Читать книгу Geschenkt ist noch zu tödlich - Josi Aniol - Страница 12

9

Оглавление

Die Fahrt zum Nelkenhof wurde von einer merkwürdigen Stimmung begleitet. Sie waren schon spät dran und Eddi fuhr konzentriert nach den Angaben des Navi. Als Sie auf den mit Rosen umrandeten Parkplatz fuhren stand die dunkle S-Klasse von Piepenbrock schon in der Nähe zum Eingang. Eddi musste mit dem letzten Parkplatz in der hinteren Reihe vorlieb nehmen. Die dicksten Mercedes kriegen immer die besten Plätze, durchfuhr es ihn.

«Piepenbrock ist schon eingeflogen. Wir müssen uns beeilen. Sonst räumen die den Kaffee wieder weg. Vielleicht denken die, das ich kneife und schon längst auf dem Rückzug bin»

Hopes Stimmung war auf einem ziemlichen Nullpunkt. Mit Mühe und Not hatte sie sich den Staub von der Hose geklopft und kam sich wie eine Pennerin vor. Mit zerzausten Haaren und dreckigen Schuhen.

«Das fällt dem alten Hansen bestimmt nicht auf. Und dem Piepenbrock kann es egal sein. Die glauben doch eh, dass du ablehnst.»

«Da bin ich mir sicher. Aber ich sehe auch so arm aus wie ich bin. Die müssten doch wissen, das ich aus eigenen Mitteln einen solches Unterfangen nicht stemmen kann. Irgendjemand veranstaltet hier ein hübsches Spektakel um uns los zu werden.»

«Glaubst du das war eine Show für uns. Aber warum denn, die sollten doch froh sein, dass es jemanden gibt der das alles wieder auf Vordermann bringt. Ist ja ein ganz schöner Schandfleck hier in dieser Gegend.» Eddi war nach wie vor Feuer und Flamme für das Projekt.

Sie betraten das Pflegeheim. Der Empfang war mit hellem Marmor gefliest. An den Wänden hingen Gemälde von Künstlern der Region. Die Dame an der Info trug einen weißen Zweiteiler, sie hatte hochgesteckte Haare, war geschminkt wie ein Model und benahm sich auch so. Mit einem arrogant gelangweilten Blick schaute sie auf das runter gekommene Paar.

«Ja bitte. Was kann ich für sie tun?»

«Wir haben einen Termin mit Herrn Albert Hansen und Dr. Piepenbrock. Tut uns leid, dass wir etwas zu spät sind, aber wir wurden verhindert.»

«Die Tussi glaubte bestimmt wir hatten einen Unfall. Mann, so gemustert worden bin ich schon lange nicht mehr.»

Hope flüsterte Eddi nah ans Ohr während sie von einem ebenfalls durchgestylten Pfleger in einen Wintergarten gebracht wurden. Zwischen dezentem Grün standen Designer Ledersessel mit kleinen Glastischen auf dem teuer wirkendes Porzellan stand. Stövchen, Teekanne, hauchdünne Teetassen und weiteres Zubehör für eine Teestunde.

«Warten sie bitte hier. Ich werde sie anmelden.»

Der Pfleger verschwand hinter einer Zimmerlinde. Kam sofort wieder zurück und machte eine Geste die unmissverständlich anzeigte das man nun näher treten dürfe.

«Ah, Frau Stern, endlich. Wir dachten schon Ihnen sei etwas passiert. Und wie ich sehe haben sie noch jemanden mitgebracht.»

Piepenbrock sprang sofort aus dem Sessel auf und lief ihnen entgegen. Mit besonders besorgtem Blick begutachtete er Hope und Eddi. Ihr mitgenommener Zustand war ihm nicht entgangen.

«Darf ich vorstellen das ist ein guter Freund, Herr Eduard Schmelzer.»

«Ja, das ist nicht verkehrt, vier Ohren hören mehr als zwei. Wenn ich sie dann vorstellen darf. Frau Stern, das ist Herr Hansen. Herr Hansen, das ist Frau Stern und ihr Begleiter Herr Schmelzer.»

In einem Rollstuhl saß Herr Hansen. Hope hatte schon damit gerechnet einen alten, klapprigen Opa vorzufinden. Aber Herr Hansen bot ein ganz anderes Bild. Zwar an einen Rollstuhl gefesselt schaute er aus müden, aber klaren Augen auf Hope und Eddi. Sein Blick erhellte sich noch zusehends als Hope ihn begrüßte und seine Hand nahm. Der Händedruck war weich. Seine Hand trocken und warm. Insgesamt sah er gepflegt aus. Dunkle Hose, hellblaues Polo, Segelschuhe. Allerdings machte er einen eher verschlafenen Eindruck. Von Piepenbrock wusste sie das Hansen siebenundachtzig war und schon nicht mehr wusste wo oben und unten sein sollte. Aber nun hatte sie einen ganz anderen Eindruck.

Als Arzthelferin wusste sie wie demente Leute sich benahmen. Herr Hansen kam ihr eher etwa eingeschläfert vor. Als sei er nicht hundertprozentig bei Bewusstsein. Vielleicht bekam er Medikamente die das verursachten, weil er noch eine andere Erkrankung hatte.

«Sehr erfreut sie kennen zu lernen. Herr Hansen. Ich habe meinen Freund und Nachbarn mitgebracht. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich gar nicht hergekommen. Sie werden mir verzeihen, das mir die Sache ganz schön suspekt war.»

«Das hatten wir auch schon vermutet. Aber ich bin sehr froh und glücklich dass sie doch gekommen sind.»

Dr. Piepenbrock antwortete anstelle von Herrn Hansen.

Er nahm die Teekanne und schüttete für Hope und Eddi Tee ein.

