Читать книгу Ein seltsames Volk - Die Knautschi-Bautschis - Jürgen Thal - Страница 16

Natürlich fand man jetzt überall die Dosen, die achtlos von manchem in den Wald geworfen wurden. Besonders die blausilbernen Dosen lagen in großen Mengen auf den Lichtungen, aber auch im dunklen Tann. Manch ein Knautschi-Bautschi stolperte über die weggeworfenen Dosen. Andere traten gegen sie und kickten sie schwungvoll unter nahe wachsende Farnkräuter.

Vermutlich hatten sie die jungen Leute aus dem Nachbardorf nach ihren rauschenden Feiern achtlos dort entsorgt. Zudem zogen in jüngster Zeit verstärkt Wandergruppen durch das entlegene Gebiet der Knautschi-Bautschis und lagerten an bestimmten Plätzen. Die kleinen Waldwesen zeigten sich ihnen aber nicht. Nach ihrem Weggang fanden sich an den Lagerplätzen allzu oft unterschiedliche Dosen und nicht selten leere Flaschen.

Ein Knautschi-Bautschi kam auf die Idee, dieses Leergut systematisch zu sammeln. Ja, er streifte oftmals suchend auf den Waldwegen entlang, schaute hinter jede Staude und hob sogar einzelne Bodendecker hoch, um dort Dosen und Flaschen zu ernten. Auf einzelnen Dosen fanden sich Zeichen, die wiederum eine Dose und eine Flasche abbildeten, sowie einen Pfeil der schwungvoll nach Westen wies. Andere hatten solches nicht.

Das Suchen wurde bei ihm bald zur Sucht. Schon früh erhob er sich von seiner Heizdecke, wenn die anderen Knautschi-Bautschis noch fest schliefen, streifte durch den dunklen Tann und besonders lange verweilte er im Unterholz auf der Suche nach den begehrten Dingen. Der Retro schloss sich ihm begeistert an. Zusammen hatten sie bald einen riesigen Berg an Plastikflaschen und Dosen zusammengetragen. Wenn die Morgensonne durch das Geäst des Waldes brach, leuchtete der Berg der Dosen und Flaschen in metallischen Farben und zog viele Insekten an, die sich an Resten im Inneren labten. Man konnte schon stolz auf das Erreichte sein.

Die anderen Knautschi-Bautschis lachten über diese seltsame Aktivität, freuten sich aber auch zunehmend an dem gewaltigen Dosen- und Flaschenberg, der wie ein Monument aus dem feuchten Waldboden emporragte. Der Retro freute sich besonders und machte es sich zur Gewohnheit täglich in den Nachmittagsstunden, wenn das Licht schwächer wurde, um den schimmernden Berg zu tanzen. Dabei sang er laut das Atzenlied. Eines Tages lud der Retro alle Dosen und Flaschen auf einen Leiterwagen, den er sich heimlich gebaut hatte und zog den voll beladenen Wagen ins Nachbardorf. Alle Knautschi-Bautschis wunderten sich sehr. Man hörte lange nichts von ihm. Es hieß, er habe Geld für den Abfall bekommen und sei auf Kreuzfahrt mit der Queen Mary 2 Richtung New York oder Konstantinopel.