Читать книгу Vier Jahre in der Stonewall Brigade - John Overton Casler - Страница 11

Kapitel 07: Von McDowell nach Harper's Ferry

Оглавление

Mein Vater hatte sein Heim verlassen, da er befürchtete, festgenommen und eingesperrt zu werden. Er hatte zuvor sechs Monate lang in der Miliz und unserer Armee gedient, bis wir unser Lager bei Swift Run Gap bezogen. Hier beschloss er, sich nach Richmond durchzuschlagen und sich einer Einheit der schweren Artillerie anzuschließen. Er hatte das wehrfähige Alter bereits überschritten und war dem Soldatenleben im Felde nicht mehr gewachsen. Ich versuchte ihn zu überzeugen, sich nicht zum Heeresdienste zu melden, denn falls beide von uns fallen sollten, wären meine Mutter und meine drei Schwestern ganz auf sich gestellt, doch er war nicht umzustimmen. Wir schlossen uns also unseren jeweiligen Einheiten an, aber als er Richmond erreichte, wurde seine Kompanie überraschend der Infanterie angegliedert. Er verweigerte den Dienst unter diesen Bedingungen und kehrte ins Shenandoah-Tal zurück. Als unsere Armee später Winchester besetzte, ging er nach Hause und blieb dort für die restliche Dauer des Krieges.

Das 10th Virginia Regiment war im Shenandoah-Tal aufgestellt worden, hatte jedoch seit der Schlacht von Manassas östlich der Berge in General Johnstons Armee gedient. Die Männer hatten sich schon lange bemüht, eine Verlegung ins Shenandoah-Tal zu Jacksons Kommando zu erwirken und schließlich bekamen sie ihren Willen. Das Regiment stieß bei Swift Run Gap zu uns und wurde der dritten Brigade unserer Division angegliedert. Wir machten uns einen Spaß daraus, sie zu necken und spotteten, sie hätten den ganzen Winter hindurch nichts anderes getan, als in ihren gemütlichen Quartieren herumzuliegen, zu fressen und zu schlafen. Wir behaupteten, sie würden ihren geliebten Jackson noch gründlich kennenlernen, der würde ihnen die Hammelbeine schon langziehen und von nun an müssten auch sie ihren Teil zur Sache beitragen. Tatsächlich hatten wir schon bald darauf ein Gefecht bei McDowell und die Neuankömmlinge wurden nicht geschont. Sie verloren viele Männer, darunter auch ihren Kommandeur Colonel S. B. Gibbons, einen tüchtigen Offizier. Das Regiment betrug sich tapfer und erwarb sich im Kriege einen guten Ruf.

Der Kommandeur unserer Brigade, General R. B. Garnett, wurde von General Jackson seines Kommandos enthoben, da er wohl in der Schlacht von Kernstown mangelnde Führungsqualitäten an den Tag gelegt hatte. Den genauen Grund konnte ich nicht in Erfahrung bringen, doch General C. S. Winder übernahm den Befehl über unsere Brigade. [Anm. d. Übers.: In der Schlacht von Kernstown befahl Garnett seiner Brigade den Rückzug, als deren Munition zur Neige ging und die Männer aus mehreren Richtungen zugleich unter Feuer gerieten. Garnett tat dies, ohne zuvor die ausdrückliche Erlaubnis von General Jackson eingeholt zu haben und so ließ dieser ihn wegen "Pflichtvergessenheit" seines Kommandos entheben und vor ein Kriegsgericht stellen. Angesichts des bevorstehenden Nord-Virginia-Feldzuges im August 1862 wurde das Verfahren ausgesetzt und Garnett erhielt ein neues Kommando.] Winder war ein alter Berufsoffizier und ein strenger Zuchtmeister. General Garnett kommandierte später eine Brigade in Picketts Division und wurde in der Schlacht von Gettysburg getötet.

