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II. Rechtsquellen für das Recht im E-Commerce und Internet

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Die relevanten Normen für das Recht im E-Commerce und Internet lassen sich in zwei Kategorien einordnen. Differenziert werden kann einerseits nach dem gesetzgebenden Organ (EU, Bund, im Einzelfall auch ein Bundesland), andererseits nach dem spezifischen, internetrechtlichen Gehalt der jeweiligen Norm (allgemeine oder internetspezifische Regelung).

1. EU-Recht

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EU-Recht umfasst das gesamte Primär- und Sekundärrecht der Europäischen Union. Insbesondere von Interesse sind dabei die EU-Richtlinien und Verordnungen. Das sind Rechtsakte der Europäischen Union, die auf Vorlage der EU-Kommission vom Rat unter abgestufter Mitwirkung des Europäischen Parlaments verabschiedet werden (vgl. Art. 288 AEUV).

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Richtlinien haben keine unmittelbare Gesetzesqualität, sondern müssen von den Mitgliedstaaten der EU in nationales Recht umgesetzt werden. Beispiele für Richtlinien, die besonderen Bezug zum Internet haben, sind die Fernabsatzrichtlinie,4 die E-Commerce-Richtlinie5 und die E-Privacy-Richtlinie.6 Werden EU-Richtlinien nicht oder nicht vollständig in nationales Recht von den Mitgliedstaaten umgesetzt, sind die nicht umgesetzten Richtlinien bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen,7 und im Einzelfall sogar unmittelbar anzuwenden.8

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Demgegenüber sind EU-Verordnungen auch ohne nationalen Umsetzungsakt ab dem in der Verordnung hierfür benannten Zeitpunkt in jedem Mitgliedstaat unmittelbar anzuwenden und haben Gesetzesqualität. Ein bedeutsames Beispiel für eine solche für das Internet und den E-Commerce relevante EU-Verordnung ist die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), die am 24.5.2016 in Kraft getreten und am 25.5.2018 wirksam geworden ist.9 Ein weiteres Beispiel ist die sog. P2B-Verordnung, die das Verhältnis zwischen Plattformen und deren gewerblichen Nutzern regelt.10

2. Bundesrecht

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Das Bundesrecht gliedert sich im Wesentlichen in Gesetze und Verordnungen. Bundesgesetze sind Gesetze, die durch den Bundestag als gesetzgebendes Organ des Bundes verabschiedet werden. Verordnungen können durch die Regierung erlassen werden, sofern der Bundestag durch ein Gesetz eine korrespondierende Verordnungsermächtigung schafft. Mit Verordnungen können Teilbereiche ohne Beteiligung des Bundestages geregelt und flexibel geändert werden. Beispiele für Bundesgesetze mit Bezug zum Internet sind das BGB, das Telemediengesetz (TMG), das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder das Urheberrechtsgesetz (UrhG).

3. Landesrecht

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Landesrecht hat für den hier interessierenden Bereich wegen der überwiegenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nur eingeschränkte Relevanz. Bedeutsam ist insbesondere der am 7.11.2020 in Kraft getretene Medienstaatsvertrag der Länder.11 Dieser enthält neben Regelungen zum Rundfunk auch das TMG ergänzende Regelungen zu Telemedien und zu sog. „Video-Sharing-Diensten“. Dieser ist erforderlich, da das Medien- und Presserecht nach der im Grundgesetz festgelegten Kompetenzverteilung grundsätzlich Landessache ist (Art. 70 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG a.F.), in der der Bundesgesetzgeber nur eine Rahmenkompetenz hat.

4. Rechtsraum Internet

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Das Internet stellt keinen eigenen Rechtsraum dar, in dem, losgelöst vom realen Raum, keine oder eigene Regeln gelten. So gesehen gibt es kein „Cyberlaw“, sondern allenfalls gesonderte Regelungen für den Bereich Internet. Grundsätzlich gelten alle Regelungen der realen Welt auch im Internet, und es ist kein Sachverhalt denkbar, der sich nicht – wenn auch nur im Wege der Analogie – normativ beurteilen lässt.

a) Differenzierung in technischer Hinsicht

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Das Rechtsgebiet Internetrecht ist also eine Querschnittsmaterie, die verschiedene Rechtsbereiche umfasst. In technischer Hinsicht kann man drei Ebenen identifizieren:

 1. Geschäftsprozessebene: Diese Ebene betrifft Geschäftsprozesse, die unter Nutzung des Internet angebahnt, abgeschlossen und durchgeführt werden, z.B. der Kauf einer Software im Internet mit anschließendem Download. Anzuwendende Gesetze sind z.B. das BGB, das UrhG oder auch die DSGVO.

 2. Ebene der Telemediendienste: Die Ebene der Telemediendienste umfasst alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht Rundfunk nach § 2 Abs. 1 des Medienstaatsvertrags und nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24, 25 TKG sind. Darunter fallen z.B. Online-Zeitungen, Social Media, Blogs/Vlogs, Internetversteigerungen oder Webshops. Anzuwendende Normen sind beispielsweise solche des TMG und der P2B-Verordnung.

