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Kapitel 4 Wohnungsfund mit Spürsinn

Einen Block später liefen wir durch die Tür des Starbucks. Endlich sah ich wieder Menschen, die in meinem Alter waren.

Wir bestellten uns Kaffee ohne dieses ganze Extra-Schicki-Micki-Geschmacksgedöns und suchten uns einen Fensterplatz.

»Also, Südstaatenschönheit, warum ausgerechnet Tampa? Gibt es in Alabama keine Universitäten?« Camy nippte an ihrem Kaffee und schaute mich mit hochgezogenen Brauen an.

»Doch, gibt es. Aber mir Stand der Sinn nach etwas Neuem.«

»Ah ja …« Sie stellte ihren Becher ab. »Fliehst du vor einem Kerl oder deiner Familie?«

Mir blieb der heiße Kaffee im Hals stecken. Ich krächzte und prustete, während Camy mich mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen betrachtete. »Ähm …«, stammelte ich, »nichts von alledem?«

»Beantwortest du meine Frage mit einer Gegenfrage?« Mit verschränkten Armen lehnte sie sich auf dem Stuhl zurück. Ihre grünen Augen fraßen sich förmlich in mich hinein, während mir die Hitze in die Wangen schoss. Schnell drehte ich meinen Kopf zur Seite und räusperte mich, um das elendige Kratzen im Hals endlich loszuwerden. Mit Blick auf die Straße gerichtet antwortete ich leise: »Sagen wir mal so, mit einem Kerl hat mein Aufenthalt hier nichts zu tun.«

»Also die Familie. Habe ich mir schon gedacht. Du wirkst auf mich nicht so, als hättest du ein gebrochenes Herz«, sie holte tief Luft, »sondern eher eine gebrochene Seele.«

Bitte was?

Wie lange kannte ich Camy jetzt? Fünf Minuten? Wie war es möglich, dass mich eine fremde Person so gnadenlos durchschaute? Scheinbar trug ich eine Leuchtreklame mit der Aufschrift beschissene Kindheit, bitte bemitleidet mich auf der Stirn.

Lange erwiderte ich nichts, doch irgendwann nahm ich meine Augen vom chaotischen Straßenverkehr, der mittlerweile hinter dem Schaufenster tobte, und drehte mich ihr wieder zu. »Können wir das Thema lassen? Ich bin nach Tampa gekommen, um diesem ganzen Scheiß zu entkommen.«

Tatsächlich flackerte in Camys Gesicht so etwas wie Mitleid auf, doch sie tat mir den Gefallen und wechselte das Thema. »Also Wohnungssuche. Zeig mal her.« Sie griff sich die Tageszeitung, die ich an der Busstation hatte mitgehen lassen und schlug die Wohnungsannoncen auf. »Holla, die Waldfee! Du bist nicht zufällig die Erbin eines Ölscheichs, oder?«

Verdutzt schüttelte ich den Kopf. »Nein, wieso?«

Sie drehte die Zeitung und schob sie zu mir rüber. Bei den Mietpreisen, die mir fröhlich entgegensprangen, klappte mir der Mund auf.

»Darum«, sagte sie und zog die Zeitung wieder weg. Mir sackten die Schultern nach unten und ich rutschte tiefer, bis mein Hinterkopf auf der Stuhllehne lag. »Verdammter Mist, das kann ich mir nicht leisten.«

»Das kann sich kein Normalsterblicher leisten.«

»Und was mache ich jetzt? Ich kann doch nicht bis Montag auf der Straße wohnen?« Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare und fing an, meine Schläfen zu massieren. Die letzte Nacht machte sich langsam bemerkbar und ich spürte, wie ein Migräneanfall im Anmarsch war. Im milden Versuch, diesen unterdrücken zu können, schnappte ich mir den Süßstoffspender und kippte eine große Ladung davon in meinen halb leeren Kaffeebecher. Camy hatte ihren ausgetrunken und spielte verträumt an dem Plastikdeckel herum.

