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1. Grundlagen

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Ausgangspunkt des Grundrechtsschutzes in der EG/EU war bis zum Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags am 1.12.2009 Art. 6 Abs. 2 EUV a.F., der die Union verpflichtete, die Grundrechte, wie sie in der EMRK gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des damaligen Gemeinschaftsrechts ergeben, zu achten. Ergänzend trat die noch nicht rechtsverbindliche GrCh[1] hinzu, die vom EuGH als Rechtserkenntnisquelle herangezogen wurde.[2] Angesichts der fehlenden expliziten normativen Ausgangsgrundlage hat der EuGH das Datenschutzgrundrecht als allgemeinen Rechtsgrundsatz entwickelt.[3] Allerdings fehlte es zunächst lange an einer entsprechenden ausgereiften Dogmatik des EuGH.[4] Dies wurde etwa im ORF-Urteil deutlich, in dem das Gericht die Eingriffsqualität des bloßen Speicherns von Daten verneinte.[5] Welche fundamentalen Probleme eine solche Auffassung im Ergebnis aufwirft, zeigt sich besonders eindrücklich mit Blick auf die äußerst kontroverse Vorratsdatenspeicherung (dazu detailliert → Rn. 91 ff., 164 ff.). Hier bliebe auf dieser Basis gerade der wesentliche Kern des Problems unberücksichtigt. Ein erster Vorbote einer deutlichen Stärkung des Datenschutzgrundrechtes war aber die Entscheidung des EuGH zu den Internetveröffentlichungspflichten der EU-Agrarbeihilfen (vgl. dazu auch Fallbeispiel 2). Dass gerade im Hinblick auf den Datenschutz die unionsrechtlichen Grundrechtsvorgaben, sowohl was die Systematik[6] angeht als auch und insbesondere bezüglich der Schutzhöhe, im Wesentlichen dem Rechtsrahmen in Deutschland entsprechen,[7] hat eindrucksvoll die Entscheidung des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung (näher zum EuGH-Urteil unter → Rn. 164 ff.) demonstriert,[8] die sich – anders als noch das rein kompetenzrechtliche Urteil aus dem Jahr 2009[9] – nunmehr umfassend und richtungsweisend mit der (mangelnden) Grundrechtskonformität der entsprechenden Richtlinie auseinandergesetzt[10] und diese im Ergebnis verworfen hat. Dabei wendet der EuGH beide Datenschutzgrundrechte aus Art. 7 und 8 GrCh weitgehend parallel nebeneinander an und verlangt eine tendenziell strenge Beschränkung der Datenverarbeitung auf das „absolut Notwendige“.[11]

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Fallbeispiel 2 EU-Agrarbeihilfen – Datenschutz nach der GrCh[12]

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU stellt den größten Posten des EU-Haushalts dar. Nachdem in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden war, öffentliche Gelder würden im Rahmen der GAP intransparent verwendet und Empfängern zuteil, die hierzu nicht berechtigt seien, entschlossen sich der Rat und die Kommission, die Verwendung und Zuteilung der Gelder im Rahmen der GAP transparenter zu gestalten. Zu diesem Zweck wurden die Mitgliedstaaten durch Verordnung (VO) verpflichtet, bestimmte Angaben über die Empfänger von EU-Geldern im Rahmen der GAP zu veröffentlichen. Zu diesen Angaben gehören bei natürlichen Personen der Vor- und Zuname des Empfängers, bei juristischen Personen der vollständige eingetragene Name mit Rechtsform, die entsprechende Gemeinde des Empfängers samt Postleitzahl sowie der empfangene Gesamtbetrag an EU-Geldern. Diese Informationen werden auf einer speziellen Website veröffentlicht und sind über differenzierte Suchfunktionen zwei Jahre lang für jedermann abrufbar. Die Kläger Meyer-GmbH und Schmitz haben Anträge auf EU-Agrarbeihilfen gestellt, denen entsprochen wurde. Die Antragsformulare enthielten einen Hinweis auf die Veröffentlichungspflicht ihrer Informationen. Die Meyer-GmbH und Schmitz beantragen vor dem Verwaltungsgericht (VG), das Land zu verpflichten, die Weitergabe oder die Veröffentlichung dieser Daten zu unterlassen bzw. durch Anordnung zu untersagen, mit dem Ziel, die Veröffentlichung ihrer Daten zu verhindern. Sie sind der Meinung, dass die Veröffentlichung der genannten Daten gegen ihre Grundrechte verstößt. Das VG ersucht im Rahmen dieses Rechtsstreits den EuGH, da es Zweifel an der EU-Primärrechtskonformität der betreffenden Verordnung hegt. Dabei legt es ihm folgende Frage zur Vorabentscheidung vor: Ist die Verordnung, die die zu veröffentlichenden Daten bestimmt und die Veröffentlichung im Internet vorsieht, ungültig?

Wie wird der EuGH die vorgelegte Frage unter Berücksichtigung der einschlägigen Grundrechte der GrCh beantworten?

(Lösung siehe Rn. 56)

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