Wir hatten bis dato über einen großen Wagentross verfügt, der unsere Kochutensilien, Gepäckkisten, Zelte und Decken transportierte, doch nun erhielten wir die Order, die Anzahl unserer Wagen beträchtlich zu reduzieren, mit weniger Kochgeschirr auszukommen und auch unsere Kisten und Zelte zurückzulassen. Jeder Mann hatte fortan seinen Tornister und seine Decken selbst zu tragen. Sollten diese Gegenstände künftig in einem Wagen vorgefunden werden, so lautete die Anweisung, sie ihrem Besitzer wegzunehmen und zu entsorgen. Unter diesen neuen Bestimmungen marschierten wir also den Shenandoah River hinauf durch den Regen und Matsch. Da jeder von uns über mehrere Decken und einen Mantel verfügte, hatten wir eine beträchtliche Last zu schleppen und manch eine Decke wurde einfach fortgeworfen. Diese Reduzierung war wahrscheinlich vom Hauptquartier angeordnet worden, aber sie wurde uns zu jenem Zeitpunkt mitgeteilt, als auch General Winder das Kommando übernahm und so glaubten wir damals, er stecke dahinter.

Der General hatte etwas Stutzerhaftes an sich, mochte bombastische Gesten und war ausgesprochen strikt. Die Jungs konnten ihn von Beginn an nicht ausstehen und erwärmten sich auch später nicht für ihn. Sooft er auf dem Marsche an der Brigade vorüberritt, riefen wir ihm nach: "Mehr Gepäck! Mehr Gepäck!" bis er es gründlich leid war. Er riss plötzlich sein Pferd herum und befahl dem Captain meiner Kompanie, die schuldigen Männer für ihr Verhalten in Arrest zu nehmen. Ich war einer der Schreihälse, aber die Ermittlung der Schuldigen glich der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen und so kamen wir ungeschoren davon.

Wir zogen weiter, überquerten die Blue Ridge Mountains im Osten bei Brown's Gap und setzten den Marsch fort, bis wir die Virginia Central-Bahnstrecke am Mechums River erreichten. Dort bestiegen wir einige Bahnwaggons und fuhren weiter nach Staunton.

Bevor wir Swift Run Gap verließen, traf General Ewells Division von General Joseph E. Johnstons Armee ein und bezog unsere Stellung, um von dort aus je nach Bedarf Jackson oder Johnston verstärken zu können und zugleich ein Auge auf den Feind im unteren Shenandoah-Tal zu haben. General Edward Johnson stand mit einer kleinen Streitmacht in Augusta County und wich aus westlicher Richtung vor General Milroy nach Staunton zurück. Als wir also Staunton erreichten, marschierten wir westwärts nach Buffalo Gap, vereinigten uns dort mit Johnsons Kommando und zogen vereint dem Feinde entgegen. Dieser wich nun seinerseits etwa 40 Kilometer zurück nach McDowell, wo er sich auf der Kuppe des Bull Pasture Mountain zum Kampf stellte.

Johnson befand sich knapp sechs Stunden vor Jackson, wartete jedoch nicht auf dessen Eintreffen und eröffnete die Schlacht alleine. Es wäre ihm beinahe übel ergangen, aber Jackson führte uns mit einem langen Gewaltmarsch rechtzeitig auf das Schlachtfeld und bis zum Einbruch der Dunkelheit hatten wir den Sieg errungen. Unsere Verluste waren gering, aber Johnson hatte viele Männer verloren und Milroy ebenfalls. Unsere Brigade bewältigte an jenem Tage knapp 58 Kilometer. Unsere Tornister schleppten wir 30 Kilometer weit mit, bevor wir die Order erhielten, sie auf einen Haufen zu werfen und im Eilmarsch weiterzumarschieren.

Die Unionssoldaten kannten General Johnson gut und während der Schlacht, als Johnson sich ein wenig abseits von seinen Männern befand, rief ein Unionssoldat deutlich hörbar: "Da ist der alte Johnson! Den packen wir in der Flanke!" Johnson hörte es und er drohte den Yankees mit seinem Gehstock und brüllte als Antwort: "Ja, ihr verdammten Kerle! Kommt nur her und versucht es!" Er hatte eine Verwundung am Fuße erlitten, weswegen er nur selten einen Säbel, aber stets einen dicken, knüppelartigen Gehstock aus Hickoryholz bei sich trug. Wir nannten ihn stets "Old Clubby", also den "Alten Knüppel" Johnson, um ihn von den anderen Johnsons zu unterscheiden.