»Was ist eigentlich mit dir?«, fragte ich. Ich brauchte etwas, dass mich von der Tatsache ablenkte, dass ich die nächsten zwei Nächte womöglich unter freiem Himmel schlafen musste. Als wäre sie von einer Tarantel gebissen worden, fuhr Camy zusammen und ließ den leeren Becher lautstark auf den Tisch fallen. »Sorry, was hast du gesagt?«

Was für eine erstaunliche Person. Sie schaffte es glatt, mitten in einem Gespräch abzudriften und zu tagträumen. Ich ließ mir nichts von meiner Überraschung anmerken und wiederholte freundlich die Frage. »Warum bist du hier?«

»Oh, na ja, bei mir war es tatsächlich die Flucht vor einem Kerl. Lange Geschichte …« Sie wischte mit der Hand und fuhr fort. »Jedenfalls hat mein Bruder Clayton so von der Uni hier geschwärmt, dass ich mich letztes Semester kurzerhand hier eingeschrieben habe und hergezogen bin.«

»Von wo kommst du?«, fragte ich und leerte meine süße Kaffeeplörre.

»Aus Montana.«

Die nächste Stunde erzählte mir Camy von ihrem Ex-Freund. Dass er sie betrogen hatte. Und das gleich mehrfach. Aber dass sie mittlerweile darüber hinweg war und es sowieso nicht funktioniert hätte. Und das die Entscheidung, nach Tampa zu gehen, die beste ihres Lebens gewesen war.

Auch wenn das Leitmotiv bei ihr ein anderes war, entdeckte ich viele Parallelen zwischen uns.

Weitere drei Kaffee später verließen wir endlich Starbucks und machten uns auf den Weg zurück zum Campus.

»Was willst du jetzt machen?«, fragte mich Camy, als wir am Sportplatz vorbei in Richtung Studentenwohnheim liefen.

»Keine Ahnung. Wahrscheinlich kampiere ich irgendwo auf dem Unigelände und bete dafür, nicht überfallen zu werden.«

»Hmh …« Mitten auf dem Weg blieb sie stehen und packte mich an der Schulter. »Wenn du willst, kannst du bei mir bleiben. Meine Mitbewohnerin kommt erst am Montag wieder und das Studentenwohnheim ist wegen der Summerbreak so gut wie ausgestorben.«

Mein Herz machte einen Satz. »Ist das dein Ernst?«

»Klar! Vorausgesetzt natürlich, dass du keine Serienmörderin bist.« Sie bedachte mich mit demselben Blick, den Benedict Cumberbatch in Holmes auflegte, wenn er einem neuen Hinweis auf der Spur war. Ich breitete die Arme aus und drehte mich einmal im Kreis, bevor ich erwiderte: »Sehe ich wie eine Killerin aus?«

Sie hob die Schultern und legte nachdenklich den Zeigefinger an ihre Lippen. »Nicht wirklich, aber bislang bin ich auch noch keiner Killerin über den Weg gelaufen.«

Wir brachen in schallendes Gelächter aus. Nachdem wir uns wieder gefangen hatten, überkreuzte ich die Finger und sah sie eindringlich an. »Ich schwöre bei Oprah, dass ich kein Ripper bin.«

Weiterhin mit einem fetten Grinsen im Gesicht schüttelte sie den Kopf und hakte sich bei mir unter. »Das hoffe ich.«

»Was studierst du eigentlich?«, fragte ich, während wir die Straße überquerten und um die nächste Ecke bogen.

»Forensik im Hauptfach und Kriminologie im Nebenfach.«

»Oh«, brachte ich erstickt hervor. »Dann sollte ich wohl wirklich besser keine Serienmörderin sein.«

Camy schüttelte sich vor Lachen und hielt sich den Bauch. Atemlos entgegnete sie: »Nein, das solltest du nicht.«

Das erklärte den alles durchschaubaren Blick von eben. Zumindest konnte ich mir jetzt sicher sein, dass sie ebenfalls keine Killerin war. Wer aussah wie Veronica Mars mit lilafarbigen Undercut, konnte wohl kaum eine Schwerverbrecherin sein, oder?

