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Kapitel 02: Ich werde Soldat in Thomas J. Jacksons Brigade
ОглавлениеIch erblickte am 01. Dezember des Jahres 1838 im 15 Kilometer nordwestlich von Winchester gelegenen Gainsboro in Frederick County, Virginia das Licht der Welt. Der Mädchenname meiner Mutter lautete Heironimus, es war dies eine seit den Tagen der Revolution alteingesessene Familie des Countys. Als ich drei Jahre alt war, zog mein Vater nach Springfield in Hampshire County (im heutigen West Virginia) und dort verlebte ich meine Kindheit, erlernte einen Beruf und besuchte eine Schule, welche mir eine für damalige Verhältnisse gute Bildung angedeihen ließ.
Im März des Jahres 1859, ich war damals 21 Jahre alt, verließ ich das elterliche Nest, um, Horace Greeleys Ratschlage folgend, "nach Westen zu gehen und gemeinsam mit der Nation zu wachsen". Mein Weg führte mich nach Cass County, Missouri. Ich lebte bis zum Frühjahr des Jahres 1861 in verschiedenen Countys dieses Staates, doch als die Ereignisse einen baldigen Krieg unausweichlich erscheinen ließen, beschloss ich, nach Virginia zurückzukehren. Ich verließ Sedalia, Missouri am 08. April 1861 und machte mich auf den Weg nach Frederick County, Virginia, wohin mein Vater zwischenzeitlich zurückgekehrt war, um sein Glück als Farmer zu versuchen.
Ich begab mich von Sedalia nach St. Louis, wo ich an Bord eines Dampfschiffes nach Pittsburg, Pennsylvania ging. Wir hatten gerade Cairo, Illinois hinter uns gelassen, als wir die Nachricht vom Beschusse Fort Sumters erhielten. In den weiteren Ortschaften, die wir passierten, waren bereits Plakate angeschlagen, auf denen 75.000 Freiwillige für eine Dauer von 90 Tagen zu den Waffen gerufen wurden, um Washington zu verteidigen und die Rebellion niederzuschlagen. Es konnte kein Zweifel mehr daran herrschen, dass der Krieg ausgebrochen war.
Die Passagiere tauschten ihre Meinungen aus, wobei einige die Ansicht vertraten, der Norden bräuchte gar nicht dermaßen viele Männer und die Sache sei binnen 90 Tagen beigelegt. Welch vergebliche Hoffnung! Wir hatten nicht die geringste Vorstellung von dem Kampfe, der uns bevorstand. Bei Parkersburg, Virginia verabschiedete ich mich von meinen Mitreisenden. Einige von ihnen waren entschlossen, sich dem Unionsheere anzuschließen und andere wollten der Sache des Südens dienen.
Ich erreichte mein Zuhause und verlebte einige Wochen dort. Nun rief auch der Gouverneur Virginias die Freiwilligen zu den Fahnen. In meiner Geburtsstadt Springfield war bereits eine Kompanie aufgestellt worden, die schon im Felde stand und bei Blue's Gap, 25 Kilometer östlich von Romney, an der Straße nach Winchester ihr Lager aufgeschlagen hatte. Da ich lediglich knapp 25 Kilometer zurückzulegen hatte, um die Kompanie zu erreichen, verabschiedete ich mich von meinen Eltern und Schwestern und machte mich auf den Weg zum Lager, das ich gegen Abend erreichte.
Ich traf alte Schulkameraden und Freunde, welche ich zwei Jahre zuvor zurückgelassen hatte und die nun die Muskete ergriffen hatten. Ich verpflichtete mich sogleich für ein Jahr, setzte meinen Namen auf die Stammrolle und zog meine graue Uniform an. Die Kompanie nannte sich die "Potomac Guards". Captain P. T. Grace hatte das Kommando inne, der 1st Lieutenant hieß S. D. Long, die 2nd Lieutenants Jacob N. Buzzard und William Johnson. Eine weitere Kompanie lagerte an dieser Stelle, die "Hampshire Riflemen" unter Captain George Sheetz. Sie versahen Postendienst und waren noch keinem Regiment angegliedert.