Eddi der gegenüber Platz genommen hatte bedankte sich. Aus einem Zuckerdöschen beförderte er gleich drei Stücke Kandis in die Tasse.

«Für mich keine Milch und Zucker.»

Hope befand die Situation ungewöhnlich. Sie hatte hier keinen alten senilen Knacker vor sich. Im Gegenteil. Etwas stimmte hier nicht. Sie beobachtete Hansen aus den Augenwinkeln wie er immer wieder vorsichtig die Tasse an den Mund hob.

«Ihre Großmutter war die Schwester von Johanna. Da Herr Hansen wie gesagt kinderlos blieb, habe ich an den Zweig der Familie gedacht der von Emilie hervorging. Herr Hansen kann ja vererben und verschenken an wen er will. Aber eine innere Stimme sagte ihm dass wir sie finden sollten.»

Hansen nippte wieder an seinem Tee.

«Sie haben da was im Haar.»

Mit zitternden Händen nestelte Hansen ein Stück Spinnweben aus Hopes Haar.

«Oh, tut mir leid, aber wir hatten heute schon die Möglichkeit ihr Haus näher kennen zu lernen. Gestern bin ich ja nur kurz da gewesen für den ersten Eindruck. Der hat sich heute bestätigt. Ich glaube das Haus mag mich nicht besonders.»

Nun verfinsterte sich Hansens Mine. Piepenbrock schaltete sich ins Gespräch.

«Sie waren nochmal im Haus. Allein? Das ist doch viel zu gefährlich. Sie haben doch die Baumängel in der Halle gesehen. Sie hätten erschlagen werden können!»

«Genau. Sehen sie, darum waren wir dort. Ich wollte Herrn Schmelzer nur zeigen, warum das alles keinen Sinn hat. Die Wiederherstellungsmaßnahmen für das alte Gemäuer übersteigen meinen Horizont. Und die Kosten für den Unterhalt. Schauen Sie ich bin Arzthelferin. Ich komme gerade so mit meinem Gehalt zurecht. Und ich bin auch ganz zufrieden. Ja und dann noch diese Vorfälle.»

«Welche Vorfälle? Und wer wird von was erschlagen? Welche Baumängel?»

Hansen fragte mit lallender Stimme und schaute irritiert auf Piepenbrock. Der antwortete ganz überrascht.

«Ja, was meinen sie mit Vorfällen?»

Hope berichtete von dem fehlenden Sicherheitsschloss und von der nicht mehr zu öffnenden Tür in den Kohlenkeller. Auch dass sie den alten Johannsen kommen lassen haben, der sie dann befreit hat und die Tür einfach wieder öffnen konnte. Leider hatte ja der Verwalter keine Zeit um sich zu kümmern.

«Piepenbrock, was haben sie mir da für einen Verwalter rangeholt? Ich dachte sie beschafften nur die fähigsten Mitarbeiter. Und was geht in meinem Haus vor. Piepenbrock klären sie mich sofort auf!»

Hansen war auf einmal auf hundertachtzig. Er wurde unruhig und versuchte sich im Rollstuhl weiter aufzusetzen, was im wegen seiner fehlenden Kraft nicht gut gelungen war.

«Herr Hansen, ich versichere ihnen, das der Mann absolut zuverlässig ist. Ich werde mit ihm reden. Ich glaube sie sollten sich jetzt wieder ausruhen, bestimmt müssen sie auch ihre Medikamente einnehmen. Ich werde mal den Pfleger holen.»

«Paperlapapp, Piepenbrock. Ich will dass das aufgeklärt wird und das Frau Stern das Anwesen nochmals intensiver besichtigen kann. Von mal kurz reinschauen hat sie nichts. Und dieser Fritze vom Denkmalschutz den will ich hier sprechen. Und Piepenbrock machen sie eine Aufstellung über die Arbeiten die erforderlich sind. In der Zeit in den ich hier bin hat ja wohl keiner so richtig aufgepasst. Wofür bezahl ich euch alle.»

Schwer atmend und mit hochrotem Kopf regte sich Hansen auf. Es schien ihm seine letzte Kraft zu rauben. Sofort kam der Designpfleger angelaufen und schob den Rollstuhl mit Herrn Hansen in den Flur zu den Aufzügen. Er solle sich nicht so aufregen, alles wird gut und er würde jetzt erstmal ein Schläfchen machen. Dann schloss sich die Tür zum Aufzug und brachte Hansen und den Pfleger in das Penthaus.

Eddi und Hope blieben mit Piepenbrock zurück.

»Ja, tut mir leid, aber wie sie sehen ist Herr Hansen momentan nicht in der Lage die Dinge alleine zu regeln. Ich würde daher sagen, dass sie ihren Aufenthalt hier noch ein wenig genießen und sich die Sache sehr gründlich durch den Kopf gehen lassen. Sie haben ja meine Nummer. Wir telefonieren bald wieder. Frau Stern, Herr Schmelzer, ich wünsche noch einen schönen Tag.»

Mit diesen Worten beförderte Piepenbrock die beiden nach draußen.

«Irgendwas läuft hier gewaltig schief.»

«Vielleicht sollten wir mal rausfinden, was ganz genau hier passiert ist. Damals als der alte Hansen ins Pflegeheim musste. Hat der nicht genug Geld für eine eigene Pflegerin? Hast du Lust auf eine Tasse Tee und Klönschnack?»

Eddi guckt amüsiert zu Hope.

«Was für´n Ding?»

» Ich glaube ich weiß wo wir Infos herkriegen. Fahr mal zu meiner Pension. Danach können wir ja noch einen Ausflug nach Timmendorfer Strand machen.»

Geschenkt ist noch zu tödlich

Подняться наверх