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Steffen

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»Na, Ben, alles fit?«

»Ach, Hi Steffen. Ja, alles super. Wo hast du Kai gelassen?«

»Der kommt auch gleich. Wir sind mit unseren Privatwagen getrennt gefahren, damit jeder anschließend direkt nach Hause kann.«

»Ach so, ja, macht Sinn.«

Er wärmte sich für das Training auf. Ich stellte meine Wasserflasche neben seine auf die Bank und folgte dem Beispiel.

Ben arbeitete in einer Wohneinheit, die junge Erwachsene mit Gewalt- oder Drogenproblemen aufnahm. Sein Partner Mirco hatte die Einrichtung ins Leben gerufen, da er früher selbst drogenabhängig gewesen war und anderen Leuten helfen wollte. Ben war erst ein knappes halbes Jahr im Team. Ursprünglich war er als Schützling ins Haus aufgenommen worden – ebenfalls mit einem Drogenproblem. Mein Teampartner Kai hatte dafür gesorgt, dass Mirco ihn aufnahm. Bevor er auf die Polizeischule wechselte und sich ihre Wege trennten, war er eng mit Ben befreundet gewesen.

In der Zwischenzeit war viel passiert, da Bens Leben eine unschöne Wendung genommen hatte. Gemeinsam mit Mirco hatte Kai ihm den Anstoß gegeben, sein Leben wieder auf die Reihe zu kriegen.

Jetzt machte er hier eine sozialpädagogische Ausbildung. Daher durfte er momentan nur die Sporteinheiten leiten. Da es einfacher war, eine Gruppe zu bändigen, wenn man nicht allein war, waren Kai und ich oft hier, um Mirco und seine Leute zu unterstützen. Dann gab es noch André, der wiederum Mirco aus seinem Drogenproblem herausgeholfen hatte, und Tim, der unabhängig am Anfang des Projekts dem Team beigetreten war.

André und Mirco unterstützten Ben ebenfalls häufig bei den Sporteinheiten. Tim war Psychologe und kümmerte sich eher um die seelischen Belange der Schützlinge.

Kai und ich brachten hier oft den jungen Leuten Selbstverteidigung bei. Im gleichen Zug zu trainieren, war in unserem Job sowieso das A und O.

Mircos Scheune, in der der Sport stattfand, und die dazugehörigen Menschen waren uns immer eine willkommene Abwechslung zum Polizeialltag.

»Hast du Herrn Pollack auf der Wache nochmal gesehen?«, fragte Ben plötzlich.

»Wie kommst du darauf?«

»Ich weiß nicht. Irgendwie muss ich viel an den denken. Bei dem Verhör benahm er sich anders, als der olle Herr Häuser nicht mehr dabei war.«

»Das ist dir aufgefallen?«, gab ich erstaunt von mir.

Ben war während der Befragung, zu der er als Zeuge und Betroffener geladen gewesen war, mehrfach zusammengebrochen.

Das Verhör betraf seine unschöne Vergangenheit. Demzufolge war das ein starkes Stück, dass er das Verhalten von Herrn Pollack so detailliert hatte aufnehmen können.

Aber ich musste ihm zustimmen. Ohne seinen Partner war mir Herr Pollack auch positiv aufgefallen. Sonst kannte man ihn ruhig und still; eher als defensiven Polizisten, der nur im Notfall hart durchgriff. Aber bei dem Gespräch mit Ben war er aus sich herausgekommen. Er hatte die Vernehmung zielorientiert und einfühlsam zu Ende gebracht, nachdem es mit Herrn Häuser nicht so gut geklappt hatte, da der einfach zu grob durchgeprescht war.