Am folgenden Morgen, dem 19. Juni, mussten wir antreten und marschierten nach Romney. Es war ein heißer Tag, die Straße war knochentrocken und staubig und der Marsch setzte uns arg zu. Ich hatte besonders darunter zu leiden, da ich zuvor in meinem ganzen Leben noch keine nennenswerte Strecke marschiert war, aber nun, da ich Soldat war, war ich entschlossen, mit den anderen Soldaten Schritt zu halten und so blieb ich an meinem Platze in der Kolonne und schleppte mich vorwärts. Wir erreichten Romney gegen 15.00 Uhr. Dort wurden wir in einem alten Gebäude untergebracht, wo wir uns waschen konnten und einige Erfrischungen erhielten. Wir fühlten uns prächtig und wie waschechte Soldaten mit unseren glänzenden Messingknöpfen und all den jungen Damen, die uns von den Gehsteigen her zujubelten und anlächelten.
Romney, Virginia im Jahre 1861
In der ersten Junihälfte wurde A. C. Cummings, der in Abington, Virginia wohnhaft war und bereits im Mexikokriege gedient hatte, vom Gouverneur des Staates Virginia zum Colonel ernannt und von Harper's Ferry nach Romney beordert, um die verschiedenen Kompanien, welche sich dort und in den benachbarten Countys formierten, zu einem Regiment zu organisieren. Er war bei meiner Ankunft erst wenige Tage mit dieser Aufgabe beschäftigt und hatte bis dato drei Kompanien beisammen: die "Potomac Guards" aus Springfield, die "Hampshire Riflemen" aus New Creek und die "Independent Greys" aus Moorefield in Hardy County. Die "Riflemen" waren bereits vor Ausbruch des Krieges aufgestellt worden und sehr gut ausgerüstet. Die anderen beiden Kompanien besaßen bei ihrer Ankunft in Romney nichts als ihre Uniformen und man gab ihnen alte, hergerichtete Musketen und antiquierte Steinschlossmusketen, welche man aus Harper's Ferry herbeigeschafft hatte. Zudem erhielten wir zwei Vierpfünder-Kanonen (Überbleibsel von John Browns Überfall auf Harper's Ferry), die aber niemand von uns zu bedienen verstand. Die Männer trugen einige Schuss Munition in ihren Rocktaschen und besaßen weder Zelte noch Patronentaschen oder sonstige Ausrüstung.
Zum besseren Verständnis der Gliederung des konföderierten Heeres sind an dieser Stelle wohl einige Erklärungen angebracht:
Die Maximalstärke einer Kompanie betrug 100 Mann, welche von einem Captain und drei Lieutenants befehligt wurden. Neben diesen vier Offizieren verfügte jede Kompanie noch über Unteroffiziere, die Sergeants und Corporals, welche vom Captain ernannt wurden.
Ein Regiment bestand aus zehn Kompanien und hatte somit eine Sollstärke von 1.000 Mann. Gelegentlich besaß ein Regiment nicht die volle Anzahl an Kompanien und nach einiger Zeit hatten viele Regimenter nicht mehr als 200 bis 300 dienstfähige Soldaten aufzuweisen.
Die sogenannten "Stabsoffiziere" eines Regiments umfassten je einen Colonel, Lieutenant-Colonel und Major. Zwei oder mehr Regimenter bildeten eine Brigade. Meist waren es vier oder fünf Regimenter, doch je nach den gegebenen Umständen konnten es mehr oder weniger sein. Eine Brigade wurde von einem Brigadier-General befehligt.
