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Kapitel 04: Briefe von Colonel Cummings, Captain Barton und meiner Wenigkeit

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Colonel A. C. Cummings' Brief:


"Abington, Virginia, 10. November 1896.

Sehr geehrter Herr John O. Casler,

Mein geliebter Freund, Sie können sich kaum eine Vorstellung von der Freude machen, welche Ihr Brief mir bereitet hat und ich versichere Ihnen, dass die Zeit, welche Sie zu seiner Niederschrift aufgewendet haben, keinesfalls vergeudet wurde. Wie Sie wissen, bestand das 33rd Virginia Regiment, das ich in Winchester organisierte, aus je einer Kompanie aus den Countys Hampshire, Hardy, Frederick, Rockingham und Page sowie fünf Kompanien aus Shenandoah County. Da ich in den vergangenen 15 Jahren nur selten mein Heim verlassen habe, habe ich nur sehr wenige der alten Kameraden wiedergesehen. Richtete der Zufall doch einmal ein Treffen ein oder hörte ich Neuigkeiten über einen meiner alten Jungs, so bereitete mir dies stets große Freude, besonders, wenn ich erfuhr, dass es ihnen gut ging. Ich bin überzeugt, Sie empfinden ebenso.

Es ist, wie Sie in Ihrem Brief schrieben: Ich war niemals ein sonderlich beredter Mensch und bin von zurückhaltender Wesensart. Die größte Lehre, welche ich aus meinem Dienste als Captain im Mexikokriege zog, war jene, dass es meine Pflicht und Verantwortung war, so gut für das Wohlergehen der Männer unter meinem Kommando zu sorgen, wie die Umstände es gestatteten.

Es freut mich zu hören, dass Sie Ihre Erinnerungen an Ihre vier Jahre in der Stonewall Brigade niedergeschrieben haben und sobald das Buch wieder verfügbar ist, werde ich gewiss ein Exemplar erstehen, da ich nicht daran zweifle, dass sein Inhalt mein Interesse erregen wird.

In Ihrem Brief ist mir eine kleine Ungenauigkeit bezüglich meiner Person aufgefallen, die jedoch keineswegs von Belang ist. Ich quittierte damals nicht meinen Posten, sondern war aus einem triftigen Grunde (dessen Details hier nicht erörtert werden müssen) kein Kandidat für eine Wiederwahl bei der Umstrukturierung der Armee. Ich wurde in die Legislative gewählt, in welcher ich die letzten Kriegsjahre hindurch bis zur Kapitulation diente. Anschließend praktizierte ich rund 15 Jahre lang als Anwalt, bevor ich mich auf eine kleine Farm unweit Abington zurückzog.

Recht und Gesetz waren mein angestammtes Berufsfeld und ein Jahr nach dem Ende des Mexikokrieges betätigte ich mich erstmals als Anwalt. Erst kürzlich erhielt ich zwei Schreiben von Randolph Barton, an den Sie sich womöglich noch erinnern. Er schrieb mir, er habe erstmals seit Kriegsende das Schlachtfeld bei Manassas besucht und sei sehr interessiert an Berichten über die Taten des 33rd Virginia und der Stonewall Brigade an jenem denkwürdigen 21. Juli 1861.

Barton war bei Ausbruch des Krieges Kadett am Virginia Military Institute in Lexington, Virginia. Als ich Anfang Juli in Winchester das 33rd Virginia aufstellte, wurde er dem Regiment zugewiesen. Ich verfügte zu jenem Zeitpunkt über keinen Stabsoffizier und so ernannte ich ihn zum Sergeant-Major. Er war ein intelligenter, junger Mann, diente als Generaladjutant in General Walkers Stab und ist heute ein geachteter Anwalt in Baltimore. Er bat mich um eine Niederschrift meiner Erinnerungen an die Rolle des 33rd Virginia und der Stonewall Brigade in der Schlacht und ich ließ sie ihm zukommen. Abgesehen von einigen kleinen Unterschieden entsprachen sie seinen eigenen Erinnerungen.