Es war dies die einzige Schlacht, in der ich kämpfte und womöglich gar die einzige des gesamten Krieges, in der keine Artillerie zum Einsatze kam. Das Gelände war dermaßen unwirtlich und steil, dass keine der beiden Armeen ihre Geschütze in Stellung bringen oder auch nur ihre Ambulanzwagen heranführen konnte. [Anm. d. Übers.: Während es Johnson und Jackson in der Tat nicht gelang, ihre Artillerie in die Schlacht eingreifen zu lassen, konnten einige Unionsgeschütze unter beträchtlichen Mühen ein sporadisches Feuer auf die Konföderierten eröffnen. Insgesamt spielte die Artillerie bei McDowell allerdings keine nennenswerte Rolle.] Wir mussten unsere Verwundeten einen steilen, felsigen Hohlweg hinunter tragen und diese mühevolle Arbeit nahm nahezu die gesamte Nacht in Anspruch.

Der Feind zog sich etwa anderthalb Kilometer weit zurück und wir glaubten, dass er dort sein Nachtlager aufgeschlagen hatte, da wir sahen, wie etliche Lagerfeuer entfacht wurden. Am folgenden Morgen war er jedoch spurlos verschwunden. Die Yankees hatten sich in der Nacht davongestohlen und schweres Gepäck sowie zahlreiche Verwundete zurückgelassen. Wir brachen bereits früh am Morgen auf, aber wir holten sie erst nach 65 Kilometern bei Franklin in Pendleton County wieder ein. Dort hatten sie zwischenzeitlich Verstärkung erhalten und stellten sich erneut zum Kampfe.

Wir formierten uns in Gefechtslinie und lagen ihnen den ganzen Tag lang gegenüber, doch mit Ausnahme einiger kleinerer Schusswechsel wurde nicht gekämpft. Bei Einbruch der Dunkelheit zogen wir uns weit genug von ihnen zurück, um ein Lager aufschlagen zu können. In der Nacht kochten wir unsere Rationen und am folgenden Morgen machten wir uns auf den Rückweg. Wir marschierten in östliche Richtung bis kurz vor Staunton, wo wir nach Norden schwenkten, Stribling Springs, Mount Solon, Bridgewater und Dayton passierten und schließlich Harrisonburg erreichten, wo wir den Befehl erhielten, unsere Tornister im Gerichtsgebäude abzustellen. Nun wussten wir, dass uns Arbeit bevorstand, denn wenn General Jackson unsere Tornister beiseiteschaffen ließ, war er stets auf Streit aus.

Mir marschierten im Eiltempo das Tal hinab nach New Market, wo wir nach Osten schwenkten, den Massanutten Mountain überquerten und durch das Page Valley schließlich Front Royal erreichten.

Der Unionsgeneral Banks, dessen Vorräte wir so häufig erbeuteten, dass wir ihn spöttisch unseren "Quartiermeister" nannten, hatte bei Front Royal und Strasburg eine beträchtliche Streitmacht zusammengezogen, während wir durch General Ewells Division verstärkt worden waren. Unser Vorstoß überraschte den Feind bei beiden oben genannten Ortschaften und wir konnten uns zwischen seine beiden Truppenteile schieben. Die entbrennende Schlacht war eine Zeit lang ausgesprochen heftig, doch schließlich konnten wir den Yankees in den Rücken fallen. Wir machten viele Gefangene, erbeuteten Wagen und Geschütze und lösten beim Feind eine wilde Flucht aus. Die knapp 30 Kilometer lange Straße nach Winchester war mit zertrümmerten Wagen und Versorgungsgütern übersät. Wir folgten der fliehenden Armee die ganze Nacht hindurch. Ihre Nachhut nutzte die Dunkelheit, um mehrere Hinterhalte zu legen, aber wir konnten stets ihre Flanke umgehen und weiter vorwärts drängen. Meine Kompanie und Kompanie F marschierten an der Spitze und in den Hinterhalten wurden mehrere unserer Männer verwundet.

