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1Schiffe des Voskjard

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Die meisten goreanischen Schiffe haben einen konkav geschnittenen Bug, der anmutig im Wasser versinkt. Eine solche Konstruktion erleichtert das Platzieren von Rammspitzenhalterung und Rammspitze.

Ängstlich, fast wie hypnotisiert, beobachtete ich, wie die erste der grauen Galeeren aus dem Nebel auftauchte, sich schnell bewegte wie etwas Lebendiges und gegen die Kette schlug.

Um mich herum ertönten Kampfhörner. Ich hörte sie in der Ferne widerhallen, die Töne, die zuerst von der Mira und der Talender aufgenommen wurden.

Das Aufeinandertreffen der Kette mit der Galeere verursachte ein lautes Geräusch, zum einen das schlagende Geräusch der Kette, zum anderen ein knirschendes, kratzend und schwer, als die Kette buchstäblich aus dem Wasser gehoben wurde. Fasziniert sah ich die Kettenglieder – schwarz, triefend von Wasser, schimmernd –, die am Bug entlangglitten, das Holz splittern ließen und die Farbe abscheuerten. Dann schwenkte die Galeere durch den Aufprall, der von der Kette gestoppt wurde, nach achtern. Ich sah, wie Ruder brachen.

»Die Kette hält stand!«, rief Callimachus freudig erregt.

Eine weitere Galeere traf auf die Kette.

»Sie hält!«, schrie Callimachus. »Sie hält!«

Ich bemerkte, wie etwas an mir vorbeisauste. Es war schnell. Ich hatte es beinahe nicht bemerkt.

»Entflammt das Pech!«, rief Callimachus. »Katapulte bereit! Löst die Speere! Bogenschützen, auf eure Positionen!«

Ich sah mittschiffs gegenüber unserer Galeere auf dem Schiff des Feindes zwei Bogenschützen. Sie trugen den kurzen, stämmigen Schiffsbogen und waren ungefähr vierzig Yard entfernt.

Gebannt sah ich ihnen zu. Sie schienen so unwirklich. Aber sie waren der Feind.

»Duck dich!«, rief Callimachus. »Schütze dich!«

Ich ging hinter der Reling in die Hocke. Erneut hörte ich zweimal etwas durch die Luft gleiten und erkannte es jetzt als dünnes, fliegendes Holz. Ein Pfeil bohrte sich in den Stamm hinter mir und zu meiner Linken. Das Geräusch war solide, autoritär. Der andere Pfeil prallte funkensprühend von der Verankerung der Reling ab und fiel ins Wasser.

Ich hörte, wie sich die Bogensehnen auf unserem Schiff lösten und das Feuer erwidert wurde.

»Feuer einstellen!«, befahl Callimachus.

Als ich meinen Kopf anhob, sah ich, wie die feindliche Galeere sich rudernd wieder ausrichtete und rückwärts rudernd von der Kette entfernte.

Ungefähr in fünfzig Yard Entfernung hörte ich eine weitere Galeere auf die Kette prallen. Ein Jubeln war über das Wasser hinweg zu hören. Erneut, so schien es, hatte die Kette dem Angriff standgehalten.

Hinter der Kette hörte ich die Signalhörner.

Callimachus befand sich jetzt oben auf dem Vordersteven. »Löscht das Pech!«, rief er.

Ich versuchte, durch den Nebel hindurch etwas zu erkennen. Es schienen sich keine feindlichen Schiffe mehr an der Kette aufzuhalten.

Callimachus, ungefähr zwanzig Fuß über mir, die Hände am Mast, spähte angestrengt in den Nebel. »Langsam!«, rief er zwei Steuerleuten an den Rudern zu. Ein plötzlicher Windstoß zerrte an dem Nebel. Ich hörte die Ruder und das Quietschen der Ruderhalterungen. Der Rudermeister setzte die Ruder außenbords in das Wasser.

»Schaut!«, rief Callimachus und deutete nach steuerbord. Der Wind hatte einen weiten Spalt in die Nebelschwaden gerissen.