Unsere Armee verließ Winchester am 18. Juli gegen 14.00 Uhr; die Stonewall Brigade marschierte an der Spitze. Das 33rd Virginia erreichte Manassas erst kurz vor Tagesanbruch des 20. Juli (einem Samstag). An diesem Morgen brachen wir auf und schlossen uns bei McLane's Ford am Bull Run den übrigen Regimentern der Brigade an. Unsere Gefechtslinie erstreckte sich von Union Mills am Bull Run nach links bis zur Steinbrücke. Wir rechneten mit einem Angriff auf unser Zentrum und unsere rechte Flanke, aber am frühen Sonntagmorgen stellte sich heraus, dass der Feind in Richtung der Steinbrücke marschierte, offensichtlich, um unsere linke Flanke zu umgehen und die Manassas Gap-Bahnlinie zu erreichen. Die Stonewall Brigade wurde den Bull Run hinauf geschickt (wobei sie annähernd parallel zum Wasserlauf marschierte und mehrere kurze Marschpausen einlegte), bis sie die Kuppe des Hügels beim Haus der Familie Henry erreichte. Dort formierte sich die Brigade in einem kleinen Kiefernwäldchen in Gefechtslinie. Zwischenzeitlich tobte die Schlacht bereits an der Steinbrücke und unsere dortigen Einheiten mussten vor einer erdrückenden Übermacht zurückweichen. Die Linie unserer Brigade war folgendermaßen aufgestellt: Das 5th Virginia an der rechten Flanke, zu seiner Linken das 4th und 27th Virginia (diese beiden Regimenter unterstützten Pendletons Geschützbatterie), das 2nd Virginia und schließlich an der linken Flanke das 33rd Virginia.

Unsere Brigade bildete zu diesem Zeitpunkt die äußerste Linke unserer Armee und das 33rd Virginia, das die linke Flanke unserer Brigade bildete, erhielt den Befehl, sich am Rande des Kiefernwäldchens niederzulegen. Durch die Bäume und die Geländebeschaffenheit waren wir somit vor den Blicken des Feindes verborgen, der in großer Zahl zu unserer Rechten vorwärts drängte.

Unsere Befehle lauteten, die feindlichen Soldaten bis auf 30 Schritte herankommen zu lassen, eine Salve abzufeuern und dann sogleich mit dem Bajonett auf sie einzustürmen. General Jackson kam die Linie entlang geritten und wies mich an, die feindliche Artillerie im Blicke zu behalten. Wie Sie ja wissen, war das 33rd Virginia erst unmittelbar vor unserem Aufbruch aus Winchester aufgestellt worden und mit Ausnahme von zwei oder drei Kompanien waren die Männer noch gänzlich unerfahren. Zudem blieben die beiden Kompanien von Captain Holliday (der es später zum Gouverneur brachte) und Captain Jones (später Colonel) zurück. Eine fungierte als Wachtabteilung, die andere musste anderweitige Dienste verrichten und folglich standen uns beide in der Schlacht nicht zur Verfügung. Wir zogen also mit lediglich acht Kompanien in den Kampf und verfügten insgesamt über etwa 400 kampfbereite Männer. Als General Jackson mich anwies, die Artillerie des Feindes im Auge zu behalten, liefen Captain William Lee (ein tapferer Mann, der als unser Lieutenant-Colonel fungierte) und ich zur Kuppe des Hügels hinauf, von wo aus wir die feindlichen Kanonen vor uns und zu unserer Linken zügig über die Sudley Road herankommen sahen. Zudem bewegte sich feindliche Infanterie den Hügel entlang auf unsere linke Flanke zu. Wir eilten unverzüglich zum Regiment zurück.

Unsere Jungs befanden sich in beträchtlicher Aufregung, da eine solide Kanonenkugel knapp vor ihrer Stellung den Boden aufgerissen hatte und zugleich unbekannte Soldaten in roten Uniformen zu ihrer Linken aufgetaucht waren. Zuvor hatten die feindlichen Geschütze die übrigen Regimenter der Brigade und Pendletons Batterie beschossen. Da meine Männer unerfahrene Rekruten und bereits sichtlich beunruhigt waren, machte ich mir Sorgen um ihr Betragen, falls ich den Feind tatsächlich auf 30 Schritte herankommen ließe, wie General Jackson es befohlen hatte. Ich beschloss also, nicht länger zu warten und unverzüglich einen Sturmangriff zu befehlen, der in der Eroberung der feindlichen Batterie (oder zumindest einer Sektion der Batterie) resultierte. Soweit ich mich erinnere, konnten die Kanonen kein einziges Geschoss auf uns abfeuern. Kein Regiment aus abgehärteten Veteranen trug jemals einen entschlosseneren Sturmangriff vor, wenn er auch nicht ganz mustergültig verlief. Natürlich vermochten wir die eroberte Stellung ohne Unterstützung nicht gegen die feindliche Übermacht zu halten. Wir hatten die Artilleriepferde niedergeschossen und ich nahm als Souvenir die Trense eines Pferdes an mich. Ich benutze sie noch heute.