Als wir bei Tagesanbruch Winchester erreichten, fanden wir die Yankees erneut kampfbereit in den Befestigungen um die Stadt, also zogen wir einen Ring um sie und erstürmten ihre Stellungen. Meine Brigade nahm nicht an diesem Angriff teil, doch wir lagen gefechtsbereit an einem Abhang, wo wir von der feindlichen Artillerie unter heftigen Granatenbeschuss genommen wurden. Mehrere unserer Männer wurden getötet und verwundet. Die Louisiana Brigade aus Ewells Division erstürmte unter mörderischem Feuer ein Fort. Der Feind verteidigte es mit äußerster Verbissenheit, aber endlich musste er auf ganzer Linie weichen und um sein Leben rennen. Wir folgten ihm in nördliche Richtung und blieben ihm einige Kilometer weit auf den Fersen, bevor wir Halt machten. Unsere Kavallerie setzte die Verfolgung bis zum Einbruch der Dunkelheit fort.

Wir erbeuteten Unmengen von Versorgungsgütern, Munition und sonstigen Vorräten, die alle in den Warenhäusern von Winchester lagerten. Zudem machten wir, wenn ich mich recht entsinne, wohl um die 5.000 Gefangene. [Anm. d. Übers.: Aufgrund der rasch aufeinander folgenden Kämpfe sind keine offiziellen Verlustangaben für die individuellen Gefechte überliefert und entsprechende Zahlen auch nur schwer mit einiger Exaktheit zu schätzen. In der Schlacht von Winchester selbst gerieten wohl etwa 800 bis 900 Unionssoldaten in Gefangenschaft, dazu noch einige hundert Kranke und Verwundete, die in Winchester gepflegt wurden und ebenfalls den Konföderierten in die Hände fielen. In sämtlichen Kampfhandlungen zwischen dem 23. und 25. Mai wurden etwa 1.800 Unionssoldaten gefangen genommen.] Der Feind hatte einen Teil der Stadt in Brand gesteckt, um seine Vorräte zu vernichten, doch wir waren ihm so dicht auf den Fersen, dass wir die Flammen rasch löschen konnten und ihnen lediglich zwei oder drei Gebäude zum Opfer fielen. In einem dieser Häuser entdeckte ich die Leichen zweier Männer, die man an der Wand festgekettet hatte. Wir erfuhren niemals, um wen es sich bei den beiden Toten handelte und ob sie Rebellen, Einwohner der Stadt oder gar Unionssoldaten gewesen waren. Um die erbeuteten Warenlager herum wurden Wachtposten aufgestellt, was uns arg verdross, da wir gehofft hatten, uns die eine oder andere Annehmlichkeit aneignen zu können. Die Hauptstreitmacht des Feindes hatte sich in Harper's Ferry verkrochen und es war uns nicht möglich, sie zur Kapitulation zu zwingen oder zu vertreiben, solange sich der Höhenzug der Maryland Heights auf der anderen Seite des Potomac River nicht in unseren Händen befand.

Am Tage nach der Schlacht von Winchester marschierte unsere Brigade alleine in Richtung Harper's Ferry weiter. Als wir einige Kilometer vor unserem Ziele das Städtchen Charleston erreichten, trafen wir auf eine kleine feindliche Einheit, die unseren Vormarsch verzögern sollte. Wir formierten uns in Gefechtslinie und meine Kompanie wurde als Plänkler an unserer äußersten Linken ausgeschickt, um die Flanke zu decken. Vor uns zeigte sich kein einziger Feind und bereits nach einem oder zwei Geschossen aus unseren Kanonen traten die Yankees den Rückzug an.

Wir sammelten uns rasch, um unserer Brigade nachzueilen und als wir den Ortsrand erreichten, war sie bereits hindurchmarschiert. Zwei Reiter unserer Kavallerie kamen aus einer anderen Richtung herangaloppiert und verlangten von unserem Captain, mit seiner Kompanie auf die Straße nach Martinsburg umzuschwenken und dort einen Trupp feindlicher Kavallerie gefangen zu nehmen, der vom Rest der Armee abgeschnitten war, sich aber einfach nicht ergeben wollte. Der Captain erwiderte, er sei angewiesen, schnellstmöglich zu seiner Brigade zu stoßen und dürfe diesem Befehle nicht zuwiderhandeln. Hierauf entgegneten die Kavalleristen, wenn er ihnen nur zehn Männer mitgeben könne, wären sie bereits zufrieden. Unser Captain sagte, er werde keinen derartigen Befehl erteilen, aber sofern sich unter uns zehn Freiwillige fänden, so würde er diese nicht hindern. Die erforderlichen zehn Freiwilligen meldeten sich unverzüglich, darunter auch ich, und wir marschierten in freudiger Erregung eilig in Richtung Martinsburg davon.

