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Dialog auf der Sachebene
ОглавлениеZwar beginnt jede Rednerin ihre Rede vor Publikum mit einem klaren Ziel. Sie will aufklären, motivieren, instruieren oder missionieren. Auf den ersten Blick ist das ein klares Gegenstück zu den typischen Zielen des dialogischen Gesprächs: Es gibt Gespräche, die nur den gemeinsamen Informationsstand oder den Stand der Beziehung klären wollen. Es gibt Gespräche, die der Lösung eines Problems oder eines Konflikts dienen. Es gibt Streitgespräche, in denen Standpunkte verglichen und gegeneinander abgewogen werden. Für all diese Dinge wird man keine Rede vor Publikum wählen. Was aber Gespräch und Rede eint, ist das Ziel, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen.
In der als Dialog verstandenen Rede vor Publikum kann das Ziel genau gleich formuliert werden: zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen. Sogar der Prediger auf dem Marktplatz, der von seinem Erweckungserlebnis berichtet, um die Passanten zur Umkehr zu bewegen, wird gut daran tun, ihnen entgegenzukommen – nicht nur, indem er seine Worte ihrem Alltagswortschatz und seine Satzlängen ihrer Konsumhaltung anpasst, sondern vor allem auch dadurch, dass er ihnen zuhört und in der Reaktion auf deren Verhalten seine Redeziele allenfalls herunterschraubt.