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Der Schlüssel drehte sich wie geschmiert im Schloss. Doch als die Tür aufschwang, war das Alter des Hauses allgegenwärtig. Zweihundert Lenze zählte es mittlerweile. Die Luft, die aus der geöffneten Tür entwich, erinnerte an all die Erlebnisse, an all die Schicksale und all die Freude und Trauer die die alten Mauern aufgesaugt hatten. Die alten Möbel, die noch mit weißen Leinentüchern abgedeckt waren, erzählten Geschichten von früher. Manche hatten mehr zu erzählen, manche nicht so viel. Hin und wieder war auch eine Wand neu tapeziert worden, die Vorhänge an den großen Sprossenfenstern wurden hier und da erneuert. Der Geist seiner Besitzer war aber allgegenwärtig. Leider war nur das Schloss am Haupteingang neu. War vor einiger Zeit ausgetauscht worden, nachdem vermutlich Jugendliche die bei einer sommerlichen Feier zu tief ins Glas schauten und einen abenteuerlichen Schlafplatz gesucht hatten und sich überlegten, dass das alte Gutshaus, das schon seit einem Jahr unbewohnt ist dazu am besten geeignet war.

In ihrem jugendliche Leichtsinn dachten Sie es spukt wirklich in den alten Mauern. Das die Geister der Vergangenheit die marode Decke nicht halten würden, hatten sie nicht mit bedacht. So kam es, dass die Decke im 1.Stock das Stampfen und Hopsen der Halbstarken nicht verkraftete und samt zwei Jungen ins Erdgeschoss befördert wurde. Gott sei dank ist nicht viel passiert. Rippenprellung und Schädel-Hirn-Trauma war die Diagnose im Krankenhaus. Und jede Menge Ärger, wegen unbefugtem Betreten.

Repariert wurde nicht. Seit der alte Hansen schon vor einem Jahr ins Pflegeheim musste, zu einem Zeitpunkt als das Haus schon renovierungsbedürftig war, gab es niemanden, der es weiter bewohnen und vor allem in Stand halten wollte.

Hansen hatte keine Kinder. Zumindest wusste er nichts von Kindern. Soll ein ganz schöner Halodri gewesen sein in seinen guten Jahren. Einmal hat es ihn aber dann doch erwischt. Johanna hieß sie. Geheiratet haben sie aber nicht.

War für die damalige Zeit ganz ungewöhnlich. Anfang der 50er Jahre war es nicht schicklich in wilder Ehe zusammen zu leben. Besonders für Johanna. Störte die beiden aber nicht.

Das Leben war damals hart genug, da musste man sich nicht um das Geschwätz der Leute kümmern, man hatte mit sich selbst zu tun. Und so lebten Johanna Weber und Albert Hansen an die dreißig Jahre in dem großen Gutshaus in Schleswig Holstein. Aalmünde war ein kleines Dorf in der Nähe von Lübeck. Grenznähe. Während der DDR ein gut bewachter Flecken Erde. Jede Menge Augen waren auf das Dorf gerichtet, so nah an der Grenze. Heute hatte der Tourismus die Gegend in seinen Fängen. Moderne Ferienhaussiedlungen wurden hier zu horrenden Preisen an Investoren verhökert. Lage, Lage, Lage, das war alles was zählt. Und davon hatte man hier genug. Weiter drüben in Mecklenburg-Vorpommern war noch mehr Land, dass brach lag. Es wartete nur darauf, bebaut zu werden. Aber daran arbeitete man zunehmend. Aalmünde ein Dorf in Schleswig-Holstein, mit schönem kleinem Hafengebiet. Die eine oder andere Fähre, die nach Skandinavien schipperte. Beschauliche kleine Dörfer in der näheren Umgegend. Ja sogar einen achtzehn Loch Golfplatz hatte man in der Nähe. Steigende Preise und Wohnungsmangel inklusive. Jedes leerstehende Zimmer wurde nun vermietet. Die dort lebenden Menschen brauchten diese Einnahmequelle aber auch. Man musste ja von etwas leben.

Das Gutshaus stand schon da bevor jemand überhaupt an eine DDR dachte. Achtzehnhundert zum ersten mal erwähnt, Mitte des neunzehnten Jahrhunderts von Gerhard Hansen erworben. Alberts Ur-Großvater war ein großes Tier in Lübeck. Hatte alle möglichen Waren in die große weite Welt verschippert. Dann der Großvater, der Vater und zu guter Letzt auch Albert. Der das große Erbe nach dem zweiten Weltkrieg unter großen Mühen weiterführen musste. Als junger Mann, ohne Familie, da der Großvater im Krieg an einer Infektion starb und der Vater einer Granate zu nahe kam. Mutter starb an Gram.

Geschwister hatte Albert nicht. Nicht mehr. Der Krieg hatte die Familie reduziert. Nachdem das Geschäft dann im aufstrebenden Deutschland und in der Wirtschaftswunderzeit wieder gut in Schwung kam, holte Albert erstmal kräftig nach. Wie gesagt, er war kein Kind von Traurigkeit. Der Name Albert Hansen war in aller Munde und in vielen Betten der hübschen Dorfmädchen. Bis eines Tages Johanna kam. Sie kam aus Pommern. War mit ihrer Familie in Aalmünde gestrandet. Aus dem damaligen Fräulein ist leider ein armer Schlucker geworden, die nun mit ihren eigenen Händen arbeiten musste.

So kam Johanna zu Albert Hansen. Sie nahm die Stelle als Haushälterin gerne an. Besser als im Schweinestall oder auf dem Feld zu arbeiten. Zudem war das große Gutshaus mit seinen edlen Zimmern für die Angestellten weit besser als ein Verschlag über dem Stall. Die Verpflegung war exzellent und es gab auch noch Taschengeld. Früher hatte Johanna selber eine Dienstmagd, nun war sie hochzufrieden mit der Situation die der Weltkrieg ihr beschert hatte. Emilie, Johannas Schwester, war im Ruhrgebiet gelandet. Nicht minder hübsch als Johanna. Sie fand ihre Liebe in Essen. Steiger war er. Nicht schlecht, gutes Gehalt, kleines Häuschen mit Garten, und der VW Käfer war auch schon bestellt. Sie hatte richtig Glück.

Johanna musste sich immer wieder Arbeit suchen. Sie hatte nichts gelernt. Also Erntearbeit oder im Haushalt. Das war nichts für ein Fräulein aus guten Hause. Also blieb sie nirgends all zu lange. Außer bei Albert Hansen. Hier bliebt sie bis sie die Augen ein letztes Mal schloss.

Geschenkt ist noch zu tödlich

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