Das 33rd Virginia verlor in dieser Schlacht mehr Männer als jedes andere Regiment unserer Armee. Captain Lees Tod betrübte mich sehr. Ich hatte erst kurz zuvor seine Bekanntschaft gemacht, empfand aber bereits starke Sympathie für ihn. Er war ein aufrechter und tapferer Mann und da er bereits im regulären Heere gedient hatte und über Kampferfahrung verfügte, war er mir von ausgesprochen großem Nutzen. Auch mein Freund Barton ist stets ein verlässlicher Kamerad gewesen. Ich hege noch immer die Hoffnung, das Shenandoah-Tal besuchen zu können und einige der Überlebenden des 33rd Virginia zu treffen, doch womöglich muss ich mich damit bescheiden, mich ihrer mit der zärtlichsten Zuneigung zu entsinnen. Ich bin nun 75 Jahre alt und spüre die schwere Last des Alters.

Ich verbleibe als Ihr ergebener Freund,

Arthur C. Cummings, Colonel der 33rd Virginia Infantry."


John O. Caslers Brief:


"Manassas Junction, 24. Juli 1861.

Geliebter Vater, geliebte Mutter,

Erneut greife ich zur Feder, um euch einige Zeilen zu schreiben, damit ihr wisst, wo ich gegenwärtig bin und dass es mir noch gutgeht.

Der vergangene Sonntag war ein Tag, wie ich ihn noch niemals zuvor erlebt habe und ich bete zu Gott, dass ich derartiges nie wieder erleben muss. Wir fochten eine der erbittertsten Schlachten aus, die der amerikanische Kontinent je gesehen hat. Mir fehlen die Worte, die Szenen dieser Schlacht zu beschreiben. Die menschliche Sprache kann dem Schrecken nicht gerecht werden.

Am Donnerstag verließen wir Winchester und marschierten den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch. Am Freitag gegen 09.00 Uhr erreichten wir die Piedmont-Bahnstation und am Abend bestiegen wir schließlich die Waggons, in denen wir in der Nacht Manassas Junction erreichten. Am folgenden Morgen marschierten wir etwa sechs Kilometer in östliche Richtung zu einer Stelle, wo bereits am Donnerstag ein Gefecht stattgefunden hatte. Dort verbrachten wir den Rest des Tages und die Nacht, wobei wir jederzeit mit einem Angriff rechneten.

Am Sonntagmorgen wurden unsere Truppen in sechs Kilometern Entfernung angegriffen und wir strebten im Eilmarsch dem Schlachtfeld entgegen, das wir gegen 12.00 Uhr erreichten. Bereits seit dem Morgen fanden unablässige Kämpfe statt, doch seit 10.00 Uhr waren diese zu einer regelrechten Schlacht eskaliert. Als wir (also Jacksons Brigade) dort eintrafen, war das Gemetzel bereits im Gange und unser Regiment wurde an die äußerste Linke unserer Armee gestellt. Der Feind versuchte, unsere Flanke zu umgehen, doch er sah unsere tatsächliche Position erst, als er auf weniger als 50 Meter herangekommen war, da wir hinter einer Hügelkuppe verborgen lagen. Die feindliche Linie versuchte, eine Salve auf uns abzufeuern, doch wir waren schneller. Wir eröffneten das Feuer und rückten bereits gegen sie vor, als sie ihre Salve abfeuerten. Wir begannen zu rennen, um einen Bajonettangriff vorzutragen und dabei brüllten wir wie die Wilden. Der Feind wich vor uns zurück und wir konnten seine Artillerie überrennen, doch dann trafen Verstärkungen ein und wir mussten uns zurückziehen, da wir von zwei Seiten unter heftiges Feuer genommen wurden. Ein North Carolina-Regiment eilte uns zu Hilfe und wir stürmten erneut vorwärts. Der Feind musste wieder weichen und jener Teil des Schlachtfeldes befand sich in unserer Hand, ebenso Griffins Geschützbatterie, deren Name bereits in aller Munde ist. Auf einem anderen Teil des Feldes dauerte die Schlacht noch eine weitere Stunde an, doch schließlich zog sich der Feind in beträchtlicher Verwirrung nach Alexandria zurück. Unsere Kavallerie und Artillerie setzten ihm noch etwa zehn Kilometer weit nach, wobei sie viele feindliche Soldaten töteten und verwundeten und nahezu alle ihre Geschütze und Planwagen eroberten. Das Schlachtfeld war wohl acht Kilometer weit von Toten und Sterbenden bedeckt.

