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Kapitel 01: Der unvermeidbare Krieg

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Es ist nicht das Anliegen des Verfassers, seiner Schilderung der Ereignisse während des vierjährigen Ringens zwischen dem Norden und dem Süden eine detaillierte Analyse der Ursachen des Konfliktes voranzustellen. Es ist dies die Aufgabe der Geschichtsschreibung und deren bisherige Versuche erfolgten je nach Sichtweise und Parteilichkeit der jeweiligen Autoren.

Als die Mason-Dixon-Linie festgelegt wurde, war das Land bereits in zwei mächtige und grundverschiedene Fraktionen gespalten, welche teils gegensätzliche Ansichten bezüglich der Machtausübung der Regierung und der Wirtschaftspolitik der Nation vertraten. Diese Gegensätze waren dermaßen stark ausgeprägt, dass selbst ein unbedarfter Beobachter nicht nur einen internen Konflikt, sondern auch einen unvermeidbaren Krieg und das daraus resultierende Blutvergießen vorausahnen konnte. Von dieser Stunde an verfestigten sich die beiden Fraktionen und steuerten der finalen Auseinandersetzung entgegen, deren letztlicher Ausbruch zeitlich ungewiss, doch trotzdem unausweichlich war. Dabei zeigte sich keine der beiden Seiten kompromissbereit. Es ist wahr, dass eine von ihnen aggressiv und die andere defensiv agierte, doch die Verteidigung war ebenso erbittert wie der Angriff entschlossen war. Im Norden wie im Süden wurde gleichermaßen an die niedersten Instinkte der Menschen appelliert und auf beiden Seiten galt es als die patriotische Pflicht der Männer, um des Heimes, Herdes und Vaterlandes willen zur Waffe zu greifen. Heim und Herd der Südstaatler befanden sich südlich der Mason-Dixon-Linie, jene ihrer einstigen nordstaatlichen Brüder nördlich davon.

Es ist wahr, dass es in beiden Fraktionen etliche Männer gab, deren Patriotismus weitsichtiger war als "Nord" und "Süd" und diese sahen dem nahenden Konflikt mit düsteren Vorahnungen entgegen. Sie waren bereit, im Namen des Friedens und einer für beide Seiten akzeptablen Politik ihre Stimme zu erheben, denn ihre Vaterlandsliebe war stärker als die sektionale Uneinigkeit. Der Sturm der entfesselten Leidenschaften und Vorurteile fegte ihre Bemühungen jedoch mühelos hinfort. Ihre Stimmen verstummten und hilflos sahen sie die Katastrophe nahen. Der Würfel war geworfen, die Linie in den Sand gezogen, das Machtwort gesprochen und keines Sterblichen Hand vermochte dem Orkane mehr Einhalt zu gebieten und die Flut einzudämmen.

Als dann schließlich die Stunde gekommen war, kamen selbst die zögerlichsten Männer nicht umhin, sich jener Seite anzuschließen, welcher sie sich gemäß ihrer Gefühle oder Interessen zugehörig fühlten. Es gab keine gemäßigte Position mehr, an der sie festhalten konnten; der Krieg erzwang ihre Entscheidung und wenn sie diese nicht selbst zu treffen vermochten, so entschied das Schicksal für sie. "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!" lautet das erbarmungslose Motto in Zeiten des Kampfes und diesem Grundsatze mussten die Männer sich beugen, ob sie nun wollten oder nicht. Gleich einer fürchterlichen Lawine rissen die Ereignisse sie mit sich fort.

Die Vereinigten Staaten waren jung und ihre Söhne noch viel jünger. Ein jeder von ihnen fühlte sich als sein eigener König und der Ausdruck "Amerikaner" galt als gleichbedeutend mit "freier Mensch". Dieses Geburtsrecht hielten sie mit Stolz heilig und seine Verletzung war eine Beleidigung ihrer Ehre und der innersten Grundsätze ihres Landes. Ein jeder begann, sich der vermeintlichen, endlos langen Reihe vergangener Schmähungen durch die Gegenseite zu entsinnen und die Glut des Geistes von 1776 wurde zu einer lodernden Flamme angefacht. Der Donner der Kanonen von 1812 hallte über die Felder South Carolinas und wurde als trotziges Echo von den Bergen New Hampshires zurückgeworfen, wo sich das Blut der Söhne Neuenglands erhitzte. Die jungen Männer, erfüllt von kriegerischem Eifer, sahen vor dem inneren Auge ihre Flagge, wie sie von starken Armen in der Schlacht von Chapultepec bis in die Hallen des Montezuma getragen wurde. Die eigenen Waffen hatten auf jedem Schlachtfelde den Sieg davongetragen und niemals war das Schwert mit einem Widersacher gekreuzt worden, ohne dass der Sieg auf dem Fuße gefolgt war. Der amerikanische Adler, dieses stolze, erhabene Tier, war eines jeden Burschen gefiederter Freund und jeder von ihnen fühlte sich verantwortlich, dass dieser Vogel weiterhin frei über den klaren, sonnigen Himmel gleiten könne.

