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Schlussfolgerung: Wahrscheinlichkeiten erhöhen

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Wir sollten nicht erwarten, eine zusammenhängende oder generalisierbare Sicht aus den versprengten Quellenpassagen, die aus verschiedenen dramatischen Kontexten und von verschiedenen Charakteren als Sprechern stammen, ziehen zu können. Das Material reicht nicht aus, um Accius’ eigene Sicht, und schon gar nicht, um so etwas wie eine „Theologie des Accius“ rekonstruieren zu können. Als Ganzes genommen erlauben uns die Befunde jedoch, über die Gesamtheit der Fragmente hinweg spezifische Modi der Kritik und interpretative Vorannahmen zu erkennen. Diese interpretiere ich vor allem als von ihren Entstehungskontexten bestimmt, weniger denn sie als Beweis dafür zu sehen, dass es einen engen Rezeptionsprozess einer philosophia perennis gab, noch als bloßen Bericht einer fremden Sicht – womit auch gesagt sei, dass die letzte Kategorie durchaus dazu dienen könnte, um religiös-philosophischen Aussagen des Ennius zu charakterisieren.42

Wenn man ihn auf diese Art versteht, erscheint Accius näher an dem vorgestellten Typ der Rationalität in Werken, die im ersten Jahrhundert normalerweise eher als philosophisch angesehen wurden, zu stehen denn an der Form von Rationalität, die wir typischerweise in der antiquarischen Literatur finden. Accius distanziert sich selbst von der Kritik, die nur der Kritik wegen geübt wird, und distanziert sich auch von der bloßen Befriedigung des Publikums.43 Er nimmt die Position einer Person ein, die in die römische Oberschicht integriert ist, welcher die „Wahrscheinlichkeit“ der griechischen philosophischen Argumentation weniger als verisimile denn als probabile erscheint: Die theoretische Beurteilung dessen, was „nah an der absoluten Wahrheit“ ist, wird ersetzt durch das Konzept positiver sozialer Bewertung, des sozial Akzeptierten, dem „zugestimmt werden kann“.44 Accius’ nächster Zeitgenosse, Pacuvius, teilte zwar nicht Accius’ soziale Stellung, aber seine Auffassung.45

Accius, daran sollte gedacht werden, war vor allem Theaterautor. Seine vorgetragenen Überlegungen sind Teil des dramatischen Diskurses, was heißen soll, einer bestimmten Form des öffentlichen Diskurses. Der Inhalt musste nicht akzeptiert werden, musste aber vom Publikum angehört werden. Öffentliche Rituale boten einen Raum für explizite Rationalisierung im Modus der Theorie. Tatsächlich kann Ritualisierung selbst, wie das nächste Kapitel zeigen wird, in den Dienst der Rationalisierung treten.

Römische Religion in republikanischer Zeit

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