Читать книгу Der Dreißigjährige Krieg Band 1-3: Der Winterkönig / Der tolle Halberstädter / Der Hexenbrenner - Jörg Olbrich - Страница 44
ОглавлениеHeidelberg, 07. Oktober 1619
»Geht es dir wirklich gut?«
»Wie oft willst du mir diese Frage noch stellen?«, gab Elisabeth zurück und sah ihren Gemahl liebevoll an.
»Es ist eine weite Reise bis nach Prag. Ich habe Angst, dass sie zu anstrengend für dich sein wird.«
»Deine Sorge ist unbegründet. Wir haben uns gemeinsam entschieden, diesen Weg zu gehen, und ich bin nicht gewillt, hier in Heidelberg zu bleiben, während du nach Böhmen gehst!«
»Das weiß ich.« Friedrich warf einen letzten Blick in die Kutsche, in der es sich seine Gemahlin so bequem wie möglich gemacht hatte. Karl Friedrich, Karl Ludwig und die kleine Elisabeth saßen mit ihrer Amme in dem Wagen, der hinter dem der Kurfürstin fahren sollte. Noch in diesem Jahr würde Elisabeth ihr viertes Kind bekommen.
Fast zehn Tage war es jetzt her, dass Friedrich die Wahl zum böhmischen König angenommen hatte. Dieser Schritt war ihm nicht leichtgefallen. Es hatte viele Fürsprecher für diese Entscheidung gegeben. Vor allem sein engster Berater Christian von Anhalt hatte ihn immer wieder dazu gedrängt. Und auch Elisabeth hielt es für richtig, wenn sie nach Prag gingen, um sich der böhmischen Sache anzunehmen.
Friedrich hatte aber auch die Warnungen nicht vergessen. Seine eigene Mutter hatte ihm vorausgesagt, dass er nicht nur Böhmen, sondern auch die Kurpfalz verlieren würde, sollte er sich tatsächlich auf den Weg nach Prag begeben. Kurz nachdem man ihm vom Ergebnis der Wahl berichtet hatte, war ihm ein Gutachten der pfälzischen Räte aus Frankfurt übersandt worden, in dem man ihm ausdrücklich von der Annahme der Krone abriet. Seine Gemahlin hatte ein Schreiben an ihren Vater in England verfasst und ihn um Rat gebeten. Bis heute hatte König Jakob I. nicht geantwortet.
Für Friedrich war letztlich entscheidend gewesen, dass er sich göttlich dazu berufen fühlte, die Aufgabe in Böhmen anzunehmen. Dennoch schwankte er zwischen der Heiligkeit seiner Pflicht gegenüber dem Kaiser und dem festen Willen, Glaubensbrüder in einer gerechten Sache zu unterstützen.
Schließlich war der Tag gekommen, Heidelberg zu verlassen. Der Tross, der gemeinsam mit dem Kurfürst und seiner Gemahlin aufbrach, umfasste 568 Personen und 153 Wagen. Die Reise sollte zunächst über Ansbach und Neumarkt nach Amberg führen, wo der zukünftige böhmische König von Christian von Anhalt erwartet wurde. Um die Belange der Kurpfalz sollte sich Johann von Zweibrücken kümmern, der Friedrichs vollstes Vertrauen genoss.
Friedrich ritt auf seinem Pferd immer direkt neben dem Wagen von Elisabeth, damit er sich sofort um sie kümmern konnte, sollte es ihr schlecht gehen. Aufgrund der Größe des Trosses kamen sie nur langsam voran, und weil Friedrich seiner Gemahlin die Reise nicht zusätzlich erschweren wollte, übernachteten sie in Gasthöfen, deren Besitzer sich über die hohen Einnahmen freuten, die sie durch die Bewirtung der Gäste erzielten.
