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Gedenktag der Völkerschlacht (18. Oktober)

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Vor allem in Preußen war der 18. Oktober im 19. Jahrhundert ein beliebter Gedenktag, der ab 1871 auch reichsweit eine gewisse Bedeutung erlangte. An diesem Tag wurde an die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 erinnert, als rund 205.000 Mann der alliierten Armeen die etwa 190.000 Mann der französischen Armee erfolgreich Richtung Westen zurückdrängen konnten. Damit waren die Befreiungskriege (1813/1815) zugunsten des Koalitionsheeres entschieden, der Herrschaft Napoleons in Mitteleuropa war ein Ende gesetzt. Vier Jahre später griffen Jenaer Studenten dieses Ereignis auf und luden protestantische Kommilitonen aus ganz Deutschland zum Wartburgfest nach Eisenach ein. Sie gedachten der siegreichen Schlacht und damit dem Ende der französischen Vorherrschaft über Deutschland, zugleich aber feierten sie das 300. Reformationsjubiläum.

Wie präsent die Erinnerung an die Befreiungskriege im 19. Jahrhundert war und wie gerne Jubiläen inszeniert und instrumentalisiert wurden, belegen auch die Monumentalbauwerke in Kelheim/Bayern und in Leipzig. Von König Ludwig I. von Bayern bereits 1842 in Auftrag gegeben, entstand nach Plänen von Friedrich von Gärtner bzw. Leo von Klenze bei Kelheim, oberhalb der Donau, die Befreiungshalle, die anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1863 eingeweiht wurde. Und in Leipzig erinnert, umgeben von einer 80.000 Quadratmeter großen Park-anlage, das Völkerschlachtdenkmal, das größte Denkmal Europas, ebenfalls an die Befreiungskriege. Eine erste Grundsteinlegung am Ort der Niederlage Napoleons fand schon zum 50. Jahrestag der Schlacht statt, doch erst ein 1895 ausgeschriebener Ideenwettbewerb führte zu einer erfolgreichen Grundsteinlegung am 18. Oktober 1898. Genau 15 Jahre später weihte Kaiser Wilhelm II. diesen kolossalen „Tempel für Tod und Freiheit“ ein, heute das wichtigste Wahrzeichen der Stadt Leipzig.53 Anlässlich dieser Einweihung und der Jahrhundertfeier der Schlacht wurde am bzw. um den 18. Oktober 1913 im ganzen Reich gefeiert. Zahlreiche Veröffentlichungen, Zeitungsartikel, Gedenkmünzen und sonstige Devotionalien stimmten auf dieses Ereignis ein, überall erklang Militärmusik, es fanden Fackelzüge und in den Schulen Turnveranstaltungen statt. 54

Zu den weiteren Denkmälern, die an einem 18. Oktober eingeweiht wurden, zählen das pompöse Kaiser-Wilhelm-Denkmal bei Porta Westfalica/Wiehengebirge (1896); das insgesamt 88 Meter hohe Bauwerk ist, nach dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, das zweitgrößte Denkmal in Deutschland. Enthüllt wurden an diesem denkwürdigen Tag ebenso die Reiterstandbilder für den ersten Kaiser des Reiches in Siegen (1892), Bremen (1893), Elberfeld (1893), Mannheim (1894), Düsseldorf (1896) Karlsruhe (1897) oder Aachen (1901). Und anlässlich Bismarcks zehnten Todestag verfügte im katholischen Bayern Prinzregent Luitpold die Aufnahme der Büste des Reichskanzlers in die Walhalla. Bei diesem Festakt am 18. Oktober 1908 wurde der ehemalige Kanzler als „größter ungekrönter Walhalla-Genosse“ gefeiert.55


Abbildung 26 15-Pfennig-Briefmarke „Völkerschlachtdenkmal“, DDR 1988.

Wie beschrieben, war der 18. Oktober im Kaiserreich ein identitätsstiftender Gedenktag, dem eine noch größere Aufmerksamkeit zuteil gekommen wäre, hätte Kaiser Friedrich III. länger gelebt. Dieser Tag nämlich, sein Geburtstag, wäre dann arbeitsfreier Nationalfeiertag im ganzen Reich gewesen! Vom Tode abgesehen, widmete ihm die Presse nur zweimal eine ausführliche Würdigung: Sonderberichte erschienen am 18. Oktober 1881 anlässlich des 50. Geburtstages des Kronprinzen und am 18. Oktober 1888, ein halbes Jahr nach seinem Ableben, zu seinem Gedächtnis.

Die Bedeutung des einst so wichtigen und gefeierten Tages ist längst in den Hintergrund getreten, immerhin erinnerten die DDR 1988 mit einer 15-Pfennig-Briefmarke und die Deutsche Post 2013 an die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig, des größten Nationaldenkmals Deutschlands, vor 75 bzw. 100 Jahren.


Abbildung 27 45-Cent-Sonderbriefmarke "100 Jahre Völkerschlachtdenkmal", 2013.

Dass Du nicht vergessest der Geschichte

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