Vor uns wurde ein neunstöckiges Backsteinhaus sichtbar. Die oberste Etage bestand aus weißen Steinen. Große verspiegelte Fenster reflektierten das Sonnenlicht und warfen es zurück auf die darunterliegenden Straßen. Der Eingangsbereich war etwas vom Haus abgesetzt und bestand aus Kalkstein. In schwarzen Buchstaben stand Vaughn Center genau in der Mitte zwischen den Backsteinsäulen. Darunter befand sich ein runder Vorbau, der von zwei Fensterfronten umgeben war.

Camy zog mich die Stufen hoch und drückte die Türen auf. »Willkommen im Vaughn!«

Kühle klimatisierte Luft schlug mir ins Gesicht und bescherte mir eine Gänsehaut. Draußen waren es locker dreißig Grad im Schatten. Hingegen herrschten hier in der Lobby arktische Temperaturen.

Um die kalte Luft, die auf meine feuchte Haut traf, etwas abzuwehren, rieb ich mir über die Oberarme und schaute mich um. Links und rechts waren Gänge, die mit graumelierten Fliesen ausgekleidet waren. In der Mitte der weiten Eingangshalle führte eine rotgeflieste Treppe nach oben. Über uns schimmerten in die Decke eingelassene Spotstrahler in einem warmen gelben Licht. Beige Loungesessel gruppierten sich um runde Tische und verteilten sich im gesamten Eingangsbereich. Es wirkte wie eine Hotellobby, nur das die Rezeption fehlte.

Ich ließ Camy vorlaufen und folgte ihr bis ins dritte Stockwerk. Wie sie schon sagte, waren die Gänge leer und verlassen. »Wieso bist du eigentlich nicht in Fort Lauderdale?«

Sie schloss die Tür auf und winkte mich herein. »Ich muss trainieren. Nächsten Samstag spielen wir gegen die Atlantic und die sind als Gegner nicht zu unterschätzen.«

Sie bemerkte meinen verdatterten Gesichtsausdruck und fügte hinzu, während sie sich auf ihr Bett fallen ließ: »Ich bin im Fußballteam.«

Ich zog mir den Stuhl vom Schreibtisch und setzte mich. »Du siehst nicht aus wie eine Fußballspielerin.«

Schlagartig fiel Camy das Grinsen aus dem Gesicht und gleichzeitig auch sämtliche Farbe.

Oh, oh! … Fettnäpfchenalarm!

»Ach nein? Wie haben Fußballspielerinnen denn auszusehen? Wie Kerle? Ohne Titten und mit kurz geschorenen Haaren?«

Mit meinen Füßen scharrte ich über den Teppichboden und rollte mit dem Stuhl zurück in Richtung Tür. Entschuldigend hob ich die Hände in die Luft. »Tut mir leid, das war nicht böse gemeint. Ich meinte damit, dass du eher wie eine Läuferin aussiehst. Zumindest habe ich das gedacht, als ich dich auf dem Sportplatz gesehen habe.«

Ihre Nasenflügel blähten sich wie bei einem Pferd und ich wartete nur darauf, dass Dampf aus ihren Ohren quoll. So wie es bei den Zeichentrickserien immer der Fall gewesen war.

Doch es passierte nichts.

Einen kurzen Moment lang starrte sie mich finster an, ehe sie sich rücklings in ihr Kissen fallen ließ und die Arme hinterm Kopf verschränkte. »Ach so! Ich dachte schon du bist auch so eine Bitch, die in Geschlechterrollen denkt und jeden in Schubladen steckt.«

Ah ja, alles klar, Feministin im Zimmer! Das sollte ich mir für die Zukunft merken.

»Ich? Niemals! My Pussy my Choice!«, grölte ich und warf meinen rechten Arm in die Luft … und fing mir erneut einen schrägen Seitenblick von ihr ein. Doch die Farbe kehrte endlich in ihr Gesicht zurück und sie entspannte sich. »Na, dann ist ja alles gut.«

Noch mal Schwein gehabt.

Dark Addiction

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