satz über die Lippen.

„Leute, es muss ein Zusammenhang bestehen zwischen den Infizierten. Es muss doch was geben“, wiederholte Konrad nach einer wortlosen längeren Pause in scharfem Ton.

„Ja, es gibt sicherlich Gemeinsamkeiten, aber die haben wir noch nicht gefunden“, gab Adem ihm Recht. Sie hatten bereits einige Akten an ihren Computern ohne Ergebnis durchforstet.

„Und: Ist es ansteckend? Woher kommt es? Wir wissen nichts“, antwortete Frank auf seine eigene Frage.

Bruno schaltete sich ins Gespräch ein: „Leute, ich weiß es ist schwer für jeden Einzelnen hier und unsere Nerven liegen blank. Aber wir müssen uns konzentrieren!“.

„Wir müssen das Umfeld dieser Kollegen überprüfen, frühere Fälle, die sie mit allen auf den Fotos gemeinsam abgearbeitet haben. Vielleicht finden wir etwas“, entgegnete Konrad.

Das Team schaute ihn an.

„Was ...?“, fragte Konrad.

„Du wirst hier bleiben ...“, befahl Bär.

„Genau, du bleibst hier und ruhst dich aus“, pflichtete Frank Bär bei.

„Und was soll ich eurer Meinung nach hier machen? Hier kann ich doch nicht helfen“, konterte Konrad.

„Und ob. Du hilfst uns, wenn du hierbleibst! Recherchiere weiter, an welchen Einsätzen die Kollegen auf den Fotos gemeinsam gearbeitet haben. Irgendwo muss doch ein Zusammenhang zu finden sein! Du bist zum Aktenstudium abgestellt.“

Konrad hob die Schultern. Gemeinsam mit diesen drei Kollegen war er sonst immer im Einsatz.

Bärs Blick ließ keine weitere Antwort zu.

„Na toll“, gab Konrad zurück und ging in die Umkleidekabine. Er wusste, dass seine Truppe es gut meinte und er wollte seinem Team keine Angst machen. Er wollte aber auch nicht sagen, dass er sich noch nicht hundert Prozent gut fühlte. Auch der Arzt meinte, er sollte es nicht gleich übertreiben.

Konrad setzte sich auf die Bank und ihm wurde kurz schwarz vor Augen, als Adem hereinkam.

„Konrad, ist mit dir wirklich alles in Ordnung?“, fragte ihn Adem.

„Ja doch, mir geht es gut“, antwortete dieser.

Adem setzte sich in gebührendem Abstand zu seinem Kollegen hin und versuchte ihm zu erklären, warum jeder besorgt war.

„Konrad, wir hatten alle Angst um dich. Dass du vielleicht auch schon infiziert bist!“

„Ja, gut, das weiß ich doch, aber das bin ich nun mal nicht und werde mitkommen. Der Arzt hat keine Erreger gefunden, ich war einfach erkältet, hatte was mit Magen-Darm, einfach eine kleine Grippe. Ich komme mit“, meinte Konrad.

Adem verdrehte die Augen. „Wenn das der Bär erfährt, bin ich einen Kopf kleiner!“

„Nicht nur du“, lächelte Konrad, der sonst die Gruppe anführte.

Adem und Konrad gingen zu Frank und Caspar, die im Flur warteten.

„Solltest du nicht recherchieren“, fragte Caspar nach.

„Ja, das ist eine Ausnahme und ich habe dem Innendienst schon durchgegeben, was sie zu tun haben“, mischte sich Adem ein.

„Na, gut, komm lasst uns gehen“, meinte Frank.

Kurze Zeit später kamen sie in der Tiefgarage an. Das Team stieg in den Wagen und fuhr in Richtung Krankenhaus.

Derweil suchte Bär verzweifelt nach Konrad.

„Hier 5/1, bitte kommen“, hörten sie Bär über den Funk.

„Ja, Bruno was gibt’s?“, fragte Adem.

„Ist Konrad bei euch?“

Adem ließ sich Zeit Bruno zu antworten und schaute erst Konrad an, dann Frank und Caspar.

„Warum?“, fragte Adem, damit er nicht lügen musste.

„Mann, er sollte doch hierbleiben, na warte, der wird was hören, wenn er auftaucht. Ich hatte einen Spezialauftrag für ihn. Er soll sich sofort bei mir melden, wenn ihr etwas von ihm hört! Verstanden?“

Das Gespräch wurde grußlos beendet.

„Danke Jungs“, bedankte Konrad sich.

„Das musst du später mit ihm klären“, meinte Adem.

„Werde ich machen. Danke, Adem, hier, als kleines Dankeschön noch ein letzter Schluck von meinem Tee. Den magst du doch so.“

Konrad reichte Adem den Becher, doch Adem schob die ausgestreckte Hand zurück.

„Ich möchte meinen Magen-Darm-Trakt nicht strapazieren.“

Konrad verstand und alle konzentrierten sich wieder auf ihre bevorstehende Aufgabe.

Im langen Flur der Polizeizentrale traf John Etter auf Bruno Bär.

