Читать книгу Renko - Jorin Söker - Страница 7
Renko
Оглавление»Na, liebster Kollege, alles fit?«, grüßte Olaf und grinste schleimig, bevor er sich mir gegenüber auf seinen Bürostuhl fallen ließ. Er griff zu der dampfenden Tasse Kaffee, die ich jeden Tag bei Schichtbeginn in der Küche für ihn machte. Würde ich das nicht tun, würde ich es abends bitter bereuen.
Auf der Arbeit ließ er sich nicht anmerken, dass sich unsere Wege nach Feierabend noch nicht trennten. Vor seinen Kollegen behielt er immer seine Maske auf. Nur ich bekam den Rest zu spüren, samt der Launen, die er nach Dienstschluss hatte. Die gute Stimmung blieb meistens aus.
»Wir haben heute viel zu tun. Hast du schon mit Lisa gesprochen und die Post geholt?«, sprach er weiter, ohne auf eine Antwort von mir zu warten. Jetzt wiederum erwartete er eine.
»Nein, ich war noch nicht bei Lisa. Die Post kommt ja erst um neun.«
Lisa war auf der Wache unser Mädchen für alles. Sie erledigte die Kleinigkeiten im Hintergrund, für die die meisten Polizisten keine Zeit hatten, oder, so wie Olaf, sich als was Besseres fühlten. Die Post für die unterschiedlichen Abteilungen landete auch bei ihr. Ich lief jeden Tag nach unten, um sie für uns zu holen.
»Ach ja, wir haben ja erst sechs Uhr, ist ja die Frühschicht heute«, stellte Olaf fest. »Hast du wenigstens schon die Akten für den neuen Fall angelegt?«
»Ja, bin fast fertig damit.«
»Dann sieh zu, das ist wichtig!«, schimpfte er.
Was in unserem Job war denn bitte nicht wichtig? Ich dachte mir meinen Teil, sprach es aber nicht aus.
Wir waren nicht die Einzigen in diesem Büro. Auch zum Nebenbüro, der Abteilung für Jugendkriminalität, gab es nur eine dünne Scheibe, durch die man das Gemurmel der Gespräche wahrnehmen konnte. Dass Olaf unerbittlich war und gerne mal etwas lauter wurde, das wussten hier alle. Es machte sich keiner mehr was draus. Deswegen erlaubte er es sich, so mit mir zu sprechen. Er wusste, dass keiner was dazu sagen würde. Ich sowieso nicht, denn damit schnitt ich mir nur ins eigene Fleisch.
»Ja, ist gut«, murmelte ich und wandte mich besagten Akten zu.
»Und die bestehenden Akten zu dem Fall, hast du die geholt?«
Wie sollte man bitte fertig werden, wenn man immer unterbrochen wurde? Ich sprach den Gedanken nicht aus, sondern hob nur den Kopf, da Olaf es erwartete.
»Nein, tut mir leid.«
»Dann holst du das sofort nach. Ich habe dir die Namen auf den Rechner geschickt, damit das nicht schiefläuft«, sagte er scharf.
Mit anderen Worten: Ich sollte verdammt nochmal auf den Bildschirm gucken und seinen Anweisungen folgen.
Bevor ich las, was er geschrieben hatte, wusste ich, dass es nicht die Namen der Personen sein würden. Der private Chataustausch zwischen den Teampartnern wurde nämlich nicht geprüft oder abgespeichert. Deswegen konnte Olaf in das Chatgespräch alles reinschreiben, was er wollte. Für mich hieß das: Egal was da steht, du befolgst es. Ich las:
›Du gehst die Akten holen. In fünf Minuten bist du aber bei den Toiletten.‹
Na super, das hieß nichts Gutes.
Da ich schlecht mit den Akten bei den Toiletten aufkreuzen konnte, denn das käme vor anderen Kollegen komisch, brachte ich sie ins Büro.
Da sich das Archiv mit den Akten im Keller befand, war ich über die fünf Minuten drüber. Das war Olafs Absicht gewesen, denn er wusste, dass ich, aufgrund meiner Klaustrophobie, keinen Fahrstuhl fuhr.
Ich eilte zu den Toiletten, bei denen Olaf auf mich wartete.
»Es ist noch ein Kollege drin. Du gehst rein und wartest auf mich«, wies er mir wie üblich an.
»Ja«, gab ich zurück und betrat die Toilettenräume.
Der Kollege, den ich als Steffen Remanns erkannte, war bereits bei den Waschbecken und wusch sich die Hände.
