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7. Zusammenfassung

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Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung seien noch einmal zusammengefasst. Zeitgenössisches und glaubwürdiges Material bieten die commentarii pontificum erst ab 249 v. Chr. Annalistische, das heißt Livianische Priesternachrichten ab diesem Zeitpunkt sind glaubwürdig, vorher zweifelhaft; es besteht für die frühere Zeit allerdings eine Sondertradition der Auguren, die in ihrem Entstehungsdatum und Wert nicht sicher bewertet werden kann. „Hüter des römischen Geschichtsbewusstseins“ waren die Pontifices nie – mit der bekannten Ausnahme des Verfassers der Annales Maximi im letzten Drittel des zweiten Jahrhunderts v. Chr. Seit Bestehen der commentarii war es üblich, einen Auszug daraus vor dem Haus des Pontifex maximus auf einer Holztafel zu publizieren. Die annales maximi stellen eine um erhebliche Mengen historisch unsicheren oder erfundenen Materials erweiterte Edition der commentarii pontificum, die P. Mucius Scaevola veranstaltete, dar. Sie stehen in gewissem Sinn in der antiken Tradition apokrypher Literatur, die in Rom schon durch den Kalender (fasti) des Cn. Flavius und die Bücher Numas bekannt war. Durch die geschickte Verknüpfung seines Werkes mit der „Informationstafel“ der Pontifices maximi gelang es Scaevola, die Nachteile des Publikationsverfahrens „Apokryphen“, nämlich den Fälschungsverdacht, formal auszuräumen.95

Authentizitätskritik an den annales maximi dürfte bei den Zeitgenossen de facto vorhanden gewesen sein. Schaut man sich aber die moderne historische und religionsgeschichtliche Literatur mit ihrer von der historisch-kritischen Methode gespeisten Sehnsucht nach Dokumenten an, so muss man trotz der kritischen Stimmen, die immer wieder laut wurden, sagen: Die Fälschung des Scaevola gehört zu den erfolgreichsten Fällen apokrypher Literatur überhaupt. Die Traditionskritik kann die Frage nach der Pragmatik der Aufzeichnungen nur teilweise klären. JOHN SCHEID hat vorgeschlagen, das „historische“ Interesse der Pontifices mit der Einlösung der jährlichen Gelübde zum Jahresanfang in Verbindung zu bringen: Es galt die Frage zu klären, ob das vergangene Jahr Grund genug bot, den Göttern zu danken, und genau dies zu dokumentieren.96 Das ist eine diskutable Hypothese. Aber sie ist zu historisieren: Zu einer Dokumentation hätte diese Form „historischer“ Rechenschaft erst im dritten Jahrhundert v. Chr. geführt.

Religiöse Erinnerungskulturen

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