Ich vermag noch nicht zu sagen, wie viele Männer wir verloren haben, aber es waren sehr viele. Der Feind hat wohl dreimal so viele Soldaten verloren wie wir. Soweit ich weiß, hat unser Regiment 35 Tote und mehr als 100 Verwundete zu beklagen. In unserer kleinen Kompanie von 32 Mann wurden fünf Mann getötet und fünf verwundet. Unter den Toten befindet sich auch der arme Will Blue. Er wurde von einer Musketenkugel getötet, die ihn durch das Herz traf. Er war wohl sofort tot. Auch Amos Hollenback, Polk Marker, Tom Furlough und Jim Adams (der Bursche, der bei Dr. Moore wohnte) sind gefallen. Will Montgomery hat eine üble Verwundung erlitten, die aber nicht lebensbedrohlich ist. John Rinehart, Bob Grace, Arch Young und Ed Allen wurden leicht verwundet, sind aber schon wieder auf den Beinen.

Wir haben 26 Kanonen erbeutet und zwischen 1.000 und 2.000 Gefangene gemacht, darunter einige hohe Tiere aus Lincolns Regierung. Auch General Scotts persönliche Kutsche ist uns in die Hände gefallen. Er und einige feine Damen kamen eigens aus Washington nach Centreville gefahren, um "die Rebellen rennen zu sehen". Nun, sie sahen uns tatsächlich rennen, aber wohl nicht in die Richtung, die sie erwartet hatten.

Am nächsten Morgen lief ich etwa drei Kilometer weit über das Schlachtfeld und sah mir den Fluchtweg der Yankees an. Überall lag weggeworfene Ausrüstung herum: Mäntel, Patronentaschen, Feldflaschen, Musketen und Decken. Ich sah auch viele unbrauchbare Planwagen.

Während der Schlacht pfiffen mir die Granaten, Kanonenkugeln und Musketenkugeln um den Kopf. Ich konnte ihren Luftzug im Gesicht spüren, doch ich erlitt nicht einmal einen Kratzer. Das Gerücht macht die Runde, dass wir bald vorrücken werden, um Washington einzunehmen. Jeff Davis traf nach der Schlacht hier ein und befindet sich gegenwärtig auf dem Weg nach Alexandria.

In der Schlacht kämpften rund 40.000 Yankees und etwa 25.000 von unseren Jungs.

Ich bitte euch, euch von der eventuellen Nachricht meines Todes nicht überraschen zu lassen. Niemand von uns vermag zu sagen, wann seine Zeit gekommen ist.

Lebt wohl,

John O. Casler"


John O. Casler, 1863


Captain Randolph Bartons Brief:


"Baltimore, Maryland, 15. Januar 1897.

John O. Casler,

geliebter Kamerad! Unser Kommando erreichte Manassas Junction am 20. Juli, irgendwann in den Morgenstunden, glaube ich. Im Verlaufe des Tages marschierten wir zur rechten Flanke unserer Linie und am folgenden Tage wurden wir in Phasen der Untätigkeit und Eile hin und her geschickt, je nachdem, wo unsere Anwesenheit auf dem Schlachtfeld nach Ansicht unserer Kommandeure erforderlich zu sein schien. Mein Mittagessen bestand aus Brombeeren, denn da ich keiner der einfachen Soldaten war (ich war Sergeant-Major), war es mir möglich, eine Menge von ihnen zu pflücken, während wir durch die Felder marschierten. Gegen 13.00 Uhr erreichte unser Regiment den Höhenzug, auf dem das inzwischen berühmte Haus der Familie Henry steht, wo wir die Position an der linken Flanke unserer Brigade einnahmen. Zu diesem Zeitpunkt war unsere Brigade noch als die 1st Brigade oder Jacksons Brigade bekannt, doch nach dem Ende der Schlacht nannte man uns nur noch die Stonewall Brigade.