»Ach, hallo Herr Pollack«, grüßte er mich mit einem Lächeln. Überrascht entgegnete ich ebenfalls einen Gruß.
Ich war es nicht gewohnt, dass Kollegen sich an meinen Namen erinnerten, da meist Olaf das Wort führte und die Lorbeeren erntete. Ich wurde gerne von ihm unter den Scheffel gekehrt und fiel den Kollegen dadurch nie auf.
»Haben Sie gleich einen Moment für meinen Partner und mich?«, erkundigte Herr Remanns sich und riss mich damit komplett aus dem Konzept.
Was wollten er und sein Teampartner von mir? War Olafs und mein Verhalten doch zu auffällig geworden? Bei dem Gedanken daran lief es mir eiskalt den Rücken runter.
»Ähm …. Ja … Klar«, stotterte ich. Herr Remanns zwinkerte mir aufmunternd zu. »Keine Sorge, es geht um nichts Schlimmes. Kommen Sie einfach gleich rüber, wenn Sie so weit sind.«
Mit den Worten nickte er mir nochmals zu und verschwand aus dem Raum. Kurz darauf trat Olaf ein.
»Was hat das so lange gedauert mit dem Remanns? Ach, egal, von dir wird er schon nichts gewollt haben.« Er winkte sogleich ab, während er die Tür zum Flur abschloss, damit ihn keiner störte. »Geh in die Kabine!«, ordnete er hart und folgte mir auf den Schritt.
Ich setzte mich auf den geschlossenen Klodeckel, da mir auf dem engen Raum keine andere Möglichkeit blieb. Olaf drängte sich mit hinein und schloss auch diese Tür hinter sich ab. Durch meine Klaustrophobie bekam ich sofort ein mulmiges Gefühl. Meine Knie zitterten, weshalb ich froh war, zu sitzen.
»Stell dich nicht so an«, forderte er, sich meiner Not bewusst. »Aufstehen, umdrehen, Hose runter und nach vorne bücken, Arsch zu mir!«
Schnell kam ich dem nach und präsentierte ihm meinen Hintern.
»Zieh die Backen auseinander!« Währenddessen drückte er mich im Nacken runter, sodass mein Kopf auf dem Klodeckel zum Liegen kam. Ich hasste das, da die Toiletten nicht die saubersten waren, aber er ließ mir natürlich keine Wahl.
»Da du deinen Job heute Morgen scheinbar nicht zuverlässig machen kannst, muss ich dich wohl daran erinnern, wer hier das Sagen hat. Du wusstest ja schließlich gestern schon, dass die Akten heute fertig sein sollen. Außerdem solltest du nach fünf Minuten hier sein, hast aber doppelt so lange gebraucht«, belehrte er mich.
Das mit den Akten stimmte nicht ganz. Er hatte am vorherigen Tag gesagt, dass sie am Morgen fertig werden sollten und nicht, dass sie bereits fertig sein müssten. Natürlich hielt ich trotzdem meinen Mund. Er musste ja schließlich einen Grund finden, mir einen Plug in den Arsch zu schieben, nicht wahr?
Im nächsten Moment spürte ich den besagten Plug auch schon an meinem Hintereingang. Er war nicht der Kleinste, aber auch nicht der Größte, den Olaf bei sich trug. Damit würde es sich wohl noch arbeiten lassen. Zur Krönung quetschte er mir die Eier und zog sie lang, bis ich wimmerte.
»Schnauze! Steh das durch wie ein Mann!« Er erhöhte den Zug und wartete ab, ob ich mich muckste. Ich biss mir stattdessen hart auf die Lippe, um keinen Laut von mir zu geben. »Geht doch.«
Er ließ zum Glück von mir ab. »Du gehst jetzt zurück. Wenn ich wieder da bin, sind die neu angelegten Akten fertig auf meinem Tisch.«
Mit den Worten verließ er die Kabine, damit ich sie verlassen konnte, und ging in die angrenzende. Wahrscheinlich musste er sich da einen runterholen, in der Hoffnung, dass ihn keiner unterbrach, da ich die Tür zum Flur aufsperrte.
Ich dachte nicht mehr an ihn, sondern ging zielstrebig ins Büro und setzte mich an die Akten. Herr Remanns Bitte um ein Gespräch ploppte wieder in meinem Gedächtnis auf, aber ich beschloss, lieber erst die Akten zu erstellen, bevor Olaf einen Grund hatte, mich weiter zu bestrafen.