Ich hörte Jubelschreie hinter mir. An der Kette, nach hinten gekippt, der gewölbte Bug komplett aus dem Wasser gehoben, das Hinterschiff überflutet, befand sich eine Piratengaleere. Männer waren im Wasser. Hinter diesem Schiff lag eine weitere Piratengaleere, außer Gefecht.

»Sie werden wiederkommen!«, rief Callimachus.

Aber dieses Mal, so dachte ich, werden sie nicht so waghalsig die Kette angreifen.

Das nächste Mal, so vermutete ich, würden sie versuchen, sie zu durchtrennen. Und diese Situation musste verhindert werden. Sie mussten an der Kette gestellt werden.

»Verpflegung für die Männer!«, befahl Callimachus. »Frühstückt gut, Männer, denn es gibt viel Arbeit für den Tag!«

Ich steckte mein Schwert wieder in die Scheide. Voskjard hatte die Kette nicht durchbrechen können.

Ich glaubte, dass wir westlich der Kette bleiben würden. Ich war hungrig.

»Sie kommen, Männer!«, rief Callimachus vom Vordersteven. Ich ging zum Bug, um nachzusehen. Der Nebel, jetzt zur achten Ahn, hatte sich weitgehend aufgelöst. Es hingen nur noch einige vereinzelte Schwaden über dem Wasser.

»Entfacht das Pech!«, befahl er. »Seid bereit mit den Katapulten! Bogenschützen, auf eure Positionen!«

Augenblicklich roch ich das verbrannte Pech. Es stand im starken Kontrast zu dem reichen, organischen Geruch des Flusses. Jetzt konnte ich einige Galeeren sehen, ungefähr dreihundert Yard entfernt, die auf die Kette zufuhren. Außerdem hörte ich das Quietschen der Katapulte, als sie gespannt wurden. Die Bogenschützen nahmen ihre Position hinter den geflochtenen Schutzschirmen ein. Auf dem Deck verteilt, standen hier und da Eimer, gefüllt mit Sand oder Wasser.

Ich hörte, wie Pfeile aus ihren Köchern gezogen wurden, schussbereit hinter den Schutzschirmen. Es befanden sich fünfzig Pfeile in den Köchern. Irgendwo bewegte sich ruhig und kontinuierlich ein Schleifstein über den Kopf einer Axt.

Ich sah, wie Callimachus seine Hand hob. Hinter ihm würde ein Offizier das Signal weiterleiten. Unter den Stufen des Vorderstevens, unter dem Steuerdeck, würde der Rudermeister Ausschau halten. Die Ruder befanden sich bereits außenbords. Ich bezweifelte, dass eine der Galeeren so dumm sein würde, seitwärts auf die Kette aufzulaufen.

Ich konnte meinen Augen fast nicht trauen. War es, weil die Flagge von Victoria über unserem Vordersteven wehte?

Ich sah, wie die Hand von Callimachus nach unten fiel, fast wie ein Messer. Augenblicklich wurde das Signal weitergeleitet, die Tina schoss nach vorne.

In weniger als einer Ehn erreichte sie die Kette. Der eiserne Rammbock glitt knirschend über die Kette und traf das gegnerische Schiff in der Mitte. Die Planken des Rumpfes zersplitterten. Männer schrien auf. Durch den Aufprall wurde ich von den Beinen gerissen. Ich hörte noch mehr Holz splittern, als wir uns rückwärtsrudernd von dem Schiff entfernten, der Rammbock bewegte sich in der Wunde. Ich hörte, wie das Wasser in das andere Schiff schoss, ein schnelles, schweres Geräusch. Es würde sinken. Ein schwerer Stein, von irgendeinem Katapult, schlug auf dem Deck neben mir ein, abgefeuert von einer anderen Galeere. Ein Speer, geteert und brennend, löste sich aus seiner Verankerung und flog Richtung Vordersteven. Pfeile flogen durch die Luft. Dann zogen wir uns zurück und entfernten uns ungefähr fünfundsiebzig Fuß von der Kette. Einige Männer hielten sich an der Kette fest. Ich hörte einen Mann irgendwo hinter mir stöhnen. Ich zog den Speer aus dem Vordersteven und warf den noch immer brennenden Speer über Bord.