 3. Ebene der Telekommunikations- oder allgemein Infrastrukturdienste: Diese Ebene umfasst die technische Infrastruktur des Datenverkehrs, also die Signalübertragung. Anzuwendendes Gesetz ist etwa das Telekommunikationsgesetz (TKG).12

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Alle diese Ebenen bauen aufeinander auf. Die Geschäftsprozessebene setzt voraus, dass eine entsprechende Telemediendienstebene existiert, die wiederum die Infrastrukturebene zwingend voraussetzt.

b) Juristische Differenzierung

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Aber auch die herkömmliche Differenzierung zwischen Öffentlichem Recht und Zivilrecht findet sich beim Internetrecht wieder. Mit Hinblick auf das Internet ist das allgemeine Zivilrecht von besonderem Interesse, vorwiegend kodifiziert im BGB. Hier sind alle Regelungen z.B. für Vertragsschlüsse zu finden oder auch die besonderen Informationspflichten und Rechte bei Fernabsatzverträgen oder im elektronischen Geschäftsverkehr, die überwiegend verbraucher- bzw. kundenschützenden Charakter haben. Aber auch die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im elektronischen Geschäftsverkehr sowie die Formvorschriften bei elektronischer Kommunikation werden im BGB geregelt.

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Das Arbeitsrecht ist eine zivilrechtliche Spezialmaterie, die Bezüge zum Internet aufweist, z.B. wenn man die Rechtsfragen betrachtet, die die Zulässigkeit der privaten Nutzung des Internet am Arbeitsplatz betreffen oder die Überwachung von Leistung und Verhalten des Beschäftigten im Zusammenhang mit der Nutzung von Internet und E-Mail.

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Daneben ist das Wettbewerbsrecht zu erwähnen, welches auch die Regeln für den Wettbewerb bei Internetgeschäften festlegt. Diese Regelungen finden z.B. bei Spamming oder beim Domaingrabbing Anwendung sowie bei der Beurteilung von Verstößen gegen wettbewerbsrelevante Verhaltenspflichten der Diensteanbieter im World Wide Web.

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Schließlich sind das gesamte Rechtsgebiet der gewerblichen Schutzrechte (Patent- und Markenrecht) und das Urheberrecht von Interesse. Gerade vor dem Hintergrund der leichten Kopierbarkeit digitaler Werke, die auch per Internet abrufbar sind, ergeben sich viele urheberrechtliche Probleme, z.B. wenn man Videoportale, Filesharingservices oder Collaboration Tools betrachtet.

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Neben den bisher vorwiegend zivilrechtlich geprägten Rechtsnormen muss bei Geschäften im Internet auch das öffentliche Recht beachtet werden. Im Zusammenhang mit Geschäften dieser Art stellen sich insbesondere Probleme bei der steuerrechtlichen Behandlung derartiger Geschäfte. Auch das Datenschutzrecht mit seinen bereichsspezifischen Regelungen für Telekommunikation und Telemedien wird wegen seiner regulierenden Elemente überwiegend dem öffentlichen Recht zugeordnet. Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Bezug zum Internet sind zudem das Jugendschutzgesetz, der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV),13 das Gewerberecht und das Vergaberecht.

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Neben der materiellrechtlichen Seite gewinnt das Internet auch im Hinblick auf das Verfahrensrecht an Bedeutung. So ist es möglich, in allen Gerichtsbarkeiten und vielen Verwaltungsverfahren Schriftsätze auch elektronisch über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EVGP) einzureichen, Anwälte nutzen zudem das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) und Behörden das besondere Behördenpostfach (beBPo). Inzwischen haben Änderungen des Handelsrechts, des Insolvenzrechts und des Gesellschaftsrechts zur Einrichtung von Portalen im Internet geführt, über die Informationspflichten und Informationszugangsrechte realisiert werden.14

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Selbstverständlich handelt es sich bei den vorgenannten Gesetzen nicht um eine erschöpfende Aufzählung. Sie soll die Rechtsbereiche beschreiben, die im Internet und E-Commerce betroffen sind und auch überwiegend im Rahmen der nachfolgenden Kapitel bearbeitet werden. Manche Aspekte sind allerdings speziellen Materien zugeordnet, die hier infolgedessen ausgeklammert werden können, so insbesondere Telekommunikationsrecht, Immaterialgüterrecht, eGovernment, Vergaberecht und Computerkriminalität.

4 Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzrichtlinie). 5 Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr oder E-Commerce-Richtlinie). 6 Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation oder E-Privacy-Richtlinie). Seit 2017 wird von der EU über eine sog. E-Privacy-Verordnung verhandelt, welche zeitgleich mit dem Wirksamwerden der DSVO die E-Privacy-Richtlinie ablösen sollte. Eine Einigung hierüber konnte bislang nicht erzielt werden, sodass weiterhin die E-Privacy-Richtlinie relevant ist. 7 Zur Wirkung einer EU-Richtlinie am Beispiel der Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG Kremer, RDV 2014, 73, 75f. 8 W. Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl., 2018, Art. 288 AEUV Rn. 87ff. 9 Verordnung 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung); Ausführlich zum Datenschutzrecht im E-Commerce und Internet s. Kap. 8; zur Datenschutz-Grundverordnung Laue/Kremer, Das neue Datenschutzrecht in der betrieblichen Praxis, 2018. 10 Verordnung 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten; ausführlich dazu Kap. 7. 11 Abrufbar unter https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/ModStV_Text.pdf; der Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) und der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) sind nicht mehr anzuwenden. 12 Zum TKG und den aktuellen Entwicklungen siehe Sassenberg/Mantz/Kiparski, K&R 2020, 337, und K&R 2019, 309; Nacimiento/Küll, K&R 2020, 190, und K&R 2019, 95. 13 Abrufbar unter https://www.kjm-online.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Gesetze_Staatsvertraege/JMStV_geaend._durch_19._RAEStV.pdf. 14 Beispielsweise das Unternehmensregister unter www.unternehmensregister.de und die Registerbekanntmachungen unter www.handelsregisterbekanntmachungen.de.

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