Читать книгу Geschenkt ist noch zu tödlich - Josi Aniol - Страница 9

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«Habt ihr schon gehört? Die haben jetzt jemanden gefunden, der das Gruselhaus übernehmen soll.» Die Wirtin vom „Deichhaus“ schüttete großzügig einen Korn ein und Hans Johannsen brauchte nicht fragen, denn getrunken wird nicht allein.

«So ne junge Deern aus dem Kohlenpott. Wie die da wieder rauf gekommen sind. Schade, mal sehen wie lange die das aushält. Prost!»

«Jou. Du, kommt sie da nich, das könnte sie sein?

Die will was von uns.»

Durch die vergilbten Buntglasfenster konnte man den Bereich vor der Kneipe ganz gut beobachten.

«Guten Tag. Stern mein Name. Ich wollte mal fragen, ob sie noch ein Einzelzimmer frei haben.»

Als Hope sich durch die schwere Eichentür der Dorfkneipe gezwängt hatte, sah sie im gelblichen Lichtschimmer an dem uralten Tresen einen älteren Mann auf dem Barhocker sitzen und hinter dem Tresen eine Frau die offenbar die Wirtin war.

Ihr rotes Shirt ließ wegen des tiefen Dekolleté ihren faltigen Hals erkennen. Das Gesicht gezeichnet von vielen Jahren Kneipenluft und Jägermeister schaute interessiert. Mit einer nicht anders zu erwartenden, verrauchten, dunklen Stimme antwortete sie:

«Moin. Wohnen Sie nicht bei Peters? Sind sie nicht zufrieden?»

«Doch, doch. Ich brauche das Zimmer für einen Freund. Bin ein paar Tage hier wegen des Anwesens am Waldrand.»

Hope und die Wirtin gaben sich die Hände. Sie nickte dem alten Mann grüßend zu.

«Das ist ja mal was neues. Was wollen sie den machen mit dem Kasten?»

«Im Moment weiß ich noch nicht mal ob ich das Haus annehmen soll. Ich kenne Herrn Hansen nicht. Ist reiner Zufall. Ganz schön aufregend, hat man nicht alle Tage. Ich lerne Herrn Hansen heute Nachmittag erst kennen. Ich glaube aber, so wie die Sache aussieht werde ich spätestens übermorgen wieder abreisen. Habe auch nicht so viel Urlaub. Aber mein Freund und Nachbar ist da enthusiastischer. Ich hoffe er überredet mich nicht noch.»

Die Wirtin und der Mann auf dem Barhocker tauschten Blicke, die verraten würden «Siehst Du, hab ich es nicht gesagt»

«Ach ja, das Zimmer. Hab noch was frei. Ich nehme an ist dann auch nur bis nach dem Wochenende?»

Die ganze Zeit über lässt Hans Johannsen sie nicht aus den Augen. Hope ist das ganz gruselig. Sie fragt sich was die Einheimischen hier wohl über sie und die ganze Aktion denken. Also versucht sie einen Vorstoß.

«Sagen sie, sie kennen sich doch hier gut aus. Was ist eigentlich mit diesem Haus los? Warum kümmert sich keiner so richtig darum? Sieht doch gar nicht so schlecht aus. Von außen. Da ist doch sogar ein Verwalter. Und Herrn Hansen interessiert sich nicht dafür was mit seinem Anwesen passiert? Oder ist der schon so weit jenseits von Gut und Böse?»

Die Blicke der Wirtin und Johannsen treffen, sich. Es entsteht betretenes Schweigen. Während die Wirtin das Gästeformular in einer Pappmappe, die wohl schon Jahrzehnte in der Kneipe unterm Tresen liegt, sucht, räuspert sich Johannsen.

«Ja, was sollen wir ihnen erzählen? Mit dem Anwesenden will keiner so recht was zu tun haben. Es ist unheimlich. Es wird gemunkelt der Klabautermann hat da sein Feriendomizil.»

Hope schaut auf die fast leere Schnapsbuddel auf dem Tresen.

«Ah ja.» sagte sie gedehnt.

«Und wie macht sich das bemerkbar? Kommt da grüner Rauch aus dem Schonstein?»

«Machen sie sich lieber nicht lustig, junge Frau. Es wird gemunkelt, der Geist von Johanna Weber treibt dort sein Unwesen. Aber wenn sie uns nicht glauben, bitte sehr!»

So wie die Wirtin das sagte konnte einem schon recht blümerant werden. Und zur Unterstützung klopfte Johannsen mit der flachen Hand auf den klebrigen Tresen.

«O.K., O.K.. Aber warum. Hat sie noch unerledigte Dinge, oder ist sie verflucht, oder was?»

«Es werden Dinge geredet. Aber mehr wissen wir auch nich. Wenn sie dann hier mal unterschreiben wollen. Sollten sie sich es noch anders überlegen, sagen bitte rechtzeitig Bescheid. Ich werd auch nichts berechnen.»

Mit mehr Fragen als sie sich erhofft hatte verlässt Hope die Kneipe. Was erzählen diese Leute bloß. Die kommen doch mit den modernen Fernsehgeschichten nicht klar. Haben zuviel Akte X geguckt.