Hier und da entlang der Kette konnten wir weitere Galeeren sehen, die sich seitwärts an die Kette stellten und Männer in kleinen Booten, die mit Werkzeugen an den großen Kettengliedern sägten.

Binnen weniger Augenblicke hob und senkte sich die Hand von Callimachus. Erneut bohrte sich der Rammbock tief in die Planken eines feindlichen Schiffes. Und wieder zogen wir uns zurück.

Eine Tonkugel, entflammt mit Pech, schoss über unser Deck und schlug ein. Eine weitere fiel zischend ins Wasser zu unserer Steuerbordseite. Unsere eigenen Katapulte erwiderten das Feuer mit Pech und Steinen. Mit Sand löschten wir das Feuer.

»Sie werden sich jetzt zurückziehen«, sagte Callimachus zu einem Offizier, der neben ihm stand. »Wir werden sie mit dem Rammbock nicht mehr erreichen können.«

Noch während er sprach, konnte ich beobachten, wie einige der Piratenschiffe sich zurückzogen, noch immer seitlich zur Kette gedreht, aber weit genug entfernt, sodass unser Rammbock sie nicht mehr erreichen konnte.

Vor unserem Bug konnten wir ein Piratenschiff durch das schlammige Wasser des Vosk gleiten sehen. Kleine Boote erreichten die Kette.

Wir bewegten uns wieder nach vorn. Pfeile hagelten auf unser Deck.

»Bogenschützen!«, rief Callimachus.

Wir selbst ließen einen wahren Pfeilregen auf das am nächsten gelegene Beiboot niederprasseln. Zwei Männer fielen vom Boot ins Wasser. Andere sprangen freiwillig und schwammen zum Bug des nahe gelegensten Piratenschiffes.

»Lasst sie nicht in die Nähe der Kette!«, befahl Callimachus den Bogenschützen. Wir drehten und wollten ein weiteres Beiboot bedrohen, das jedoch nicht auf uns wartete, sondern sich hinter die nächste Galeere zurückzog.

Ich beobachtete die Flugbahn einer mit brennendem Pech gefüllten Schale, die einen Rauchschweif hinter sich herzog und dann mit einem zischenden Geräusch ganz in unserer Nähe im Wasser landete.

»Feuer einstellen! Ruhig!«, rief Callimachus. Später befahl er: »Zurückrudern!«

Ab und an wurde ein Stein oder eine Kugel aus Pech in unsere Richtung geschleudert, aber keines dieser Geschosse erreichte uns.

Callimachus suchte die Kette mit dem Fernglas ab. »Seht, Leute«, rief er, »wie wenig Respekt sie vor uns haben!«

Ich und einige Männer gingen zum Bug. Ungefähr fünf Beiboote passierten die Kette.

»Auf Position, Männer!«, lachte er.

Ich hatte keine feste Position und blieb daher am Bug stehen. Die anderen, in erster Linie Ruderer, kehrten auf ihre Plätze und zum Heck zurück. Die Männer in den Beibooten trugen Schwerter und Enterhaken. Dachten sie wirklich darüber nach, uns anzugreifen? Unsere Galeere, wie die meisten der goreanischen Konstruktionen, war lang und flach gebaut, aber die Verschanzung ragte noch immer über die einfachen Beiboote.

Die Tina stach auf die Kette zu. Wir fuhren über das erste Beiboot hinweg, zerstörten es. Heck und Bug wurden in die Luft gehoben; die Mannschaft schrie und sprang ins Wasser. Ein weiteres Boot stieß mit den Rudern auf unserer Steuerbordseite zusammen und kenterte. Die anderen drei flohen zurück zur Kette.

Ich erkannte, dass ihre Aktion dazu gedient hatte, uns abzulenken und zu beschäftigen, während weitere Beiboote hinter geflochtenen Abschirmungen, wie jenen, welche die Bogenschützen verwenden, entlang der Kette befestigt lagen. Hinter diesen Abschirmungen sah man schemenhafte Gestalten mit Sägen an der Kette arbeiten. Die Ablenkung war jedoch zu kurz gewesen.