Jeder junge Bursche hielt sich für einen unabdingbaren Wächter der Freiheit und den Beschützer der amerikanischen Lebensart. Keiner von ihnen hielt inne, um das alte Sprichwort zu bedenken: "Es ist kein schlimmerer Krieg als zwischen Blut und Blut." Mit derart beseelten Herzen konnte es nicht verwundern, dass auf den ersten Ruf zu den Fahnen hin tausende Männer von den Prärien des Staates Texas, den Baumwoll- und Reisfeldern South Carolinas und den Hügeln des alten Virginia zu den Waffen eilten und den Kampf geradezu herbeisehnten. Im Norden wie im Süden fühlten die jungen Burschen ihre Arme gestärkt und ihre Nerven gestählt und scharten sich mit unerschütterlichem Selbstvertrauen um ihre Banner.

Das erste, gedämpfte Grollen des Krieges rollte über unser gesamtes, großes Land, vom Atlantik zum Pazifik und vom Golf von Mexiko zu den Großen Seen. Die Zeit für ruhige, nüchterne Besinnung war vorüber, es war dies nicht die Stunde kritischer Selbstreflexion. Von Hügeln und Tälern schallte der Lärm des Krieges und die Nation erzitterte unter dem Gleichschritt der Armeen. Gleich einem trunkenen, wutentbrannten Mob, welcher, einem unbekannten Antriebe folgend, einem ungewissen Ziele entgegenstrebt, so brüllten die sich sammelnden Truppen: "Zu den Waffen! Zu den Waffen!"

In der Zeit zwischen Abraham Lincolns Wahlsieg im November 1860 und dem tatsächlichen Ausbruch des Krieges befand sich das Land in einem Zustande fiebriger Erregung und der geringste Anlass fachte die Leidenschaften weiter an. Die Ereignisse überschlugen sich und die Leidenschaft entriss dem Verstande die Krone, um sie sich selbst aufzusetzen. Finsterste Vorurteile gingen im ganzen Lande von Mund zu Mund und ließen die Flammen des Konfliktes in jedem Staate auflodern.

Am 20. Dezember 1860 erklärte ein in South Carolina zusammengetretener Sonderkonvent einstimmig, dass jener Staat fürderhin nicht mehr der Union angehöre. Am 09. Januar 1861 trat Mississippi aus dem Staatenbund aus, gefolgt von Florida am 10., Alabama am 11., Georgia am 19. und Louisiana am 26. des Monats. Am 01. Februar erklärte Texas seinen Austritt. So hatten binnen drei Monaten nach Abraham Lincolns Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten alle "Kernstaaten" des Baumwollanbaus einmütig die Union verlassen und sämtliche innerhalb ihres Staatsgebietes befindlichen Militäreinrichtungen der Zentralregierung besetzt, mit Ausnahme derer im Hafen von Charleston, South Carolina. [Anm. d. Übers.: Fort Pickens, Fort Taylor und Fort Jefferson an bzw. vor der Küste Floridas widersetzten sich wiederholten Kapitulationsaufforderungen und verblieben bis zum Kriegsende in den Händen der Union.]

Während eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung Virginias mit dem Süden sympathisierte, so musste doch bedacht werden, dass der Staat unmittelbar an die freien Staaten angrenzte und diese prekäre Lage ließ die Menschen zögern, ehe sie schließlich doch entschlossen Partei ergriffen. Virginia unternahm sogar den Versuch, als Schlichter zu fungieren und die Streitigkeiten und Wunden der Vergangenheit beizulegen, um den drohenden Krieg noch abzuwenden. Doch diese Bemühungen waren mehr als vergebens, sie waren hoffnungslos. Der Sturm zog bereits auf, die schwarzen Gewitterwolken der Leidenschaft und des Hasses hatten sich bereits auf beiden Seiten zusammengezogen und spien sich trotzigen Zorn entgegen.

Zwei immense Vulkane in Nord und Süd hatten bereits zu lange unter dem Druck der aufgestauten Glutmassen gezittert und gegrollt. Nun brachen die unterdrückten Leidenschaften hervor, die geborstenen Krater spuckten Feuer und Flamme und sengende Lavaströme überrollten die schwächlichen Versuche der gemäßigten Vermittler. Das Blut war erhitzt und man löste den niedersten Instinkten die Fesseln. Die Geschicke des Landes wurden in die Hände eines ungewissen Schicksals gelegt. Als Virginia zögerte, entschieden äußere Mächte in seinem Namen und trieben die Willigen wie die Unwilligen in den Krieg.

Vier Jahre in der Stonewall Brigade

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