Zwei oder mehr Brigaden (in der Regel waren es vier) bildeten eine Division, die von einem Major-General befehligt wurde. Zwei oder mehr Divisionen (meist waren es drei) bildeten ein Armeecorps, das von einem Lieutenant-General befehligt wurde, welcher wiederum einem sogenannten "Full General" unterstand. Diesen Rang hatte beispielsweise General R. E. Lee inne. Im Heere der Südstaaten dienten fünf "Full Generals". [Anm. d. Übers.: Nach den fünf zu Beginn des Krieges ernannten Full Generals (Samuel Cooper, Albert S. Johnston, Robert E. Lee, Joseph E. Johnston, P. G. T. Beauregard) wurden im Folgejahr noch zwei weitere Kommandeure in diesen Rang erhoben (Braxton Bragg, Edmund K. Smith). Gegen Kriegsende hatte John B. Hood den Rang temporär inne, nach dem Entzug seines Armeekommandos wurde die Beförderung allerdings nicht vom Kongress bestätigt.]
Eine Einheit von weniger als zehn Kompanien wurde als Bataillon bezeichnet und von einem Major befehligt. Zwei Kompanien der Kavallerie bildeten eine Schwadron. Eine Kompanie der Artillerie umfasste vier bis sechs Geschütze (meist vier) und ein Geschütz samt Mannschaft wurde als Sektion bezeichnet. Das kampfbereite Abprotzen mehrerer Geschütze wurde "eine Batterie bilden" genannt.
Die Nordstaatler lagerten bei New Creek, etwa 30 Kilometer von Romney entfernt, und eines Morgens sandten sie ein Regiment aus, um unsere Kompanien zu überrumpeln und gefangen zu nehmen. Dies wäre ihnen wohl auch gelungen, hätte ein Zivilist sie nicht auf der Straße gesehen und unseren Colonel gewarnt. Hierauf ordnete der Colonel einen hastigen Rückzug an, bei dem wir unser gesamtes Hab und Gut mitnahmen.
Dies war eine unserer ersten "großen Schlachten" des Krieges. Es wurde insgesamt wohl ein Dutzend Schüsse abgefeuert und beide Seiten hatten weder Verwundete noch Gefangene zu beklagen. Wir wichen in Richtung Winchester zurück und die Unionssoldaten nahmen Romney in Besitz. Dort blieben sie etwa eine Stunde lang, bevor sie nach New Creek zurückmarschierten. Beide Seiten waren bestrebt, einander aus dem Wege zu gehen. In der Folge dieses Ereignisses wurden drei Regimenter unter Colonel A. P. Hill von Harper's Ferry nach Romney beordert: das 10th Virginia, das 13th Virginia und das 3rd Tennessee.
Bei unserer Ankunft fanden wir diese Regimenter dort vor. Unsere drei Kompanien wurden zu einem Bataillon zusammengelegt, dem Kommando von Major William Lee unterstellt und "Lee's Battalion" getauft. Colonel Cummings begab sich zurück nach Winchester, um bei der Rekrutierung weiterer Kompanien behilflich zu sein.
Wir verblieben bis zum 24. Juni in Romney. Dabei rechneten wir jede Nacht mit einem Angriff, weswegen die Wachtposten etliche Fehlalarme gaben. Schließlich ließen wir eine Kompanie Kavallerie unter Captain Turner Ashby in Romney zurück und machten uns auf den Weg zum rund 70 Kilometer entfernten Winchester. Als wir die Ortschaft verließen, spielten einige Musikkapellen muntere Melodien auf Blasinstrumenten und Trommeln, überall flatterten Fahnen im Wind und die hübschen Damen winkten uns mit ihren Taschentüchern zu und befeuerten uns, "bis zum Sieg oder Tod" zu kämpfen. In einem solchen Moment war man gerne Soldat!