Während wir uns unserer Position näherten, hörten wir zum ersten Mal das fürchterliche Kreischen der feindlichen Granaten, die über unsere Köpfe hinweg flogen. Sie waren zu hoch gezielt, aber dennoch nicht ungefährlich. Heute erinnere ich mich mit einiger Belustigung an den tödlichen Ernst und die scheue Neugierde, welche sich auf den Gesichtern der Männer abzeichneten, als die Geschützbatterien der Unionscaptains Ricketts und Griffin ihre tödlichen Geschosse über uns hinweg spien, doch ich kann mich nicht entsinnen, dass auch nur einer unserer Jungs sichtbare Anzeichen von Feigheit gezeigt hätte. Sie alle blieben an ihrem Platz in der Formation, befolgten ihre Befehle und bezogen prompt und entschlossen ihre Stellung zur Linken des 2nd Virginia, dem mein Bruder Strother, mein Vetter Willie Barton und alle meine Freunde aus Winchester angehörten. Mein Bruder David diente in der Rockbridge Battery, die von unserer Brigade unterstützt wurde. Mein Onkel Frank Jones und mein Schwager Thomas Marshall dienten in Jacksons Stab. Ich erinnere mich, dass mir der Ernst der Lage vollkommen bewusst war, doch ich verspürte zu keinem Zeitpunkt den Drang, kehrtzumachen und davonzulaufen. Mein Ehrgefühl und der Wunsch, es den tapfersten Männern auf dem Schlachtfeld gleichzutun, bestimmten mein Handeln und ich glaube, den anderen Soldaten unseres Regiments (mit Ausnahme des Adjutanten) erging es ebenso. Ich ging mit weniger Furcht in diese Schlacht als in alle folgenden und wenn auch meine damalige Arglosigkeit bezüglich der Realitäten des Krieges zweifellos zu meiner Ruhe beitrug, so glaube ich, dass auch mein Jahr in Lexington meine Nerven in mancherlei Hinsicht gestählt hatte. Auf dem Schlachtfeld begriff ich, dass die Befehle unserer Offiziere in jeder Situation unbedingt zu befolgen waren und die einfachen Soldaten in ihrer Disziplin nicht wanken durften.

Ich werde an dieser Stelle nicht all die Einzelheiten der Schlacht wiederholen, die bereits von so vielen Schreibern zu Papier gebracht wurden. Dies würde mein Schreiben lediglich in die Länge ziehen, ohne nennenswerte Neuigkeiten beizutragen. Ich werde diesbezüglich lediglich anmerken, dass wir unsere Position an der linken Flanke der Brigade einnahmen, uns flach auf die Erde legten und dem Musketen- und Geschützfeuer lauschten, das schräg vor uns zu unserer Rechten von den konföderierten Truppen entfesselt und von den Yankees nicht minder heftig erwidert wurde. Das Haus der Familie Henry lag vor uns, jenseits der Hügelkuppe; das Dach war sichtbar. Rechts davon stand in einigen hundert Metern Entfernung das Haus der Familie Robinson. Gelegentlich explodierten einige Granaten über unserem Regiment und die Grimassen, welche die Jungs schnitten, während sie sich schier die Hälse verrenkten, um nach herabstürzendem Geäst Ausschau zu halten, wären unter weniger ernsten Umständen zum Lachen gewesen. Ich befand mich an der Linken des Regiments, wenige Schritte hinter den Rängen, wo gemäß der planmäßigen Aufstellung des Regiments in Gefechtslinie mein Platz war. Ich hätte einiges darum gegeben, zu Hause zu sein, aber natürlich musste ich an Ort und Stelle verharren. Ich erinnere mich an einen älteren Herrn, der gelassen hinter uns vorbeiritt und offenbar diverse Befehle erteilte. Irgendjemand (womöglich sogar ich selbst) fragte ihn, wer er denn sei. Er wandte sein Pferd und antwortete: "Ich bin Colonel Smith, auch bekannt als Gouverneur Smith, auch bekannt als 'Extra Billy' Smith." Es handelte sich tatsächlich um Colonel Smith, einen munteren, alten Burschen, der wohl, so vermute ich zumindest, das Gelände in Augenschein nahm, um eine geeignete Position für sein Regiment, das 49th Virginia, ausfindig zu machen. Dieses bezog schließlich zu unserer Linken Stellung und nahm an einem der Sturmangriffe auf Griffins Geschützbatterie teil.

Colonel Cummings und Lieutenant-Colonel Lee befanden sich wohl knapp 100 Meter vor unserem Regiment. Sie hielten sich geduckt und richteten sich nur gelegentlich auf, um einen Blick über die Hügelkuppe zu erhaschen, welche nach einem sanften Anstieg etwa 100 Meter vor uns aufragte. Zu unserer Rechten war noch immer Musketenfeuer hörbar und schließlich kamen Cummings und Lee in geduckter Haltung eiligen Schrittes zum Regiment zurück gelaufen. Ich erinnere mich noch, wie der Colonel uns aus wenigen Metern Entfernung zurief: "Jungs, sie kommen! Lasst sie ordentlich rankommen, bevor ihr feuert!"