Eddi wollte gegen Mittag eintreffen. Die A1 ist dafür bekannt, dass man die gleiche Zeit der Strecke nochmals für den Stau einberechnen muss. Und dann am Freitagmittag. Am Nachmittag sollte das Treffen im Pflegeheim stattfinden. Es ist ein hübsches Haus, direkt an der Aale gelegen. Nur was für Rentner denen das Geld aus den Taschen guckt.

„Haus Nelkenweg“ konnte man schon von weitem erkennen, da es auf einer kleinen Anhöhe errichtet war. Von hier hatte man einen Blick auf den Fluss und vom oberen Stock auf die Ostsee. Hope wollte Aalemündes Dorfkern zuerst alleine erkunden. Hier war sie im Leben noch nie gewesen. Auch mit Gerd, ihrem Verflossenen, hat es sie nie in diese Gegend verschlagen. Ihre Mutter wollte nie hier her. Auch zum Urlaub machen nicht wirklich. Sie sagt es hätte ihr noch nie gut gefallen hier. Ein oder zweimal hat sie Ihre Tante besucht als sie noch sehr jung war. Da hat sie das alles eher abgeschreckt und es wurde auch nicht viel darüber gesprochen. Hope fand das Örtchen eigentlich ganz schnuckelig. Es hatte sich aber sicher über die Jahre entwickelt. Früher gab es hier noch mehr Fischerei. Und auch mehr Schiffe die Ladung an Bord hatten passierten hier die Ostsee. Heute war der Tourismus in den Vordergrund gerückt. Die Hafenpromenade war neu ausgebaut. Viele kleine Restaurants und Cafés, die Souvenierläden quollen mit maritimer Deko über und überall konnte man wetterfeste Kleidung wie Fleecejacken und die typischen weißgestreiften Schals und Mützen kaufen. Im Sommer wenn der Strand überflutet wurde von Urlaubern und deren Kindern war die ganze Einkaufstraße ein Meer aus bunten Wassertieren und Schwimmreifen zum Aufblasen. An jeder Ecke gab es einen Fischbrötchenstand die permanent ausverkauft waren. Und auf den Sonnenterrassen musste man sich um den nächsten freien Tisch fast prügeln. Ganz zu schweigen von den vielen Festivitäten die jährlich hunderttausende von Besuchern anlockten. Die Einheimischen waren die einzigen Leute, die man dann hier nicht traf.

Als Hope sich gerade in die Schlange des Eissalons einreihen wollte hörte sie hinter sich jemanden rufen,

«Ich kann ihnen einen Laden vorschlagen, in dem das Eis besser schmeckt, aber die Schlange nicht so lang ist. Wenn sie keinen Wert auf einen Sitzplatz legen.»

Hinnerk Schröder verdunkelte die Sonne als er hinter Hope stand. Sie musste den Hals recken um ihm ins Gesicht zu schauen.

«Oh, Herr Schröder, sie hier. Sollten sie sich nicht lieber um das Hansens´sche Anwesen kümmern statt Frauen zum Eis essen einzuladen?»

«Von einladen hab ich nie gesprochen. Aber sie sind ja nicht gerade auf den Mund gefallen. Aber ich habe wirklich auch keine Zeit. Termine, verstehen sie. Wenn sie in die zweite Reihe der Einkaufsstraße gehen finden sie dort eine nette Eisdiele. Die kann ich empfehlen. Hat nur keine Sitzplätze mit Meerblick.»

«Ach, das ist ja zu schade. Ich dachte sie könnten mir mal in Ruhe was über das Haus und über Herrn Hansen erzählen. Hier kotzt sich keiner so richtig aus darüber.»

«Ja, das mag sein. Aber ich kann nun tatsächlich gerade nicht. Vielleicht ein andermal. Ergibt sich bestimmt demnächst was. Wünsche ihnen noch einen schönen Tag, Frau Stern.»

Nachdenklich schaute Hope dem davon eilenden Verwalter hinterher.

«Junge Frau, wollen sie jetzt bestellen, oder was?»

Die junge Frau hinter dem Verkaufstresen schaute schon so genervt drein. Hope hatte daher schon keine Lust mehr hier ein Eis zu essen.

«Ich hab es mir gerade anders überlegt. Tut mir leid.»

Sie fand die Eisdiele die Schröder gerade beschrieben hatte und kaufte ein Eis im Hörnchen. Sie beschloss raus aus dem Trubel und in Richtung Klippen zu laufen. Hier hatte man einen schönen Blick auf die See. Im Dunst konnte man sogar Timmendorfer Strand erkennen. Hier musste sie auch noch unbedingt hin. Abends soll ja richtig was los sein im Highsociety Hotspot der Ostsee. Das ist bestimmt auch was für Eddi.

«Würde mich nicht wundern wenn er da so richtig die Sau rauslassen kann. Paul ist ja weit weg und ich bin verschwiegen wie ein Grab. Man lebt nur einmal.», dachte Hope so bei sich.

Geschenkt ist noch zu tödlich

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