Am 27. Juni schlugen wir am Opequon Creek, fünf Kilometer südlich von Winchester, unser Lager auf. Dort verbrachten wir mehrere Tage und vertrieben uns die Zeit, indem wir unsere Waffen reinigten, Drillübungen abhielten und dergleichen mehr. Hierauf marschierten wir nach Shawnee Springs, unweit Winchester, wo wir vorübergehend General Elzeys Brigade angegliedert wurden. Da die Hampshire Riflemen nicht stark genug waren, um sie in Dienst zu stellen (die Kompanie zählte gerade einmal 45 Mann), wurden sie kurzerhand der Kavallerie zugeteilt und zurück nach Romney geschickt, um weitere Männer zu rekrutieren und Pferde zu erhalten. Wie sehr wünschte ich mir damals, ich hätte mich dieser Kompanie angeschlossen! Ich hatte die freie Wahl gehabt, auf welche Stammrolle ich meinen Namen setzen wollte, doch nun stand er bei den Potomac Guards und jeder Versuch, die Einheit zu wechseln, wäre ehrrührig gewesen. Ich musste also wohl oder übel bei der Infanterie bleiben.
General Elzey war dem Alkohole recht zugetan, wie es bei Soldaten keine Seltenheit ist, und eines Nachts, als er mit seinem Stabe einige Flaschen leerte und in ausgelassener Stimmung war, rief er den Posten vom Eingang seines Quartiers herein und reichte ihm ein ordentlich gefülltes Glas, bevor er sich zu Bette begab. Bei Tagesanbruch versah derselbe Posten wieder seinen Wachtdienst vor dem Quartier und als er seinen Kopf durch den Eingang steckte und den General noch immer schlafend vorfand, weckte er ihn mit dem fröhlichen Ausruf: "Herr General! Herr General! Wäre es nicht so langsam Zeit für ein weiteres Gläschen?" Der General rappelte sich auf, aber seine nächtliche gute Laune war verflogen und so ließ er den Posten für seine Dreistigkeit in Arrest nehmen. Dieser Soldat wurde noch Monate später von seinen Kameraden mit den Worten: "Herr General! Herr General! Wäre es nicht langsam Zeit für ein weiteres Gläschen?" begrüßt.
Der Unionsgeneral Patterson hatte den Potomac River mit einer beträchtlichen Streitmacht überquert. Unsere Armee unter General Joseph E. Johnston hatte Harper's Ferry aufgegeben und nun lagen die beiden Armeen einander unweit von Martinsburg gegenüber. Unsere Vorhut wurde in ein hitziges Geplänkel mit dem Feinde verwickelt und konnte 45 Gefangene nehmen, bevor sie sich in südliche Richtung nach Darksville zurückzog, wo unsere gesamte Streitmacht in Schlachtlinie angetreten war. Diese Nordstaatler waren die ersten Gefangenen, die ich jemals gesehen hatte. Wir wurden angewiesen, alle umliegenden Zäune niederzureißen und es sah so aus, als stünde ein Gefecht unmittelbar bevor. Auch den folgenden Tag, den 04. Juli, verbrachten wir in Gefechtslinie, aber alles blieb ruhig und am 05. Juli kehrten wir schließlich nach Winchester zurück, wo wir bei Shawnee Springs lagerten.
Die Jungs waren unzufrieden, weil es nicht zum Kampfe gekommen war und sie beschuldigten General Johnston, ein Feigling zu sein. Es sollte sich jedoch bald genug herausstellen, dass der Mann sein Handwerk verstand und es ihm keinesfalls an persönlichem Mute mangelte. Wir verbrachten drei Tage in unserem Lager, bevor das Bataillon die Order erhielt, sich bei Colonel Cummings zu melden. Dieser hielt sich knapp zwei Kilometer südlich von Winchester auf und als wir ihn erreichten, erfuhren wir, dass er zwischenzeitlich fünf weitere Kompanien aufgestellt hatte: die "Page Grays" unter Captain Rippetoe, die "Shenandoah Riflemen" unter Captain Gatewood, die "Emerald Guards" unter Captain Sibert (nahezu sämtlich Iren), die "Mount Jackson Rifles" unter Captain Allen und die "Brook Company" unter Captain Crabill.
