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VI. Die erste Liebe

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Mit der Dunkelheit setzte auch leichter Regen ein. Es wurde kühl und Iska zitterte in ihren nassen Kleidern. Aber Sigmar begrüßte den Regen: „Ein Geschenk Odins! Bei dem Wetter werden die Römer bestimmt nicht die Hunde hinter uns herschicken. Außerdem ist es zu dunkel, um eine gezielte Suche durchzuführen. Und - mit ein wenig Hilfe der Götter - suchen sie uns immer noch im Wald beim Sumpf.“

Iska erwiderte nichts. Die letzten Stunden waren für sie zur Qual geworden, mechanisch trottete sie mal neben, mal hinter Sigmar her. Ihr Kopf war leer und die einzigen Gedanken, die ihr hin und wieder in den Sinn kamen, kreisten um ihre Schlafstätte und das Heu mit der einfachen Decke darauf. Wie sehr sehnte sie sich nach Schlaf. Als sie einmal mehr stolperte und fast zu Boden gefallen wäre, erkannte auch Sigmar, dass sie so erschöpft kaum noch viel weiter würden gehen können. Er selbst fühlte sich ziemlich am Ende seiner Kräfte und als er in der Dunkelheit schemenhaft eine Gruppe etwas dichteren Gestrüpps entdeckte, lotste er Iska dorthin. „Wir müssen eine Rast machen. Wenigstens ein paar Stunden schlafen! Lass uns unter den Büschen dort Schutz suchen.“ Sie krochen unter das Gestrüpp. Wie durch die Fügung der Götter fanden sie ein Fleckchen trockene Erde, hier wurde der Regen von den kräftigen Blättern zurückgehalten. Iska kuschelte sich rasch zusammen und wollte gerade einschlafen, als Sigmar sie am Arm rüttelte: „Iska, zieh deine nassen Sachen aus. Mach es so wie ich!“ Schlaftrunken sah Iska ihn fragend an. Sigmar sah sich genötigt ihr zu erklären: „Sonst bist du morgen krank! Du kannst nicht die ganze Nacht so nass hier am Boden liegen; es wird einfach zu kalt werden. Zieh die Kleider aus und leg dich hier ganz zu mir. In meinen Arm. So wärmen unsere Körper sich gegenseitig.“

Iska verspürte weder die Kraft, noch die Lust zu protestieren. Schwerfällig entledigte sie sich ihrer Kleidung und dankbar fühlte sie die Wärme und Nähe des jungen Kämpfers. Es dauerte auch nicht lange, dann waren sie beide in tiefen Schlaf gefallen.

Iska erwachte, weil sie meinte zu ersticken. Erschreckt riss sie die Augen auf und wollte sich wehren, aber jemand hielt sie fest. Als sie den Kopf ein wenig drehte, erkannte sie Sigmar, der ihr mit einer Hand den Mund zu und mit der anderen ihren Leib festhielt. Er musste die Angst in ihren Augen gesehen haben, denn jetzt lächelte er beruhigend und näherte seinen Mund ihrem Ohr: „Römer“, hauchte er. „Keinen Laut. Sie müssen ganz nah sein!“

Iska lauschte. Sie konnte keine Geräusche vernehmen. Sigmar hielt ihr immer noch den Mund zu. Plötzlich dröhnte eine Stimme, so laut, als säße der Sprecher neben ihnen im Gebüsch. Sigmar drückte Iska noch kräftiger an sich, als er merkte, dass sie zu zittern anfing. Eine zweite Stimme antwortete der ersten in gleicher Lautstärke. Iska wurde klar, dass sie von den Römern nicht bemerkt worden waren - noch nicht. Das Gebüsch gab ihnen ausreichend Schutz. Langsam entfernten sich die Stimmen. In Gedanken dankte die junge Frau allen Göttern. Sie waren noch einmal ungeschoren davongekommen! Die Büsche standen hier einfach zu dicht beieinander. Ihr Herz tat einen Sprung. Sigmar lockerte den Griff um ihren Leib und gab ihren Mund frei. Flüsternd sprach er zu Iska: „Zwei römische Soldaten von der Einheit, die uns sucht. Sie waren ein wenig vom Weg abgekommen, eigentlich sollten sie in der Nähe des Waldrandes suchen.“

„Das hast du alles ihrem Wortwechsel entnommen?“

„Und noch mehr Iska. Warte ab, die beste Nachricht kommt noch: Der Präfekt Lupus hat die Hunde zurückbringen lassen. Durch den Regen in der Nacht können sie unsere Spur nicht mehr finden.“ Während dieser Worte lockerte Sigmar den Griff weiter und wie durch Zufall wanderte seine Hand an ihrem schlanken Körper entlang und lag schließlich warm und fest auf ihrer kleinen Brust. Iska spürte im Rücken seine fordernde Männlichkeit. Auch wenn sie noch über keinerlei Erfahrung mit Männern verfügte, so konnte sie den Tieren oft genug zuschauen. Und oft genug tuschelten die Mädchen im Dorf untereinander über solche Dinge.

„Wir sollten uns anziehen. Wir müssen weiter.“ Sigmars Worte kamen ein wenig stockend über seine Lippen. Langsam schob Iska seine Hand von der Brust, drehte sich in seinem Arm um und presste ihren Leib so gegen Sigmar, dass der zu Boden sank. Aus erstaunten Augen beobachtete er, wie sie sich jetzt auf ihn setzte und als er in sie drang, konnte er ein Stöhnen nicht unterdrücken. Sigmar erkannte, dass er der erste Mann für Iska war und zärtlich und mit viel Feingefühl überließ er ihr die Führung. Im Bewusstsein der immer noch drohenden Gefahr verhielten sich beide dabei möglichst leise, doch konnten sie letztlich ein gemeinsames Aufstöhnen nicht unterdrücken.

„So etwas habe ich noch nie gefühlt.“ Iska war sich ihrer Gefühle nicht sicher. Was geschah hier mit ihr? Ihr Denken hatte ausgesetzt und das gesamte Handeln war lediglich vom Instinkt gesteuert worden. Liebte sie Sigmar? War das die Liebe, von der in den Sätzen, die Thoralf ihr hin und wieder vorgelesen hatte, die Rede war? Thoralf nannte so etwas Gedichte und er sprach davon, dass die Griechen dies niedergeschrieben hätten. Iska hörte ihm gerne zu, wusste aber weder, was Griechen sein sollten, noch welchen Sinn diese Worte machten. Thoralf hatte ihr versprochen, dass er viel erklären und ihre Fragen beantworten würde.

Sigmar bemerkte, dass Iska sich in Gedanken weit fort befand und er streichelte ihren warmen Körper. Irgendwann fand das Mädchen in die Wirklichkeit zurück. Lächelnd bedeckte sie seinen Oberkörper mit Küssen. „Sind wir nun Mann und Frau, Sigmar? Gehören wir zusammen?“

Sigmar nickte ernst. „Die Götter haben uns zusammengeführt. Sobald wir in meinem Dorf sind, werde ich mit Vater und den Dorfältesten über die Hochzeit reden.“

Iska schmiegte sich an den jungen Mann. So lagen sie noch eine ganze Weile eng nebeneinander. Endlich schob Sigmar sie sachte fort: „Es ist an der Zeit, Iska. Wir müssen weiter. Noch sind wir der Gefahr nicht entronnen!“

Iska - Die Flucht

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