Читать книгу Ein seltsames Volk - Die Knautschi-Bautschis - Jürgen Thal - Страница 8

An warmen Tagen versammelten sie sich auf Lichtungen im Wald. Dort gab es dann Wettstreiten, wer die schönste Haartracht habe. Der Sieger mit dem schönsten Haarbewuchs wurde Haarmeister genannt und hatte manche Vergünstigungen das Jahr über. Er hatte zum Beispiel das Recht, von jedem dem er begegnete, getragen zu werden. So ließ sich mancher Haarmeister ständig hin- und hertragen und achtete gar nicht darauf, dass er die anderen ermüdete.

Schon bald waren manche von ihnen so müde vom hin- und hertragen der Haarmeister, dass sie murrten und murrten und unwillige Worte murmelten. Auch die Verrenkungen, die sie sowieso schon ausführten, wurden immer schlimmer. Einige dieser Verrenkungen der Knautschi-Bautschis waren schon fast als Kunst zu bezeichnen.

Doch wurde das Murren immer lauter und im nahe gelegenen Dorf wunderten sich die Dörfler über das Geräusch, welches beständig an Lautstärke zunahm. Man wollte schon den Bürgermeister aussenden, um die Ursache des Lärms zu erkunden.

Der Murmellärm war nun zu einer reinen Plage für das kleine Volk geworden und daher traf man sich eines Tages am Fuße einer mächtigen Platane und eines abgestorbenen Kryptomerienstumpfes und beratschlagte, was zu tun wäre, um die Ruhe wiederherzustellen. Der derzeitige Haarmeister, der eben noch herumgetragen wurde, ließ sich absetzen und gesellte sich zu den Versammelten.

„Nun,“ rief einer aus der Menge, indem er zu mächtigen Verrenkungen gelangte: „wir haben uns hier getroffen, um der Plage des Herumtragens zu entrinnen.“ Fast alle nickten und verrenkten sich bestätigend, wobei manche auch ihre Haargebilde aufgeregt nach hinten schleuderten, was die dahinter Stehenden zu weiteren Verrenkungen anregte, sodass es wie eine Welle durch die Versammelten lief. Auch rief ein Weiterer selbige Zustimmung, man müsse doch mit dem ewigen Herumtragen der Haarmeister in Bälde aufhören, so nicht völlige Erschöpfung das Volk der Knautschi-Bautschis befallen solle.

Jetzt verrenkten sich alle in bejahender Weise. Auch ließ ein Haarmeister verlauten, wenn auch leise, dass er es ebenfalls über sei, an Waldorte getragen zu werden, zu denen er eigentlich gar nicht hinwollte.

So schaffte man diese Sitte des Herumtragens schleunigst ab und auch das starke Murmelgeräusch ebbte wieder ab.