„Bruno, alles okay mit dir? Scheinst etwas neben dir zu stehen“, fragte Etter.

„Ach, der Konrad, der macht was er will, das ist sein Problem. Der kann einfach nicht nur dasitzen und Bürodienst schieben“, meinte Bär und war weiterhin genervt.

„Du kennst ihn, so ist er eben“, sagte Etter und folgte Bär in sein Büro. „Er ist dein bester Mann, darum nervt es dich.“

„Setz dich!“, forderte Bär seinen Freund auf.

„Nun haben die Ärzte auch bei Max Stocker die Hoffnung verloren. Es nimmt kein Ende und wir haben noch nicht einmal einen Anfangsverdacht“, fuhr Bruno verzweifelt fort.

John drückte teilnahmsvoll den Arm von Bruno.

„Ich habe mir das Hirn zermartert auf dem Weg hierher, aber ich komme nicht drauf, wo ich eine Verbindung zu deinen Kollegen haben könnte. Die meisten waren damals nicht bei uns, als ich noch bei der Truppe war. Vielleicht ist es Zufall, aber du weißt, das mit den Zufällen ist bei mir so eine Sache. Ich will immer wissen, was läuft. Dass du und ich gemeinsame Gegner haben könnten, ist ja klar. Aber ich sehe keinen, der für eine solche Aktion in Frage käme. Wenigstens keinen, der zurzeit nicht im Gefängnis sitzt.“

„Und doch muss da etwas sein. Sonst hättest du diesen Brief nie erhalten. Wir werden es herausfinden. Die Ärzte suchen noch immer nach dem Virenstamm und ich weiß nicht einmal den Unterschied zwischen einem Virus und einer Bakterie.“

„Da kann ich dir helfen. Du erinnerst dich an meinen Fall in Österreich?“ *

„Ja, klar, die verschwundene Frau, nun Partnerin von Andreas Bircher, deinem alten Kollegen aus Zürich.“

„Genau. Damals hatte der Mann dieser verschwundenen Frau irgendeinen Deal mit Genmanipulations-Kits durchführen wollen. Schlussendlich ging es nur um einen gut aufgezogenen Bankbetrug, aber diese Gen-Dinger gibt es wirklich. Ich habe mich damals etwas ausführlicher damit auseinandergesetzt. Ich glaube, dass in diesem Bereich noch einiges auf uns - und damit meine ich nicht nur die Polizei und mich - zukommen wird.“

„Oh mein Gott, ich kann dir zwar folgen, aber eigentlich wehrt sich alles in mir dagegen und immer noch weiß ich fast nichts über dieses Gebiet“, seufzte Bruno Bär.

* John Etter: Lottosechser

„Es ist als Hilfe vielleicht nur ein Strohhalm. Aber dies war das einzige Mal, dass ich mit so etwas zu tun hatte. Nun, damit du einigermaßen weißt, worum es bei Bakterien und Viren geht, eine Einführung speziell für dich“, lächelte John, auch wenn die derzeitige Situation den beiden Freunden das Lachen vermieste.

„Bakterien sind eigentliche Einzeller, haben einen Stoffwechsel und können sich selbst reproduzieren, also fortpflanzen. Viren dagegen bestehen nur aus einer Eiweißhülle, in der sie ihre Erbsubstanz aufbewahren. Klar?“

Bruno nickte. „Doch, zwei Sätze kann ich mir merken.“

„Bakterien können bis zu hundert Mal größer sein als Viren und Bakterien vermehren sich durch Zellteilung. Viren besitzen keinen Stoffwechsel und können sich daher nicht selbst vermehren. Sie benötigen eine lebende Zelle – zum Beispiel ein Bakterium – als Wirt, in die sie ihre Erbsubstanz einbauen. Der Wirt sorgt dann für die Reproduktion des Virus. Bist du noch dabei?“

Bruno nickte wieder. „Ist interessanter als befürchtet. Lehrer wäre auch noch ein Job für dich.“

„Gott bewahre“, antwortete John, zückte sein Handy, suchte kurz und las vor.

„Gegen Bakterien verwendet man Antibiotika, welche die Zellwand zerstören oder die Vermehrung hemmen. Nicht alle Bakterien machen krank. Gute Bakterien befinden sich zum Beispiel in unserem Darm. Schlechte Bakterien verursachen Krankheiten wie die Pest, Typhus oder Cholera. Viren verursachen Mumps, Masern, Grippe und das gegenwärtig wieder in Afrika wütende Ebola. Gegen Viren werden spezielle Medikamente – sogenannte Virostatika – eingesetzt, die das Eindringen des Virus in eine Wirtszelle verhindern oder das Erbgut des Virus zerstören. Gegen Bakterien und Viren helfen manchmal auch Impfstoffe.“

John schaute Bruno an und dieser schaute immer noch interessiert. John las weiter:

„Der wesentliche Unterschied ist der Bauplan. Viren und Bakterien unterscheiden sich also in Ihrer Anatomie. Wie gesagt, Bakterien besitzen zum Beispiel eine richtige Zellwand sowie eine Innenstruktur“, ergänzte John.