Die Worte waren kaum ausgesprochen, als die Pferde mit den feindlichen Kanonen, welche sie zogen, auf dem Hügel vor uns in Sicht kamen. Sie vollführten einen Schwenk, als wolle sich die Batterie in Gefechtsformation aufstellen und nahezu zeitgleich sah ich die Spitze einer Fahnenstange und den oberen Teil eines Sternenbanners, das von seinem Träger die andere Seite des Hügels hinaufgetragen wurde. Kurz darauf konnte ich den Träger selbst ausmachen, sowie die Köpfe der Soldaten zu seiner Linken und Rechten, die die feindliche Gefechtslinie bildeten. Bei diesem Anblick sprangen mehrere unserer Jungs auf und legten ihre Musketen auf die feindliche Linie an. Ich brüllte sogleich: "Noch nicht feuern!", doch es nützte nichts; die Jungs feuerten ihre Musketen ab und Colonel Cummings' schriller Schrei "Sturmangriff!" erschallte. Das Regiment drängte vorwärts, die Männer feuerten rennend ihre Musketen in die Reihen des Feindes. Die meisten zielten dabei auf die Geschützbatterie, der wir uns rasch näherten. Obwohl ich einen Unteroffizierssäbel trug, hatte ich mir eine Patronentasche besorgt und umgegürtet und eine der Steinschlossmusketen ergriffen, mit denen eine unserer Kompanien bewaffnet war. Nach zwei Fehlversuchen gelang es mir, die Waffe auf einen berittenen Mann vor der Batterie abzufeuern, vermutlich war er einer der Gespannführer. Wir kamen den Geschützen nahe genug, um zu sehen, dass die Batterie gänzlich außer Gefecht gesetzt war. Pferde und Männer stürzten getroffen nieder und wir drängten unaufhaltsam vorwärts, als ich den stechenden Schmerz einer Kugel spürte, die mir direkt unterhalb meiner Patronentasche (welche recht hoch an meiner rechten Hüfte saß) ein Stück Fleisch aus der Seite riss. Ich rief meinem Onkel Frank Jones zu, dass ich verwundet war und er half mir auf sein Pferd und brachte mich nach hinten.

Ich denke, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der konföderierte Sieg bei Manassas letztendlich auf Colonel Cummings zurückzuführen ist. Noch 15 bis 20 Minuten vor dem Sturmangriff unseres Regiments auf Griffins Batterie waren die Männer der Brigaden von Bee, Bartow und (so glaube ich) Evans in größter Verwirrung über den Hügel bei den Häusern der Familien Henry und Robinson zurückgeströmt, man muss sie wohl als einen panisch fliehenden Mob bezeichnen. Die Stonewall Brigade hielt die Linie mit der Standhaftigkeit abgebrühter Veteranen. Die Rockbridge Battery half nach Kräften mit ihren kleinkalibrigen Kanonen. Etwa zu diesem Zeitpunkt ritt Jackson die Front seiner Brigade entlang und wartete auf den kritischen Moment, um seine Soldaten in die Schlacht zu werfen. Es war während seiner verzweifelten Bemühungen, seine Männer zu sammeln, dass General Bee sie aufforderte, sich hinter uns Virginiern zu formieren. Er deutete auf uns und rief die berühmten Worte aus: "Schaut, dort steht Jackson wie eine Steinmauer!" Der exakte Wortlaut wird wohl auf ewig ungewiss bleiben, doch eine der wahrscheinlichsten Varianten lautet: "Schaut! Dort stehen Jackson und seine Männer wie eine Steinmauer!" Kurz zuvor war Bee Jackson entgegen galoppiert und hatte ihm zugerufen: "General, sie treiben uns zurück!" Hierauf hatte Jackson entgegnet (und die Worte schossen ihm über die Lippen wie Schrapnelle aus einer Geschützmündung): "Dann werden wir ihnen das Bajonett zu kosten geben!" Bee galoppierte zu seinen Männern zurück und die Inspiration durch Jackson beflügelte ihn. Er sprach seine unsterblichen Worte und stürzte kurz darauf tödlich verwundet zu Boden.

Weniger als eine halbe Stunde zuvor hatte Jackson seiner Brigade den Befehl erteilt, erst zu feuern, wenn der Feind auf 30 Schritte herangekommen war und dann sofort vorwärts zu stürmen; dies hat mir Colonel Cummings in seinem Schreiben vom 20. September 1896 mitgeteilt. Laut Cummings verursachten die Granaten des Feindes allerdings beträchtliche Unruhe in der Kompanie an der linken Flanke des Regiments (das, genau genommen, noch kein Regiment war, da es lediglich über acht Kompanien verfügte). Als Griffins Geschützbatterie auf dem Hügel vor uns erschien und die feindlichen Einheiten, die unsere linke Flanke zu umgehen versuchten, vereinzelte Schüsse auf uns abfeuerten, während zeitgleich der demoralisierte Mob von Bee und Bartow drohte, unsere rechte Flanke mit sich zu reißen, schoss Colonel Cummings die Erkenntnis durch den Kopf, dass die Schlacht unweigerlich verloren sein würde, sobald diese Kanonen gefechtsbereit waren und die erste Salve von Schrapnellen und Kartätschen durch die Reihen unserer unerfahrenen Rekruten pflügte. Er ergriff also in bewundernswerter Weise die Initiative und nahm die Verantwortung auf sich, seine Befehle den veränderten Umständen anzupassen (wie Grouchy es bei Waterloo hätte tun sollen) und einen Sturmangriff gegen den Feind vorzutragen.