***
»Ich kann Euch nur eindringlich davor warnen, die Weiterreise nach Prag anzutreten und die Wenzelkrone anzunehmen«, sagte Friedrich von Fürstenberg. »Ihr beschwört einen Krieg herauf, den Ihr nicht wieder beenden könnt.«
Der kaiserliche Gesandte wollte einen Schritt auf den pfälzischen Kurfürsten zugehen, wurde aber von Albrecht von Solms aufgehalten, der ihn am Arm festhielt und ihn drohend ansah. Von Fürstenberg war anzusehen, dass er in aller Eile nach Amberg gereist war. Seine Kleidung war schmutzig und die Haare hingen ihm in Strähnen am Kopf. Gesicht und Vollbart des Mannes zeigten den getrockneten Staub, den er während seines Rittes aufgewirbelt haben musste.
Friedrich selbst sagte kein Wort. Umringt von seinen Beratern sah er den kaiserlichen Gesandten nur schweigend an. Als der Kurfürst in Amberg angekommen war, erwartete von Fürstenberg ihn bereits und bat um eine Audienz.
»Ihr habt dem böhmischen König Euer Anliegen vorgetragen«, sagte Christian von Anhalt energisch. »Nun fordere ich Euch auf, Amberg unverzüglich zu verlassen und nach Wien zurückzukehren. Richtet dem Kaiser aus, dass Böhmen keinen Krieg will. Es liegt an Ferdinand selbst, diesen zu beenden.«
»Wie erklärt Ihr Euch dann das Vorgehen der Truppen in Österreich?«, gab von Fürstenberg zurück.
»Dies dient lediglich dem Schutz der protestantischen Sache. Sobald der Kaiser uns seine schriftliche Erklärung gibt, dass er den evangelischen Glauben anerkennt und auf seine Königswürde in Böhmen verzichtet, werden die Truppen zurückgezogen.«
Von Fürstenberg war sichtlich ungehalten über die Antwort Christians von Anhalt, verzichtete aber darauf, das Gespräch fortzuführen. Auch ihm musste klar sein, dass er nun nichts mehr erreichen würde.
Am Abend gab es ein rauschendes Fest, bei dem der zukünftige König und seine Gemahlin gefeiert wurden. Elisabeth zog sich wie üblich früh zurück und überließ es Friedrich, die vielen guten Wünsche des Amberger Adels über sich ergehen zu lassen.
Als der Kurfürst sich ins Schlafgemach begab, fand er Elisabeth dort schweißgebadet in ihrem Bett vor.
»Was um Gottes Willen ist geschehen?«
»Beruhige dich, Friedrich. Es geht mir gut«, erklärte Elisabeth schwer atmend.
»Du glühst regelrecht. Ich werde sofort deine Zofe holen!«
»Du übertreibst. So schlimm ist es nicht. Ich bin lediglich ein bisschen müde. Lass Anne schlafen.«
Friedrich nahm ein Tuch und tupfte damit die Schweißperlen von Elisabeths Stirn. »Gibst du jetzt zu, dass die lange Reise zu anstrengend für dich ist?«, sagte er leise.
»Daran liegt es nicht. Es gab auch in Heidelberg Abende, an denen ich mich nicht wohlfühlte.«
»Trotzdem: In deinem Zustand darfst du dich nicht überanstrengen!« Friedrich küsste seine Gemahlin zärtlich auf die Stirn. Elisabeth blieb weiterhin auf dem Rücken liegen und lächelte Friedrich an.
»Ich weiß ja, dass du dir Sorgen um mich machst. Dennoch musst du mir glauben, dass es mir gut geht. Ich habe bereits drei Kinder geboren. Ich werde auch das Vierte auf die Welt bringen. Und noch viele mehr, wenn du das willst.«
»Natürlich will ich das.« Wieder küsste Friedrich seine Frau. »Wir werden eine Woche hier in Amberg bleiben. Du wirst dich erholen, und wenn es dir bessergeht, setzen wir die Reise fort.«
»Nein, Friedrich. Wir müssen nach Böhmen. Meinst du nicht auch, dass es besser ist, wenn ich unser Kind in Prag zur Welt bringe?«
***
Zwei Tage später setzte sich der Tross in Richtung Waldsassen in Bewegung, wo der zukünftige König von Vertretern der böhmischen Stände gebührend empfangen wurde.