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Das Drachenschwert

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Mit Schaudern stand Orge auf dem Sturmfried - mit erhobenem und stoßbereitem Schwert. Vor ihm lag Jero - Seelenfrieden schlummerte in seinem Antlitz, obwohl er im Reich des bleichen Wahns gefangen war - und Orge sah den Schnitt in seines Ritters Bauch und roter Jacke. Er zitterte, entschied dann und schloss die Augen, und er begann die Handlung.

Das mit rätselhaften und seltsamen Symbolen bewehrte Schwert fuhr herab und der einstige IIWO öffnete dabei seine Lider - nicht um die Fahrt der Waffe zu überprüfen, denn den Weg kannte er genau. Stellen wollte er sich dem Ereignis, dem Tod, dem Grausigen, dem Unausweichlichen, es mit eigenen Augen sehen.

Da fuhr das mattgraue und alte Schwert in die blutige Scheide und Jero bäumte sich auf, stöhnte dabei aus tiefstem und schwärzestem Abgrund herauf. Dann sank er wieder zurück auf sein Totenlager, blies dabei seinen Atem in die Nacht. Orge durchlebte eine Art Hölle, während des Stoßes, und dann eine unbestimmbare Unsicherheit - umwehte ihn der Nachtwind im Fackelschein.

Heimlich vollzog Orge diese Zeremonie, dieses Unterfangen, auf dem mächtigsten Turm Jeros in stiller Mitternacht. Die Ordensleute schliefen, wussten nicht um ihres Ritters Gedanken und Tat und fürchteten zu arg die Mysterien, die ihre Ritter umgaben.

Bis zum Morgen wartete Ritter Orge - er wusste nichts, folgte lediglich seiner Intuition.

Da erschien er in hellem Blau - erst die Dämmerung, in der Orge noch eingenickt verharrte -, und der Ritter wurde vom frischen Frühlingswind geweckt. Orge sah die aufgegangene und gelbe Sonne am Horizont, und schwarz hob sich vor ihr der Griff des schweren Schwertes ab. Er erhob sich vom Steinboden, auf dem er an der Zinnenmauer lehnend gesessen hatte und schritt zu Jero, umgriff den Griff des alten Schwertes und zog es heraus.

Da flatterte es unbestimmbar um Orge herum und der verwehte Atem Jeros fing die schwarzen Vögel ein.

Und dann geschah es. Es war erst ein Huschen, ein Gleiten des Windes, das zum Schwingenhauch, dann zum Schwingenschlagen wurde. Und da saß der schwarze Drache auf der Zinnenmauer und sah Jero und sah dann zu Orge und begann schließlich, wahnsinnig zu schreien. Es war ein tiefer, voller und dröhnender Lautenwirbel, der über die Ebene hinweg fegte - so unbarmherzig wie der Stoß Wolfslilies. Und gleichzeitig war er voll Schmerz und Trauer, und Orge rannen erneut die Tränen. Er blickte auf zu Ischgatarh, und der Drache schaute in des Ritters Augen. Da sah Orge in des Drachen Augen den grünen Schimmer und des Ritters Herz hüpfte vor Freude.

Im Schatten der erloschenen Fackeln wurde der Drache zum schwarzen Hauch und fuhr hinein durch Jeros Mund. Da öffnete dieser seine Lider und Orge sah den grünen Schimmer, der den hellblauen Morgen über der grauen Ebene begrüßte.

Die Schneelandschaft und der violette Himmel

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