Die unvermittelte Wucht und schiere Kühnheit unseres Angriffes brachte den Vormarsch des Feindes zum Stillstand und wir überrannten die Geschützbatterie, machten die Kanonen unbrauchbar und drängten weiter. Der Rest der Brigade folgte uns auf dem Fuße und zu unserer Linken wurden Verstärkungen in die Schlacht geworfen. Die unionsblaue Woge brach sich an den Farmerjungs des 33rd Virginia und die Schlacht wendete sich zu unseren Gunsten. Wir waren der erste Widerstand, auf den diese Yankees stießen. Sie trafen auf die konföderierte Speerspitze, ein kleines Regiment undisziplinierter Jungs und Männer, deren Hände, welche nun Musketen trugen, noch einen Monat zuvor Pfluggriffe und Hämmer umklammert hatten. Die Speerspitze weitete sich aus, als zu unserer Rechten und Linken Verstärkungen eintrafen und schließlich bildeten wir eine lange, scharfe Schneide, in welche der Feind nicht blindlings hineinzurennen wagte. Das 33rd Virginia war der Vorreiter jenes Angriffes, der General McDowells siegenden Soldaten erstmals Halt gebot. Wir gewannen am Rande der Katastrophe die Oberhand und konnten schließlich den Sieg erringen. Mit seinem Schrei "Sturmangriff!" griff Colonel Cummings entscheidend in die militärische Laufbahn von General McDowell ein. Womöglich bestimmte er damit gar den gesamten weiteren Kriegsverlauf. Cummings persönliche Courage war der Dreh- und Angelpunkt dieser Schlacht und hatte schier unvorstellbar weitreichende Auswirkungen.

Ich besuchte die Häuser der Familien Robinson und Henry im September des Jahres 1861 und erneut im September 1896. Mein letzter Besuch veranlasste mich, den Briefkontakt zu Colonel Cummings aufzunehmen und jeden mir zugänglichen Text über die Schlacht zu studieren, einschließlich der Berichte beider Seiten in der offiziellen Sammlung der Berichte des Krieges. Ich bin überzeugt, dass meine obigen Aussagen über Colonel Cummings unbestreitbar wahr und über jeden Widerspruch erhaben sind. Er wendete das Schlachtenglück bei Manassas. Mochte es anfangs so ausgesehen haben, als würde die konföderierte Armee in Panik zum Rappahannock River flüchten, so war es doch letztlich die Unionsarmee, die in Panik nach Washington flüchtete.

Es sind nun mehrere Tage vergangen, seit ich den obigen Teil dieses Briefes niederschrieb. Gestern stieß ich in der Mercantile Library zufällig auf die "Erinnerungen eines einfachen Soldaten" des Unionsveteranen Warren Lee Goss. Ich las seine Schilderung der Schlacht und fand auf Seite 13 eine gute Illustration der Situation auf der Hügelkuppe beim Henry-Haus und der völligen Verwirrung in Griffins Batterie nach dem Angriff des 33rd Virginia. Ich erkannte darin die Sudley Mill-Straße, den Eingang zum Gelände der Familie Henry zur Linken dieser Straße und die Stelle, wo man den Zaun niedergerissen hatte, damit die Geschütze die Straße verlassen und die Hügelkuppe erreichen konnten. Im September des Jahres 1896 schritt ich eben jenen Boden ab und bemerkte zwischen dem Straßenbett und dem Zaun am linken Wegesrand den üblichen Straßengraben. Ich erklärte meinem Begleiter, dass Griffin damals zweifellos den Zaun niederreißen und den Graben mit den Latten auffüllen ließ, um seinen Geschützen den Schwenk von der Straße auf das offene Gelände zu erleichtern. Die Illustration zeigt den niedergerissenen Zaun und man braucht keine große Vorstellungskraft, um sich die Zaunlatten in der von mir vermuteten Lage auszumalen.

Ich möchte nun jenen Abschnitt aus diesem Buch zitieren, in welchem Goss über das Aufeinandertreffen des 33rd Virginia und der Unionstruppen schreibt. John, du erinnerst dich sicher, dass die Sudley Mill-Straße in südöstliche Richtung von der namensgebenden Mühle zu der Hügelkuppe beim Henry-Haus verläuft. Unser Regiment stürmte in nordwestliche Richtung. McDowells Linie kam in südöstliche Richtung und im rechten Winkel zur Straße über den Hügel heran, um Griffins Geschützbatterie zu unterstützen.

