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Eine hagere Dame mit silberweißem Haar erschien in der Villa. Ich hatte Spätdienst. Etwas in ihrem Blick verriet mir, dass sie weder nach einem Heimplatz Ausschau hielt noch eine Zauberin besuchen wollte. Es war ein zögerlicher, skeptischer Blick. Zwei Männer begleiteten sie.

»Schön, dass es ein Heim geworden ist«, waren ihre ersten Worte.

Die Dame hatte hier ihre Kindheit verbracht. Die Villa hatte ihrem Vater, einem Berliner Rechtsanwalt, gehört. 1936 war die Familie nach New York emigriert. Berlin hatte die Dame seitdem nicht mehr besucht. Nun wollte sie ihren beiden Söhnen den Ort ihrer Kindheit zeigen. Nur das Mosaik an der Wand der Eingangshalle erinnerte noch an die einstigen Besitzer. Früher waren dort die Torarollen aufbewahrt worden. Jetzt standen dort Rollstühle. Ich führte die Dame durch die Residenz. Nach einer Viertelstunde dankte sie mir und verabschiedete sich.

Bei der Dienstübergabe am nächsten Tag erwähnte ich ihren Besuch. Die Äbtissin erstattete Meldung bei der Heimleitung. Frau Schwalbe bat mich umgehend in ihr Büro. Sie forderte mich auf, den Vorfall zu schildern, und wollte wissen, ob ich mich an das Gesicht der Person erinnern könne. Tage später wurde ich wieder in den Verwaltungstrakt zitiert. Neben Frau Schwalbe thronten jetzt Page 74drei graumelierte Herren, das Kuratorium der Irmgard-Breugel-Stiftung. Drei pensionierte Rechtsanwälte. Einer fragte mich, wie ich dazu käme, hier den Fremdenführer zu spielen. Ob die Person mir ihren Pass gezeigt hätte. Ich dachte an Irmgard Breugels Porträt in der Empfangshalle. 1938. Drei Villen. Großzügige Schenkung.

Die Herren starrten mich an. In diesem Moment überlegte ich, ob sie jemals in einem der Wohnbereiche gewesen waren. Hatten sie schon einmal mit einer Zauberin gesprochen? Ich lud sie zu einer Führung durch die Villa ein.

»Es reicht jetzt«, bekam ich zu hören. »Gehen Sie wieder wischen.«

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