Auch hier schlugen wir für einige Tage unser Lager auf und endlich erreichte uns aus Springfield unsere Ausrüstung. Diese war von Privatfirmen bestellt worden und bei unserem Aufbruch noch nicht lieferbar gewesen. Nun gab man uns unsere Tornister, Decken, Patronentaschen, Feldflaschen und Zelte. Bis zu jenem Zeitpunkt hatten wir Teppichtaschen mit uns herumgetragen, in denen sich unsere Wechselwäsche in Form von Zivilkleidung, gestärkten Hemden und Papierkragen befand. Diese luden wir nun auf einen Wagen und schickten sie in die Heimat zurück, da sich herausgestellt hatte, dass wir für Zivilkleidung und gestärkte Hemden keine Verwendung hatten.
Am 15. Juli marschierte unser Regiment an eine Stelle anderthalb Kilometer nördlich von Winchester und wurde dauerhaft in General T. J. Jacksons Brigade eingegliedert, die bereits aus dem 2nd, 4th, 5th und 27th Virginia bestand. Da unser Regiment noch nicht vollzählig war, erhielt es noch keine Nummer und wurde vorläufig schlicht "Colonel Cummings Regiment" genannt.
Am 16. Juli traf die Meldung ein, General Patterson rücke auf Winchester vor und wir mussten unverzüglich in Gefechtslinie antreten und die umliegenden Zäune niederreißen. Unsere Musketen mussten wir stets griffbereit haben, um im Bedarfsfalle sofort das Feuer eröffnen zu können. So verbrachten wir den Rest des Tages und den Folgetag, doch der Feind ließ sich nicht blicken und so kehrten wir schließlich in unser Lager zurück und machten es uns bequem.
Eine weitere neue Kompanie stieß zu unserem Regiment, die "Shenandoah Sharpshooters" unter Captain David Walton. Die Männer hatten noch keine Waffen und erhielten Steinschlossmusketen. Wir wurden angewiesen, unsere Rationen zuzubereiten und uns für den Bedarfsfall unverzüglich marschbereit zu halten. Unser Regiment verfügte nun über acht Kompanien und war rund 650 Mann stark, doch im Lager waren die Masern ausgebrochen und etwa 200 Männer wurden ins Hospital gebracht, da sie nicht marschfähig waren.
Am 18. Juli marschierten wir durch Winchester und bogen auf die Straße in Richtung Berry's Ferry ein, das in knapp 30 Kilometern Entfernung am Shenandoah River lag. Die Einwohner des Städtchens waren zutiefst über unseren Abzug betrübt, da sie fürchteten, der Feind könne anrücken und zu ihrem Schutze standen nur noch eine Handvoll Miliz und Turner Ashbys Kavallerie bereit.
Wir waren erst wenige Kilometer marschiert, als wir Halt machten und der Adjutant eine Order verlas, laut welcher General Beauregard bei Manassas Junction Gefahr lief, vom Feinde übermannt zu werden und wir ihm mit einem Gewaltmarsche zu Hilfe eilen mussten. General Johnston appellierte an die Soldaten, ein jeder solle sein Möglichstes geben, in der Formation zu bleiben und nicht zurückzufallen. Wir setzten unseren Weg im Eilmarsch fort, marschierten den ganzen Tag und den Großteil der Nacht hindurch und durchwateten gegen 00.00 Uhr in der Finsternis den Shenandoah River. In einem kleinen Örtchen namens Paris durften wir endlich zwei Stunden lang rasten, bevor wir bei Tagesanbruch unseren Marsch fortsetzten und schließlich die Piedmont-Bahnstation an der Manassas Gap-Eisenbahnlinie erreichten.
