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Gedenktage Gedenktag für Königin Luise (10. März)

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Im Gegensatz zum Sedantag, der während des Kaiserreichs im öffentlichen Raum mit einem genau festgelegten militärischen Zeremoniell die kollektive Erinnerung an den deutschen Sieg über Frankreich in Szene setzte, fand die individuelle Erinnerung an die Gefallenen des Krieges 1870/71 innerhalb der Familien an Allerseelen (2. November) bzw. am Totensonntag statt. Totensonntag, der Sonntag vor dem 1. Advent und damit der letzte Sonntag im Kirchenjahr, wurde per Verordnung im November 1816 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. zum „allgemeinen Kirchenfest zur Erinnerung an die Verstorbenen“ bestimmt. Der Tag galt ursprünglich dem Andenken der 1810 verstorbenen Königin Luise, seiner Frau, und zugleich den Gefallenen der Befreiungskriege. Im Laufe der Jahrzehnte übernahmen alle evangelischen Landeskirchen Deutschlands und der Schweiz den Totensonntag als Trauer- und Gedenktag, an dem die Verstorbenen des abgelaufenen Kirchenjahres verlesen wurden. Der Totensonntag, heute auch Ewigkeitssonntag genannt, genießt als „stiller Feiertag“ wie auch der Volkstrauertag einen besonderen Schutz.

So wundert es nicht, dass Kaiser Wilhelm I. die institutionalisierte Erinnerung an seine Mutter Luise wichtiger war als der Sedantag. Mit der Gründung des Kaiserreiches war es auch zu einer Renaissance der Luisen-Verehrung gekommen. Die einstige, jung verstorbene preußische Königin Luise (1776-1810) sollte schon den Kindern, insbesondere den Mädchen, als Vorbild nahe gebracht werden. Im Februar 1876, anlässlich ihres 100. Geburtstages, erließ die preußische Schulverwaltung eine Anordnung zur Gestaltung von Feiern an Volksschulen:

Ich bestimme daher, dass am 10. März in allen öffentlichen und Privat-Mädchenschulen der Unterricht ausfallen und an dessen Stelle eine Feier treten soll, in welcher der Geschichtslehrer oder der Dirigent der Anstalt den Schülerinnen im freien Vortrage das Lebensbild der erlauchten Frau vorführt, welche in den Zeiten des tiefsten Leidens so opferfreudig an der Erhebung des Volkes mitgearbeitet und allen kommenden Geschlechtern ein hohes Beispiel weiblicher Tugend gegeben hat.49


Abbildung 19 Die preußische Königin Luise (1876-1810).


Abbildung 20 Zeugnisbuch der (noch heute bestehenden) Luisen-Schule Bielefeld, 1926.

Erstmals 1814 durch König Friedrich Wilhelm III. gestiftet und von seinen Nachfolgern stets erneuert, zuletzt 1890 durch Wilhelm II., war der Preußisch-Königliche Louisenorden (auch Luisenorden) der höchste Damenorden im Königreich. Die Zahl der mit diesem Orden ausgezeichneten Frauen, die die preußische Staatsangehörigkeit besitzen mussten, war auf 100 beschränkt. Vor allem während des Kaiserreichs, allerdings nur in Preußen, diente Königin Luise als Identifikationsfigur, deren Verehrung geradezu grenzenlos schien. Ihr Leben wurde mehrfach verfilmt, bereits 1913 erschien „Der Film von der Königin Luise“, die bislang letzte Verfilmung hieß „Königin Luise – Die preußische Madonna“ (2013). Abgesehen von einigen Kirchen und einem Krankenhaus erinnern noch heute etliche Plätze und Straßen an die Mutter Wilhelm I., sogar Schulen, etwa das Königin-Luise-Gymnasium in Erfurt, die Luisen-Realschule in Bielefeld oder die Luisen-Grundschule in Aschersleben.

Wie präsent die preußische Königin auch in unseren Tagen ist, zeigt die Eröffnung der „Königin-Luise-Promenade“ in Tilsit/Russland im Juli 2018. In der Stadt gibt es bereits ein Denkmal und eine nach Litauen führende Brücke zu Ehren Luises. Ein Gedenkstein an der neu errichteten Promenade trägt folgende Inschrift in russischer und deutscher Sprache: „Im Gedenken an Luise – Königin der Herzen – und im Geiste deutsch-russischer Völkerverständigung. Gespendet von den einstigen Bewohnern der Stadt Tilsit.“50


Abbildung 21 Vor allem in Ländern, die einst zu Preußen gehörten, erinnern noch heute zahlreichen Straßen an Königin Luise, hier das Straßenschild der Luisenstraße in Bielefeld.


Abbildung 22 a und b Nachdem 1989 die Deutsche Bundespost innerhalb ihrer Dauerserie „Frauen der deutschen Geschichte“ Königin Luise auf einer 250-Pfennig-Briefmarke herausgebracht hatte, war sie 2018 erneut auf einer 85-Cent-Sonderbriefmarke abgebildet; mit ihrer Schwester Friederike als Teil der „Prinzessinnengruppe“ von Johann Gottfried Schadow.

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