„Innerhalb dieser Wand liegt das Zytoplasma, die Ribosomen und der Erbgut-Faden des Bakteriums. Das Zytoplasma ist die Grundstruktur der Zelle, in ihm laufen Stoffwechselvorgänge ab. Die Ribosomen helfen bei der Eiweißsynthese und bei der Vermehrung des Bakteriums. Zusätzlich tragen viele Bakterien eine oder mehrere Geißeln, die zur Fortbewegung dienen. Manche Arten besitzen sogenannte Pili, die bei der Anheftung an andere Bakterien, Oberflächen oder Zellen helfen.“

John unterbrach kurz und schaute auf Bruno, der mit einer Handbewegung anzeigte, dass John weiterlesen konnte.

„Viren sind einfacher aufgebaut. Sie bestehen meistens nur aus ihrem Erbgut, das in einer Hülle aus Proteinen, dem Capsid, eingeschlossen ist. Viren können sich nicht selbstständig vermehren und da sie kein Zytoplasma und keine Ribosomen besitzen, können sie weder ihr Erbgut selbst kopieren, noch ihre Hülle selbst herstellen. Viren befallen daher fremde Zellen, die sogenannten Wirtszellen, in die sie ihre eigene Erbinformation einschleusen. Die Erbinformation des Virus programmiert das Erbgut der Wirtszelle um, sodass sie viele weitere Viren produziert. Die neuen Viren verlassen die Wirtszelle entweder durch Exocytose, so nennt man das Ausschleusen aus der Zelle, durch Knospung oder durch Lysierung. Bei der Knospung werden Viren mit Teilen der Zelle abgeschnürt, bei der Lyse wird die Membran der Wirtszelle aufgelöst. Das war’s von meiner und Googles Seite“, beendete John.

„Also irgendwie kommt es mir jetzt so vor, als wäre ein Virus ein Genmanipulator. Aber was weiß ich schon“, fügte Bär jetzt an.

„Ja, weiter. Ist interessant. Was muss ich sonst noch über Viren und Bakterien wissen?“

„Da habe ich noch etwas Ergänzendes“, meinte John, der in der Zwischenzeit wieder auf dem Handy rumgedrückt hatte.

„Bakterien und Viren machen uns auf unterschiedliche Weise krank. Viren können bei ihrem Vermehrungsprozess zum Beispiel Zellen in unserem Körper zerstören. Oder die körpereigenen Abwehrzellen beseitigen die vom Virus befallene Zelle. Bakterien können beispielsweise durch ihre Stoffwechselprodukte krank machen. Diese sind zum Teil für den Menschen giftig. Antibiotika beeinflussen und greifen Strukturen der Bakterien, wie zum Beispiel die Zellwand, an und können so zum Absterben der Bakterien führen, weil die Zellwand von Bakterien anders aufgebaut ist als die Zellmembran der Körperzellen, greifen Antibiotika nur Bakterien an und keine Körperzellen. Manche Antibiotika töten die Bakterien gar nicht ab, sondern hindern sie nur an der Vermehrung. Allerdings sind Bakterien eigenständige Zellen, die sich auch auf andere Umweltbedingungen einstellen können. Daher können Bakterien auch Antibiotikaresistenzen entwickeln", merkte John an.

„Danke, danke, jetzt reicht’s. Ich muss ja nicht gleich den Doktortitel machen. Aber du hast mir geholfen, danke. Nun bleibt die Frage noch offen, was hat das von dir erwähnte Genmanipulations-Kit damit zu tun?“

„Das kann ich dir auch nicht genau sagen, tut mir leid. Aber so wie es aussieht, kann man Bakterien genmanipulieren, da sie diesen Gen-Strang besitzen und bei Viren weiß ich es nicht genau. Vielleicht kann man sie irgendwie kombinieren. Ich weiß es schlichtweg nicht. Vielleicht sollten wir uns mal darum kümmern. Hast du einen Spezialisten zur Hand?“

„Bestimmt, aber keinen, der es mir so erklärt wie du. Da weiß sogar ich, wie etwas funktioniert.“

„Danke für die Blumen, aber aus Wikipedia und Konsorten vorlesen ist nicht schwer“, antwortete John.

Bruno Bär stand auf.

„Lass uns ins Spital in Baar fahren, dort sind inzwischen die besten Leute eingetroffen. Ein ganzes Stockwerk wurde für die geräumt.“

„Okay, dann wissen wir vielleicht, um was es sich handelt. Woher es kommt vermutlich noch nicht.“

„Und vielleicht kann mich einer dieser Fachidioten gut auf das Vorbereiten, was auf uns zukommen könnte. Was meinst du, was ist los, wenn bei uns eine Seuche ausbricht?“

John sah jetzt auch besorgt aus.

„Wollen wir hoffen, dass die ganze Geschichte auf kleinem Feuer zu Ende gekocht werden kann.“

„Ja, John, das ist auch meine Hoffnung und die stirbt bekanntlich zuletzt.“

JOHN ETTER - Virus

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