Das Regiment auf dem Wege nach Manassas Junction
Unsere Brigade bildete die Vorhut der Marschkolonne und als wir die Station erreichten, kam die Bevölkerung der Gegend herbeigeströmt, um uns in Augenschein zu nehmen. Wir wurden förmlich mit Lebensmitteln überhäuft und kamen in den Genuss eines wahren Festmahles. Es standen nicht genügend Wagen bereit, um sämtliche Einheiten auf einmal zu transportieren und so musste unser Regiment bei der Station verbleiben, bis die Züge gegen 15.00 Uhr zurückkehrten. Wir nutzten die Wartezeit, um ein regelrechtes Picknick zu veranstalten; wir verfügten über eine reiche Auswahl verschiedener Gerichte, jede Menge Limonade und die Gesellschaft wunderhübscher junger Damen, mit denen wir uns angeregt unterhielten. Schließlich mussten wir herzlichen Abschied von der holden Weiblichkeit nehmen und die Bahnwaggons besteigen. Wir rasten die Bahnstrecke entlang und erreichten Manassas Junction in der Nacht.
Am nächsten Tage, dem 20. Juli, marschierten wir etwa sechs Kilometer den Bull Run hinab zu jener Stelle, wo General Beauregard seit dem 18. Juli dem Feinde gegenüberstand und bereits einen Angriff abgewehrt hatte. Hier schlossen wir uns unserer Brigade an und verbrachten die Nacht mit griffbereiten Musketen. Wir hatten unsere Hüte und Mützen mit Federn geschmückt, doch als wir hörten, dass die Yankees ihre Kopfbedeckungen ebenfalls mit Federn verziert hatten, rissen wir unsere heraus, da wir die einzige Kompanie in der Armee waren, die schwarze Federn trug und nicht riskieren wollten, von den eigenen Kameraden verwechselt und beschossen zu werden. Gelegentlich vernahmen wir das Prasseln der Musketen, wenn die Vorposten aufeinander feuerten und wir mussten damit rechnen, jeden Augenblick in die Schlacht beordert zu werden.
Mein guter Freund William I. Blue, mit dem ich auch mein Quartier teilte, und ich legten uns gemeinsam auf die Erde, warfen eine Decke über uns und spekulierten, welches Schicksal der nächste Tag wohl für uns bereithalten mochte. Wir waren bereits nach mehreren Fehlalarmen vergeblich in Gefechtslinie angetreten, aber uns war klar, dass diesmal ein Fehlalarm ausgeschlossen war. Die beiden Armeen standen einander gegenüber und der morgige Tag würde eine große Schlacht bringen. Nur noch wenige Stunden trennten uns von unserem ersten Vorgeschmack auf die schreckliche Realität dieses Krieges ... Bruder gegen Bruder, Vater gegen Sohn, Blut gegen Blut, unser Heimatland zerfleischte sich in einem unseligen Bürgerkrieg.
So lagen wir da und mir waren gerade die Augen zugefallen, als William mich wachrüttelte, um mir einen Vorschlag zu unterbreiten. Falls einer von uns beiden am nächsten Tage fallen sollte, müsse der Überlebende für ein angemessenes Begräbnis sorgen, sofern unsere Armee sich im Besitze des Schlachtfeldes befände. Ich erklärte mich bereitwillig einverstanden und so war es eine abgemachte Sache, doch ich verlieh meiner Hoffnung Ausdruck, dass wir vielleicht heil davonkämen oder nur verwundet würden. Hierauf entgegnete William: "Nein, ich will nicht verwundet werden. Wenn es mich schon erwischen soll, so hoffe ich auf einen sauberen Treffer ins Herz."
In der Nacht hörten wir einen Schuss zu unserer Linken und ich stand auf, um die Ursache in Erfahrung zu bringen. Es stellte sich heraus, dass einer unserer Jungs sich in den Fuß geschossen hatte. Es schien wahrscheinlich, dass er es absichtlich getan hatte, um nicht an der morgigen Schlacht teilnehmen zu müssen, allerdings hatte der arme Bursche sich ein wenig verschätzt und anstatt sich nur einen oder zwei Zehen abzuschießen, hatte er sich den halben Fuß zerfetzt, sodass dieser amputiert werden musste.