Wir waren noch nicht weit gekommen, als wir die Yankeekavalleristen die Straße entlang galoppiert kommen sahen. Rasch sprangen wir hinter eine parallel zur Straße verlaufende Steinmauer, legten unsere Musketen auf sie an und riefen ihnen zu, stehenzubleiben und sich zu ergeben. Sie winkten sogleich mit einem weißen Taschentuche und wir nahmen den gesamten Trupp gefangen, ohne einen einzigen Schuss abzufeuern. Es waren zwölf Soldaten unter dem Kommando eines Captains. Sie gehörten einem Regiment aus New York an und waren sämtlich Deutsche. Wir brachten sie in die Stadt und übergaben sie einigen Wachtposten.

Kurz darauf erfuhren wir, dass eben jener Trupp am Morgen durch die Stadt gezogen war und jedes Fenster in Reichweite mit Säbeln zerschlagen hatte. Der tapfere Captain hatte einer Dame die flache Seite seines Säbels ins Gesicht geschlagen. Hätten wir dies bereits gewusst, als wir uns hinter der Mauer verbargen, so hätten wir niemals ihre Kapitulation gefordert, sondern sie schlicht an Ort und Stelle niedergeschossen und ihre Kadaver als Futter für die Bussarde zurückgelassen. Wir schlugen nahe Charlestown unser Lager auf und postierten Wachen bei der Fähre. Die Überreste von General Banks' Armee hatten sich dort und bei Williamsport, Maryland verkrochen.

Diese Kampfhandlungen werden gelegentlich als die "Schlacht von Front Royal" und die "Schlacht von Winchester" bezeichnet, aber eigentlich war die ganze Angelegenheit ein einziges, andauerndes Gefecht, das sich über 80 Kilometer von Front Royal bis Harper's Ferry hinzog. Mein Regiment nahm nicht an den schweren Kämpfen teil und unsere Verluste waren gering. Es war eine ausgesprochen einseitige Angelegenheit; General Jackson erwischte die Yankees von Anfang an auf dem falschen Fuße und gönnte ihnen keine Verschnaufpause.

Der Feind hatte zahlreiche Tote, Verwundete und Gefangene zu beklagen und musste uns zudem eine Unmenge an Kriegsgerät überlassen. Tatsächlich waren die Yankees als funktionsfähige Streitmacht nahezu ausgeschaltet; hunderte ihrer Soldaten waren von ihren Einheiten abgeschnitten und versteckten sich in den Wäldern und Bergen. Der 23. und 24. Mai waren die entscheidenden Tage gewesen.

Ursprünglich waren wir in puncto Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausgesprochen gut versorgt gewesen. Die übliche Armeeration bestand aus: 510 Gramm Mehl, 340 Gramm Speck oder 570 Gramm Rindfleisch, Kaffee, Reis, Bohnen, Zucker, Melasse und dergleichen mehr. Bald machten sich jedoch Transportschwierigkeiten und die Seeblockade bemerkbar und unsere Verpflegung schrumpfte auf Rationen von Fleisch und Brot zusammen, die gelegentlich durch kleine Mengen der anderen Nahrungsmittel ergänzt wurden. Sooft uns also große Bestände an Vorräten (wie jene von Banks in Winchester) in die Hände fielen, schmausten wir wie Könige, bevor unsere Quartiermeister sie in Beschlag nahmen. Sobald diese üppigen Quellen versiegt waren, begannen die Männer, sich alles Essbare anzueignen, was sie in die Finger bekamen: Schweine, Hühner, Äpfel, Mais usw. Wenn wir ein freilaufendes Huhn sahen, schnappten wir es uns, damit es nicht womöglich einen anderen Soldaten anfallen und beißen konnte. Natürlich stahlen wir sie nicht! Nein! Soldaten waren keine Diebe! Wir nahmen die Dinge lediglich mit.