Goss schreibt: "Gegen 13.00 Uhr wurde der Zaun, welcher den Wegesrand am Fuße des Hügels säumte, niedergerissen, um unseren Batterien (jene von Griffin und Ricketts) den Weg zur Kuppe zu ebnen. Diese Batterien befanden sich neben unserer Stellung auf freiem Felde. Wir beobachteten sie gebannt, um zu sehen, was sie wohl als nächstes tun würden, als plötzlich eine fürchterliche Salve in ihre Reihen einschlug. Es war, als hätte jemand am Vierten Juli ein Feuerwerk unter einem Fass abgebrannt, allerdings tausendmal stärker. Die Rebellen hatten sich unbemerkt angenähert und die Kanoniere wurden nahezu sämtlich getötet oder verwundet."

Etwas später fährt Goss fort: "An dieser Stelle möchte ich Tinkermanns Bericht unterbrechen, um anzumerken, dass einer der damals beteiligten Artilleristen mir nach dem Kriege persönlich erzählt hat, dass er in den folgenden Jahren in etlichen Schlachten kämpfte, aber nur selten dermaßen große Zerstörung in dermaßen kurzer Zeit sah. Er erklärte mir, dass sie ein anrückendes Regiment sahen und sofort vermuteten, es handele sich um Rebellen. Einer ihrer Offiziere war jedoch fest überzeugt, es handele sich um ein Regiment aus New York, das als Verstärkung erwartet wurde und so wurde kein Feuerbefehl gegeben. Dann ertönte der fürchterliche Lärm einer Musketensalve und in den Worten des Artilleristen: 'es herrschte vollkommene Verwirrung; getroffene Männer mit blutenden Wunden klammerten sich an Protzen fest, an welche panische und verwundete Pferde gespannt waren. Pferde, die Munitionswagen hinter sich her schleiften, pflügten durch unsere Infanterie. Ich sah ein Pferdegespann, dessen drei lebende Pferde wie von Sinnen davongaloppierten und das vierte, tote Tier mitschleiften. Tote Kanoniere lagen neben ihren Geschützen, mit dem Ansetzer in der einen Hand und der Reißleine in der anderen. Die Batterie wurde binnen eines Augenblickes nahezu ausgelöscht. Wer noch davonlaufen konnte, zögerte keine Sekunde. Keine Infanterieeinheit war nahe genug, um uns wirksam unterstützen zu können, während der Feind sich nach dem Abfeuern der Salve gerade einmal etwa 65 Meter entfernt befand. Diese rasche und völlige Zerschlagung unserer Geschützbatterie war der Anfang vom Ende für die Unionsarmee am Bull Run.' Soweit die Worte des alten Veteranen."

Hier endet mein Zitat aus Goss' Buch. Ich habe die Aussage kursiv gesetzt, die mir eine uneingeschränkte Bestätigung meiner Ansicht zu sein scheint. Das 33rd Virginia wendete das Schlachtenglück und Colonel Cummings' rechtzeitiger Befehl warf das Regiment im entscheidenden Augenblick in den Kampf. Ich erhebe wohlgemerkt lediglich den Anspruch, dass diese Order und ihre Befolgung McDowells Vormarsch erstmals zum Erliegen brachte. Selbstverständlich waren andere Regimenter eine unschätzbare Hilfe dabei, den gestoppten Feind schließlich zurückzutreiben. Es war allerdings unser Regiment, das den bis dato siegreichen Yankees Halt gebot. Ich beharre so auffällig auf der Wiederholung dieses Umstandes, da es dem Studium dieser Schlacht einiges an Interesse hinzufügt, zu wissen, dass wir beide jenem Regiment angehörten, das am Höhepunkt dieses Tages den gefährlichen Stoß des Feindes abwehrte. Ich bin überzeugt, dass diese Tatsache für Colonel Cummings wohl ebenfalls von beträchtlichem Interesse sein dürfte und dass er in dem Moment, als er sich innerlich stählte, den entscheidenden Befehl zu geben, nicht einmal ahnen konnte, welch einen Beitrag zur Geschichte des Krieges er beizutragen im Begriffe war.

Randolph Barton,

Ehemals Stabsoffizier, II. Corps, Army of Northern Virginia."


Illustration aus Warren L. Goss' Buch "Erinnerungen eines einfachen Soldaten"

Vier Jahre in der Stonewall Brigade

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