»Na ja«, sagte Ben. »Er war halt nett. Und da er, während Herr Häuser das Gespräch geführt hatte, nur stillschweigend am Spiegel stand, fand ich es überraschend, dass er so ein gutes Gespür für die Sache zeigte. Er hat versucht, mir die Vernehmung so angenehm wie möglich zu machen.«

Ich zuckte mit den Schultern. »So viel kann ich zu dem nicht sagen. Ich habe nicht viel mit den beiden zu tun, da sie in einem anderen Bereich arbeiten.«

»Vielleicht kannst du ihm trotzdem von mir danken. Wobei, wahrscheinlich kann er sich gar nicht mehr an mich erinnern. Ich war ja nur ein Fall von vielen.« Er winkte ab, wärmte sich weiter auf und machte Dehnübungen.

Ich zuckte nochmal mit den Schultern. Ben sah das nicht, weil er mich nicht anguckte. »Ich kann’s ihm ausrichten, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Er freut sich bestimmt, wenn ich ihm sage, dass er seine Sache gut gemacht hat.«

»Ja. Das hat er wirklich«, antwortete Ben und sah mich mit einem Lächeln an.

Es schien ihm inzwischen besser zu gehen. Gott sei Dank hatte er Leute wie Mirco und André an seiner Seite. Und die Freundschaft zu Kai wurde auch wieder dicker. Ich freute mich für ihn, vor allem, weil ich gemerkt hatte, dass Kai viel an ihm lag. Aber klar, wenn man sich seit dem Sandkasten kannte, warf man das nicht so einfach weg.

Mein Gedankenflug unterbrach, da die Schützlinge reinkamen. Kai folgte der Gruppe am Ende und sie schlossen sich alle dem Aufwärmprogramm an.

»Puh, war das wieder ein Training«, schnaufte Kai hinterher. Wir standen an unseren Autos, im Begriff, uns voneinander zu verabschieden.

»Ja, hat aber wie immer Spaß gemacht.«

»Absolut. Aber manchmal wünschte ich, wir wären ein Trainer mehr, dann könnten wir besser mit den Schützlingen an der Feinarbeit üben.«

»Stimmt.«

»Vielleicht gibt es ja in unserer Schicht noch irgendwen, der Lust dazu hätte? Oder in einer der anderen Abteilungen?«, überlegte Kai.

»Hm«, brummte ich nur.

Ich war kein Mensch, der viel sprach. Ich war eher der absolute Ruhepol. Kai war derjenige, der vorne stand und das Zepter in der Hand hielt. Wobei ich trotzdem nicht weniger dominant war wie er. Das wusste er auch, deswegen begegneten wir uns immer auf Augenhöhe.

Wir praktizierten in unserer Freizeit BDSM, im softeren Bereich, und taten das hin und wieder auch zusammen, wenn sich ein geeigneter Sub für uns fand. Was Dauerhaftes strebten wir beide nicht an. Zwei Doms, ein Sub, ein Spiel. Mehr nicht. Danach fuhren wir alle getrennt nach Hause. Kai und ich hatten uns auch geschworen, dass wir nur gemeinsam loszogen, solange wir Single waren. Sobald einer von uns einen festen Partner fand, würde das aufhören. Auch wenn wir uns beide momentan noch nicht fest binden wollten, waren wir uns absolut einig.

»Du bist im Feierabendmodus, ich merk’s schon«, sagte Kai lachend, aufgrund meiner brummeligen Antwort. »Wir können ja morgen auf der Dienststelle überlegen, wer vielleicht in Frage kommt, hier mit uns zu trainieren. Sollte jemand sein, der auch längerfristig Interesse daran hat.«

»Hm«, brummte ich erneut, aber ein zustimmendes Brummen. Kai lachte abermals. »Schon gut, ich lass dich in Frieden. Wir sehen uns morgen Früh um sechs bei der Arbeit. Schlaf gut.«

»Danke, du auch«, gab ich zurück, schaffte ein Lächeln, welches Kai erwiderte, und hob zum Abschied die Hand.

Zu Hause angekommen machte ich mir nur noch ein Brot mit Spiegelei, ging duschen und legte mich ins Bett. So ein Tag mit abschließendem Training war zwar schön, aber auch verdammt anstrengend. Abgesehen davon interessierte mich das abendliche Fernsehprogramm nicht die Bohne.

Renko

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