Nahrungsbeschaffung


Irgendein Bursche aus der Brigade hatte sich für jedes Regiment einen Spitznamen ausgedacht. Das 2nd Virginia wurde "das unschuldige 2nd" genannt, weil seine Soldaten niemals stahlen; das 4th hieß "das harmlose 4th", weil seine Männer sich niemals im Lager prügelten; das 5th hieß "das kämpfende 5th", weil es das größte Regiment war und im Lager keiner Rauferei aus dem Wege ging; das 27th hieß "das verdammichte 27th", da ihm sehr viele Iren angehörten und mein Regiment, das 33rd, hieß "das lausige 33rd", weil wir das erste Regiment der Brigade waren, das von Läusen befallen worden war. Das mussten wir uns also in jedem Lager anhören: "das unschuldige 2nd", "das harmlose 4th", "das kämpfende 5th", "das verdammichte 27th" und "das lausige 33rd".

Wir lagerten mehrere Tage lang bei Charlestown und standen Posten vor Harper's Ferry, wobei es zu gelegentlichen Schusswechseln mit den Yankees kam. Ich glaube, Jackson hätte Harper's Ferry damals nehmen können, aber er musste stets auf die feindlichen Armeen achten, die sich in unserem Rücken herumtrieben.


Gebet in "Stonewall" Jacksons Lager


Eines Morgens stand meine Kompanie gerade auf Wachtposten, als wir den Befehl erhielten, uns unserem Regiment anzuschließen und nach Winchester zu marschieren. Wir wurden den ganzen Tag hindurch nicht geschont und gegen Einbruch der Dunkelheit, als wir nur noch wenige Kilometer von der Stadt entfernt waren, ritt unser Colonel die Marschkolonne entlang und verkündete, dass uns nun noch ein Gewaltmarsch bevorstünde. Er vermochte uns nicht zu sagen, wie weit wir noch marschieren mussten, bevor wir uns ausruhen durften, aber er beschwor uns, weiterhin Schritt zu halten, so gut es uns möglich war. Falls uns die Kräfte verließen, so sollten wir uns möglichst nicht zu weit zurückfallen lassen und wieder zu unseren Einheiten aufschließen, sobald wir ein wenig Kraft gesammelt hatten. Als wir Winchester erreicht hatten, beschlossen ich und drei meiner Kameraden, die Nacht bei Bekannten in der Stadt zu verbringen. Wir würden am folgenden Morgen in aller Frühe erholt aufbrechen und unser Regiment rasch einholen, doch zuvor kamen wir in den Genuss eines guten Abendessens, gemütlicher Betten und eines nahrhaften Frühstücks. Wir machten uns früh auf den Weg und trafen in der Stadt auf etliche Soldaten, die ebenfalls komfortabel genächtigt hatten. Es stellte sich heraus, dass die Quartiermeister nicht alle erbeuteten Vorräte beschlagnahmt, sondern einige von ihnen den Soldaten überlassen hatten, die nun mit diversen Köstlichkeiten beladen waren. Wir ärgerten uns sehr darüber, diese Gelegenheit verpasst zu haben. Die Armee hatte in der Nacht noch knapp 13 Kilometer bewältigt und dann nahe Newtown ihr Lager aufgeschlagen. Insgesamt hatte unsere Brigade an jenem Tag also 65 Kilometer zurückgelegt.

Wir schritten zügig aus, um unsere Einheit einzuholen. Als wir Newtown (das heutige Stephens City) erreichten, begegneten wir einigen unserer Kavalleristen, welche General Jackson ausgesandt hatte, um Nachzügler darüber in Kenntnis zu setzen, dass der Feind unter General Shields aus dem Osten heranmarschierte und eine Streitmacht unter General Fremont aus dem Westen. Die beiden Truppenteile hatten sich bei Middletown vereinigt und standen zwischen uns und unserer Armee, weswegen sämtliche Nachzügler die Straße verlassen und sich in die Berge zu unserer Rechten durchschlagen sollten. Diesen sollten wir talaufwärts folgen, bis wir auf unsere jeweiligen Kommandos stießen.

Etwa 500 von uns waren auf diese Weise abgeschnitten und wären wir alle beisammen gewesen und von einem Kommandeur angeführt worden, so hätten wir uns unseren Weg durch die feindliche Kavallerie freikämpfen können, doch wir waren in kleinen Grüppchen von drei bis vier Männern über eine Strecke von 13 Kilometern verstreut.

Vier Jahre in der Stonewall Brigade

Подняться наверх