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DAS RÄTSEL HEBRANG

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Gegen Ende Februar 1942 gelang es der Ustascha-Polizei Ivan Srebrnjak-Antonov festzunehmen, der nach dem Überfall der Achsenmächte auf Jugoslawien aus Paris in die Heimat zurückgekehrt war, um hier einen »Informationspunkt« der Roten Armee zu organisieren. Weil Tito »diesem Gauner«, »diesem Ekel« nicht die Denunziationen verziehen hatte, mit denen er ihn Jahre zuvor in Moskau anzuschwärzen versucht hatte, rächte er sich an ihm, indem er verlangte, man solle ihn seiner Funktion entheben, da er nicht das Vertrauen der Partei habe. (Kopinič hatte ihn in Verdacht, mit der Gestapo zusammenzuarbeiten.) Allerdings ohne Erfolg, denn die Moskauer Genossen hielten ihre schützende Hand über ihn. Als ein paar Monate später, am 25. Februar 1942, die Ustascha Srebrnjak aufspürte, ihn einsperrte und folterte, hielt er sich »schwach« und redete wie ein »lebendes Buch«. Auf Titos Befehl hin organisierte deshalb Ivan Krajačić-Stevo seine Liquidierung, um noch größeren Schaden abzuwenden. Wegen des Verrats waren nämlich zehn bis fünfzehn Leute verhaftet worden, und zwar nicht nur in Kroatien, sondern auch in Bulgarien, Griechenland und die meisten in Italien.215

Unter ihnen befand sich auch Andrija Hebrang, der von den Genossen Fatty genannt wurde, in Anspielung auf den bekannten Hollywood-Komiker Roscoe »Fatty« Arbuckle. Die Verhaftung, bei der Hebrang schwer verletzt wurde, war für die Ustascha ein großer Erfolg. Hebrang war einer der Führer der kommunistischen Bewegung in Kroatien und ein langjähriger Vertrauter Titos. Er war nun in den Händen jener, die noch bis vor Kurzem seine Genossen im Kerker des alten jugoslawischen Regimes gewesen waren und mit denen er sogar einen Aufstand gegen das verhasste Belgrad geplant hatte. Die Quellen sind sich uneins, ob er gefoltert worden ist, jedenfalls soll er am 20. Juni Titos Identität verraten und berichtet haben, dass dieser eigentlich Broz heiße, Arbeiter aus dem Zagorje und Sekretär der KPJ sei. Wie William Deakin, der britische Verbindungsmann bei den Partisanen, in seiner Rekonstruktion dieses Ereignisses sagt, informierte Innenminister Eugen Kvaternik sofort Pavelić davon und begann zusammen mit den Deutschen einen kühnen Plan zu schmieden, nämlich ein trojanisches Pferd in das Zentralkomitee einzuschleusen. Hebrang war für diesen Zweck die ideale Person, denn er verhehlte weder sein Nationalbewusstsein noch seine ablehnende Haltung gegenüber der »jugoslawischen KP«.216Dabei muss aber auch gesagt werden, dass Vladimir Velebit dieser Geschichte keinen Glauben schenkte. Hätte Hebrang wirklich Verrat geübt, behauptete er, hätte die Polizei mit Sicherheit auch ihn und Kopinič verhaftet. Hebrang war nämlich einer der wenigen, der von der Villa wusste, die Velebit für Kopiničs illegale Funk-Tätigkeit in Zagreb angemietet hatte.217

Zu einer ersten Kontaktaufnahme zwischen den verfeindeten Lagern der Ustascha und Deutschen auf der einen und den Partisanen auf der anderen Seite kam es im August 1942, als Einheiten unter Titos Führung in Westbosnien das Städtchen Livno einnahmen, das wegen seines Bauxitbergwerks von Bedeutung war. Dabei hatten sie einige deutsche Ingenieure gefangengenommen, die für die Firma Hansa Leichtmetall arbeiteten, aber auch Hans Ott bzw. Otto Mayer. Dieser war zu Beginn der Okkupation Mitarbeiter des deutschen Nachrichtendienstes in Belgrad gewesen und war im Juni 1941 nach Livno entsandt worden, wo er eine Führungsposition bei der Verteidigung gegen die Partisanen bekleidete.218 Nach seiner Gefangennahme bot er sich den Partisanen als Mittelsmann zu den deutschen Behörden an. Schon Mitte August fuhr er zu Gesprächen nach Zagreb, in den darauffolgenden Wochen bewegte er sich zwischen dem Oberkommando und der kroatischen Hauptstadt und sondierte in Titos Auftrag auch die Möglichkeit eines Waffenstillstands. Seine Verhandlungspartner auf deutscher Seite waren General Edmund Glaise von Horstenau, Kommandant der Wehrmacht im NDH-Staat, und der Botschafter des Dritten Reichs in Zagreb Siegfried Kasche.219

Am 23. September 1942 kam es zu einem Gefangenenaustausch zwischen den Partisanen und der Ustascha, bei dem dreißig Genossen, darunter auch Hebrang, und zwei Ustascha-Offiziere freikamen. Ohne dass er nach seiner Ankunft auf Partisanengebiet von einer Parteikommission über seine Haftzeit besonders »befragt« worden wäre, wie es sonst üblich war, wurde Hebrang später in die höchsten Parteigremien aufgenommen.

Kopinič, der dank seiner Verbindungen zur Ustascha-Polizei Einsicht in die Hebrang-Protokolle hatte, sandte Tito über Moskau zwar mehrere Depeschen darüber, der aber bestritt später, sie jemals bekommen zu haben.220 (Es gibt auch die These, dass die Russen diese Informationen vor Tito geheim hielten, weil sie beabsichtigten, Hebrang als ihren Mann in Titos engerem Kreis einzusetzen.) Mitte April 1943 wurde Hebrang politischer Sekretär des ZK der KP Kroatiens, als Nachfolger von Rade Končar, den die Faschisten am 22. Mai 1942 in Šibenik umgebracht hatten, anschließend wurde er auch ins Politbüro des ZK der KPJ kooptiert. Im Generalstab Kroatiens wurde er das einflussreichste Mitglied einer Parteikommission, deren Aufgabe es war, alle zu überprüfen, die gegen wichtige Deutsche und Angehörige der Ustascha ausgetauscht wurden. Dabei war er sehr unnachgiebig und verlangte, jeden zu erschießen, der »die Fahne der Partei beschmutzt« habe.221 Wie im Jahre 1928 fühlte er sich noch immer mit Tito gleichberechtigt, eine gefährliche Überzeugung, die er bis an sein Lebensende beibehalten sollte.222 Laut Jakov Blažević, einem der angesehensten kroatischen Kommunisten, »war Andrija Hebrang in dieser Zeit für uns alle […] eine große Autorität, als berühmter kommunistischer Gefangener, der zwölf Jahre in den Gefängnissen zugebracht und manches gelernt hatte. Er verstand es, überzeugend zu reden, kurz und mit Gefühl […] wie Stalin.«223


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