Wieder fuhr die Tina auf die Kette zu und drehte sich breitseits zur Kette. »Feuer!«, rief Callimachus. Pfeile trafen auf die schweren Korbabschirmungen und, obwohl sie etwa einen Fuß in das Material eindrangen, richteten sie wenig Schaden an.

Die Schäfte der Pfeile wurden von dem schweren Korbmaterial abgefangen. Zudem beschützten die Piratengaleeren jetzt ihre Beiboote und konterten mit heftigem Gegenfeuer. Die geflochtenen Abschirmungen unserer Bogenschützen waren ebenfalls mit Federn und Holz übersät.

Ein schwerer Stein brach einen Teil der Reling am Vordersteven der Tina weg.

»Näher! Näher!«, schrie Callimachus.

Ich hörte das Zischen und Schnappen unserer Katapulte, die verdrehten Leinen lösten sich. Als das größte abgefeuert wurde, konnte ich die Vibration unter meinen Füßen auf dem Deck spüren. Flammendes Pech flog in unsere Nähe. Pfeile schwirrten wild durch die Luft. Plötzlich erschien ein Arm über der Reling und ein wassertriefender Mann kletterte an Bord. Ich empfing ihn mit meinem Schwert, kämpfend und tretend zwang ich ihn wieder über Bord. Brennendes Pech explodierte jetzt aus einem Gefäß aus Ton, welches über das Deck schlidderte. Kampfhörner waren aus allen Richtungen zu hören. Nicht mehr als ein Dutzend Fuß entfernt, konnte ich ein Beiboot der Piraten hinter der Kette ausmachen, geschützt durch die geflochtenen Abschirmungen. Steine und Pech flogen zwischen den Schiffen hin und her und explodierten. Deutlich konnte ich die Augen der Piraten erkennen, nicht mehr als ein paar Fuß entfernt, durch die Kette und nur wenig Wasser voneinander getrennt. Ein Mann mit dem Bogen in der Hand erhob sich hinter der Reling des feindlichen Schiffes. Doch er fiel nach hinten, ein Pfeil steckte in seiner Brust.

Ich hörte die Kette an der Seite der Tina entlangschaben. Wir glitten an der Kette entlang und die Ruder auf unserer Steuerbordseite schlugen die geflochtenen Abschirmungen eines Beibootes, das sich zu nahe an der Kette befand, zur Seite und schwemmten Männer ins Wasser.

Ich sah Piraten auf der Galeere gegenüber, die wild ihre Fäuste in unsere Richtung schüttelten.

Die Tina drehte nun ab, jetzt, wo die Kette von den Piraten befreit war. Im Wasser schwammen die Wracks zweier Beiboote. Eine geflochtene Abschirmung trieb halb versunken hinter der Kette. Ich hörte, wie die Männer hinter mir die Flammen auf der Tina löschten.

»Zurückrudern!«, befahl Callimachus. Und die Tina entfernte sich von der Kette, ihr Bug zeigte in Richtung der Kette.

Die Piratengaleeren hatten sich ebenfalls von der Kette zurückgezogen. Es war nahe der zehnten Ahn, dem goreanischen Mittag.

Callimachus kam vom Vordersteven, ließ seinen Offizier auf seinem Posten zurück. Er benutzte seinen Helm als Gefäß, füllte ihn mit Wasser und spritzte etwas davon in sein Gesicht.

»Wir haben die Kette verteidigt«, sagte ich an Callimachus gewandt. Er wischte sich sein Gesicht mit einem Tuch ab, das ihm einer seiner Männer reichte.

»Für den Moment«, erwiderte er.

»Denkst du, Voskjard wird sich jetzt zurückziehen?«, wollte ich wissen.

»Nein«, sagte er und drückte seinem Nebenmann das Tuch in die Hand.

»Was werden wir jetzt machen?«, fragte ich nach.

»Ausruhen«, erwiderte er.

»Wann denkst du? Wird Voskjard einen neuen Versuch wagen?«, fragte ich.

»Was denkst du?«, wollte er von mir wissen.

»Heute Nacht«, gab ich ihm zur Antwort.

»So wird es sein!«, stimmte er mir zu.

Gor 16

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